Unter
Kaiser Claudius (41‑54 n. Chr.) wird Teurnia zum municipium, also zur Stadt nach römischer Rechtsauffassung, und bildete
den Mittelpunkt eines Verwaltungsbezirkes, der etwa das heutige Oberkärnten
mit dem Lungau und einen Abschnitt des Kanaltales umfaßte. In der Folge
wurde die Stadt ausgebaut und es wurden Wohnterrassen und öffentliche
Gebäude angelegt. Als die beginnende Völkerwanderung unsichere Zeiten
schuf, wurden die Wohnterrassen am Bergfuß aufgelassen und die Kuppe des
Holzer Berges mit einer Befestigungsmauer umgeben. Bereits im 5. Jh..
wird Teurnia "metropolis Norici", Hauptstadt
Noricums, genannt. Für das 5. und 6. Jh.. n. Chr. ist die Stadt auch als
frühchristlicher Bischofssitz bezeugt. Um 600 n. Chr. bereiten die einwandernden
Slawen dem städtischen Leben ein Ende. Das
Museum beherbergt Funde aus Teurnia
und einige Marmordenkmäler aus der näheren Umgebung. Unter
den Marmorfunden nehmen die Inschriften und Reliefs von Grabmonumenten
einen breiten Raum ein. Sie spiegeln weit mehr die soziale Stellung des
Grabinhabers als etwa die Jenseitsvorstellungen der Bevölkerung wider.
Weitere Denkmäler zeugen von den in Teurnia verehrten Gottheiten, wie
z. B. vom keltischen Heilgott Grannus,
vom thrakischen Reiterheros, von Asklepios und Hygieia. Neben den
keltischen und römischen Gottheiten sind auch die orientalischen Religionen,
Kult des Mithras und der Kybele, nachgewiesen. Die
Kleinfunde geben u. a. auch Einblick in das wirtschaftliche und kulturelle
Leben der antiken Stadt Schmuck und Trachtenzubehör aus den spätantiken
Gräbern geben Kenntnis von der Bestattungssitte und weisen die Bestatteten
als Träger römischer Kultur aus. Eine
Dokumentation mit Fotos und Plänen gibt einen Überblick über die bisherigen
Grabungen in Teurnia. Frühchristliche
Friedhofskirche in Teurnia (neben dem Museum) Die
Ruinen der frühchristlichen Friedhofskirche westlich des Holzer Berges
wurden 1908 beim Bau einer Wasserleitung, zufällig entdeckt und in den
folgenden Jahren ausgegraben (Abb. 85). Die Kirche besitzt einen rechteckigen
Saal von 22,17 x 9,25 in lichter Weite, zwei seitliche Kapellen mit Apsis
(halbrunder Chorschluß), einen Narthex (Vorraum) und zwei schmale Seitenschiffe. Am
Ostende des Hauptschiffes steht eine halbrunde Klerusbank, auf der während
der Meßfeier Priester, Diakone, Subdiakone usw. Platz nahmen. Vor der
Priesterbank lag das erhöhte Presbyterium (Altarbereich) mit einem Altartisch
aus Marmor; es wurde gegen den Raum hin von Marmorschranken begrenzt.
Seitlich des Presbyteriums öffnete sich der Raum in die Vorräume der Seitenkapellen.
Der Boden des Hauptschiffes war usprünglich mit Mörtelestrich versehen. Am
Ostende war eine kleine Sakristei angebaut, die wie die seitlichen Kapellen
aus dem Abschnitt hinter der Klerusbank zugänglich war. Der
Narthex (Vorraum) besaß die beachtliche Größe von 15,20 x 5,15 in und
hatte entsprechend der Grundfläche auch die nötige Raumhöhe. Dieser Vorraum
diente als Aufenthaltsort für die Ungetauften während der Eucharistiefeier.
In der Flucht der Langhausfundamente des Kirchenschiffes standen je zwei
2,60 m hohe Säulen. Sie dienten zusammen mit den Mauern als Widerlager
für drei Bögen (Abb. 86), wodurch der Narthex eine seinen Ausmaßen entsprechende
Raumhöhe bekam (Abb. 87). Die
südliche Seitenkapelle ‑ jetzt durch einen Schutzbau überdacht ‑
brachte umso überraschendere Funde, da hier die Mauern sogar mit Wandmalereiresten
bis zu einem Meter hoch erhalten waren. Die Marmorschranke und der Altar
konnten in der Apsis wieder aufgestellt und der aufgerissene Bodenbelag
aus Kalksteinplatten wieder verlegt werden. In der Apsis wurde noch der
Marmorschrein des Reliquiengrabes gefunden, dessen Deckel bereits zerschlagen
und dessen Inhalt geplündert war. Der Marmorbehälter für die Reliquien
ist aus einem römischen Grabstein gefertigt, der zu diesem Zweck in frühchristlicher
Zeit ausgehöhlt wurde. Der
Besucher erreicht vom Museum aus sowohl über den Waldweg (Abb. 83, 84)
als auch über die Asphaltstraße den Holzer Berg. Etwa am Schnittpunkt
von Weg und Straße liegt der einzige natürliche Zugang von Westen her.
An dieser Engstelle lag wohl auch das Westtor der spätantiken Befestigungsmauer
(5./6.Jh. n. Chr.), die hier noch in einer mehr als zwei Meter hohen Erderhebung
zu erahnen ist. Ein Großteil der Wehrmauer an der südlichen Hangkante,
am Steilabfall zur Drau, ist im Laufe der Jahrhunderte abgestürzt. An
der Westund Nordseite ist der Verlauf der Befestigungsmauer gut zu erkennen
und war streckenweise von R. Egger freigelegt worden (Abb. 83). Sie war
zusätzlich durch Türme und an der Nordwestecke durch eine vorgebaute Bastion
gesichert. Die
Entstehung der Stadtmauer setzt R. Egger in die Zeit um 400 n. Chr., doch
könnte sie nach den Ergebnissen der letzten Untersuchungen auch etwa ein
Jahrhundert früher entstanden sein. Von
den spätantiken Gebäuden am Nordrand des Holzer Berges sind durch Grabungen
in den Jahren 1911 bis 1914 einige in ihrem Grundriß erfasst worden (Abb.
83). In den meisten Fällen sind heute nur noch Spuren im Gelände zu erkennen. In
der bisherigen Forschung wurde die aufgrund der literarischen Quellen
anzunehmende frühchristliche Bischofskirche in Teurnia unter der heutigen
Kirche von St. Peter in Holz lokalisiert. Historische Überlegungen und
Beobachtungen im Gelände führten zur Entdeckung der Bischofskirche am
westlichen Ausläufer des Holzer Berges (Abb. 83, 84). Die
Ausgrabungen zeigten, daß eine ältere und eine jüngere Kirche am Ort vorhanden
sind. Die
ältere, einschiffige Kirche hat eine Länge von 23,38 m und eine Breite
von 8,25 m Lichten (Abb. 89). Die Ostseite der Kirche wurde durch eine
Apsis abgeschlossen, die in den Fluchten der Langhausmauern einbindet.
Im östlichen Drittel, in der Querachse des Altars, öffneten sich an der
Nord‑ und Südseite je ein Raum mit einer Tür in der Westwand (Abb.
89). Die Seitenräume dienten wahrscheinlich zur Abhaltung für Gedächtnismähler
zu Ehren des Heiligen, dessen Reliquien unter dem Altar geborgen waren.
An der Südseite der Apsis blieben unter der späteren Überbauung die Fundamente
einer Sakristei erhalten. An der Westseite ist dem Kirchenschiff ein Narthex,
ein Vorraum für die Ungetauften, vorgelagert. Von
der Innenausstattung der Kirche blieb das Fundament der Priesterbank erhalten,
die mit einem Abstand nicht parallel zur Apsismauer verläuft. Vor der
Priesterbank stand ursprünglich der Altar, von dem sich etwa die Hälfte
der Basisplatte mit Ausnehmungen für die Altartischfüße am Ort erhalten
hat. Unter der Basisplatte befindet sich das ausgemauerte Reliquiengrab,
das bereits mit Schutt gefüllt angetroffen wurde. Das
erhöhte Presbyterium war ursprünglich von einer Marmorschwelle, auf welcher
zwischen Säulen und halbhohen Schrankenpfeilern die Altarschrankenplatten
angebracht waren, begrenzt. Der
erste Sakralbau stammt den Funden zufolge aus der Zeit um 400 n. Chr.
und ging zu einem vorerst nicht näher fixierbaren Zeitpunkt im 6. Jh.
n. Chr. durch Brand zugrunde. Die
Brandzerstörung nahm man im 6. Jh. n. Chr. zum Anlaß, die Kirche zu vergrößern,
und zwar um die Hälfte der älteren Anlage. Sie bekommt nun eine Länge
von 26,85 m und ein Breite von 13,10 m (Abb. 90). Anstatt
der abgetragenen Apsis des ersten Sakralbaus entstand nun ein Ostabschluß
in Form von drei Konchen (Apsiden), von denen die südliche die ältere
Sakristei überbaute und die mittlere die Priesterbank mit Kathedra (Bischofsthron)
aufnahm. Die Priesterbank mit vorgelegter Stufe ist wie bei der ersten
Kirche aus Lehm und Steinen aufgemauert, besitzt aber heute noch einen
vorzüglich erhaltenen Verputz aus weißem Kalkmörtel. Die Apsis war überdies
mit Wandmalerei und bunten Glasfenstern ausgestattet. Der Platz des Altares
blieb auch in der zweiten Bauperiode gleich. An
der Nord‑ und Südseite wurden im Zuge der Vergrößerung "Seitenschiffe"
angebaut, die jedoch nicht mit dem Hauptschiff etwa durch Arkaden in Verbindung
standen. In
der jüngeren Bischofskirche wurden die alten Böden im Laienraum weiterverwendet.
Sie wurde bei der Einwanderung der Slawen um 600 n. Chr. zerstört, wovon
noch Brandspuren zeugen. Ungewöhnlich
und ebenso einzigartig im Alpenraum ist die Grundrißlösung mit drei Konchen
(Apsiden) im 6. Jh. n. Chr. Werfen wir einen Blick auf die Herkunft dieses
Baukonzeptes: erstmals wurde ein derartiger Bauplan für eine Kirche in
Hermopolis in Ägypten um 430 bis 440 n. Chr. benutzt. Im Laufe des 6.
Jahrhunderts wird der Bautypus überhaupt charakteristisch für Ägypten,
breitet sich in Nordafrika aus und erreicht im gleichen Jahrhundert auch
Dalmatien. Demnach werden wohl für die architektonische Gestaltung der
jüngeren Bischofskirche in Teurnia
östliche Einflüsse maßgeblich gewesen sein. Als
weiteres wichtiges historisches Ergebnis ist festzuhalten, daß über der
Bischofskirche In
der Vorhalle der Pfarrkirche ist die Hälfte einer frühchristlichen Altarschrankenplatte
angemauert, die einst wohl in der Bischofskirche gestanden hat, aber später
im Mauerwerk unter der heutigen Pfarrkirche Verwendung fand. Am
Pfarrhof gegenüber sind eine Grabinschrift, ein Relief mit einem traubenfressenden
Hasen und ein solches mit einem Pferdchen eingelassen. Zwischen
Pfarrhof und Stallgebäude führt auch der Weg zum Freilichtmuseum (Abb.
83). Es handelt sich um ein großes Wohngebäude (HA auf Abb. 91) mit ca.
340 Quadratmetern Grundfläche in seiner letzten Bauperiode. Es kann noch
in der ersten Hälfte des 4. Jh.s n. Chr. entstanden sein. Unter und neben
dem Gebäude konnten Fundamente festgestellt werden, die bis ins 1. Jh..
n. Chr. zurückreichen. Für
den Raum HA 2 in der NW‑Ecke des Gebäudes wurden ältere Mauern mitbenützt
und an der Westseite erweitert (Abb. 91). Die Tür, die ursprünglich in
einen kleinen Windfang an der Ostseite in den Raum führte, wurde vermutlich
im Zuge der Umgestaltung zugemauert. Der Raum war nach der deutlichen
Aschenschicht über dem Lehm anscheinend mit einem Holzboden ausgestattet.
An der Südseite schloß man einen kleinen Saal mit apsidalem Westabschluß
an, wobei ältere Mauern teilweise abgetragen wurden. Der Bereich war bis
zum gewachsenen Boden durch frühere Grabungen gestört. Immerhin ließ sich
nach geringen erhaltenen Mörtelestrichresten
das Bodenniveau bestimmen, eine kleine Wanne und die Reste einer Bodenheizung
(Kanalheizung) feststellen. Die Bestimmung dieses Gebäudeabschnittes ist
schwierig. Nach der Grundrißgestaltung, der vielleicht mit Holz ausgeschlagenen
Wanne und der Bodenheizung ist möglicherweise an ein kleines Bad innerhalb
der Villa zu denken. Der
Anbau HA 5 an der Südseite hat ein tieferes Bodenniveau aus Lehm und im
Westen einen Vorraum bzw. einen Windfang vorgelagert. An der Verbindungstür
waren die verkohlten Holzreste der Schwelle nachzuweisen. Der
Raum HA 4 (Abb. 91) ist nach seiner Bodenheizung als Wohnraum zu bestimmen.
Hatte man in der wirtschaftlich guten Epoche der römischen Kaiserzeit
den gesamten Boden mit Pfeilern unterbaut, so daß die heiße Luft durchstreichen
konnte, so kommt hier eine billigere Ausführung zur Anwendung. An der
Westwand liegt außerhalb des Raumes eine Feuerungsstelle (praefurnium),
eingesenkt in den gewachsenen Lehm. Von hier aus führen zwei Heizkanäle
zur gegenüberliegenden Wand, wobei sich der nördliche noch einmal gegen
die Mitte hin verzweigt. An allen drei Kanalenden waren Rauchabzüge in
die aufgehende Mauer eingelassen. Der gute Erhaltungszustand der Ostmauer
zeigte, daß die Kamine nur 40 cm hohe, überwölbte Aussparungen an der
Mauerinnenseite waren, die man durch Schieferplatten geschlossen hatte.
Im Scheitel der kleinen Gewölbe diente ein faustgroßes Loch in der Maueraußenseite
als eigentlicher Rauchabzug. Die Heizkanäle waren mit Schieferplatten
abgedeckt, die wie der gesamte Boden von einem Mörtelestrich überzogen
waren. In
der Mitte des Gebäudes lag anscheinend ein kleiner, zumindest teilweise
offener Hof, in dem sich die Feuerungsstellen für die Räume HA 1 und HA
4 befanden' Welchem
Zweck der Abschnitt HA 3 diente, kann nach den Funden nicht gesagt wertden.
Er stand mit dem Innenhof durch eine breite Türöffnung in Verbindung
und besaß an der Westseite einen Boden aus Kieselsteinen, im östlichen
Drittel einen solchen mit Lehmschlag. in diesem Bereich wurden Fenstersäulchen
aus Marmor und zwei spätantike Amphoren gefunden. Das
Bauwerk hat verschiedene Gehniveaus, welche durch die zum Teil erhaltenen
Stufen aus großen Schiefersteinen ausgeglichen wurden. Auch dem Ein an
der Südseite waren solche Stufen vorgelagert. Wir konnten auch beobachten,
daß im Mauersockel die Bruchsteine mit Kalkmörtel gebunden waren, während
für die darüberliegenden Scharen Lehm als Bindemittel benützt wurde. Südlich
der Villa fällt das unbebaute Gelände steil gegen das Forum hin ab. Das
Gebäude HA hatte einen dominierenden Platz an der Hangkante und bot dem
Bewohner einen ausgezeichneten Blick auf An
der Nordwestecke des Gebäudes HA und nördlich davon sind die Fundamente
eines älteren, großen Hauses zu erkennen, von dem gegen die Grabungsgrenze
hin teilweise ein Saal mit Fußbodenheizung festgestellt und über den in
der Spätantike wieder ein Haus aus Trockenmauern errichtet wurde. Der
genannte Saal gehörte offenbar zum Wohnbereich des Hauses und war durch
eine Mauer mit den kleineren Räumen (Abb. 9 1) verbunden, die vielleicht
Wirtschaftszwecken dienten. Im verbleibenden Hof zwischen den beiden Gebäudeteilen
befindet sich ein Brunnen, der vorerst bis in eine Tiefe von 6 m ausgehoben
werden konnte. Er war sicherlich bis in die Spätantike in Benützung. Östlich
der Kirche gelangt man zu den tieferliegenden Terrassen mit dem Mesnerhaus
und dem Haus St. Peter in Holz 9, bei dem vor wenigen Jahren ein wichtiger
und überraschender Inschriftfund gemacht wurde (Abb. 83, 84). Es
handelt sich um die Bauinschrift (jetzt im Museum) für den Tempel des
keltischen Heilgottes Grannus, der von den Römern mit Apollo gleichgesetzt
wurde. Die zusammenpassenden Bruchstücke machen es wahrscheinlich, daß
der Standort des Heiligtums nahe dem Fundort gelegen ist. Der beidseitig
beschriftete Marmorquader stammt anscheinend von der Umfassungsmauer des
heiligen Bezirkes und war so angebracht, daß die Inschrift sowohl von
der Straße her als auch vom Tempelhof aus zu lesen war (Abb. 92). Das
Heiligtum wird als navalis (aedis), also als Schiffstempel, bezeichnet.
Vermutlich wurde hier ein keltischer Begriff ins Lateinische übertragen.
Die Bezeichnung kommt wohl daher, daß im Tempel ein Kultbild des Grannus
in Form eines Schiffsidols aufgestellt war. Entscheidend für ein Heiligtum
eines Heilgottes war stets die Versorgung mit Wasser. Die entsprechende
Quelle fließt etwas höher nördlich des Mesnerhauses unmittelbar neben
der jetzigen Asphaltstraße und wird heute in einem Kanal gegen Süden abgeleitet. Ein
Marmorrelief (jetzt im Museum), das einen anderen Heilgott, nämlich den
sogenannten thrakischen Reiterheros, darstellt, wurde auf Parzelle 1062/2
(Abb. 83) gefunden. Es war ursprünglich an einem Laufbrunnen verwendet,
da das Maul des Pferdes für den Wasserausfluß durchbohrt ist. Ursprünglich
mündete eine Wasserleitung in die Öffnung in der Rückseite der Platte,
und das Wasser ergoß sich durch das Pferdemaul in ein Becken. Das Relief
hätte sich gut geeignet als Schmuck eines Brunnens im Heiligtum. Im
2. Jh. n. Chr. ist oft zu beobachten, daß die Heiligtümer von Heilgöttern
gleichsam zu Kurorten mit Bädern ausgestaltet wurden. Der keltische Heilgott
Grannus stand in hohem Ansehen und lockte Pilger aus entfernten Gegenden
an. Man kann nur vermuten, daß die Bewohner der Stadt Teurnia von "ihrem"
Heilgott auch in wirtschaftlicher Hinsicht profitierten. Getrennt
durch eine Senke, folgt östlich der sogenannten Tempelterrasse das tiefer
gelegene Plateau des Forums, des römischen Marktplatzes (Abb. 83, 84),
und ist über den Zugang zum Haus Irrenfried zu erreichen (Abb. 83, Parz.‑Nr.
1068). Das Grabungsgelände war in den Jahren 1911‑1914 wieder zugeschüttet
worden, so daß der Besucher auch hier keine Ruinen erwarten darf. Im wesentlichen
wurde der Marktplatz an der Ostund Westseite von Hallen begleitet und
im Süden durch eine Marktbasilika architektonisch gestaltet. Südlich anschließend
gibt es eine Thermenanlage, deren Räume weitgehend mit Hypokausten (Fußbodenheizungen)
ausgestattet sind (Abb. 84). Markant für die Grundrißgestaltung sind zwei
Räume mit apsidalem Abschluß, die durch einen mittleren rechteckigen Saal
verbunden sind. Diente das Forum mit seinen verschiedenen Räumlichkeiten
den Amtsgeschäften und dem Handel, so bot die Badeanlage Erholung und
Entspannung. Der Besucher ~konnte der Reihe nach ein kaltes Bad im frigidarium,
ein lauwarmes im tepidarium
und ein heißes Bad im caldarium
nehmen. Die Thermen (Bäder) sind ein typischer ‑ Ausdruck römischer
Kultur und vermitteln in Bild städtischer Lebensgewohnheiten. Eine Fläche von ca. 5500 Quadratmetern wurde am östlichen
Bergfuß in den Grabungskampagnen 1971‑1978 untersucht, allerdings
ist der jährlich ergrabene Abschnitt wieder zugeschüttet worden (Abb.
83, 84). Auf der unteren Wohnterrasse kamen anscheinend Wohneinheiten
von zwei bis vier Räumen zutage, wovon einer jeweils durch einen Nischenofen
oder durch eine Fußbodenheizung erwärmt wurde. Als Trennung der einzelnen
Räume innerhalb eines Hauses wurden u. a. auch Rutenputzwände (jetzt im
Museum) verwendet. Gelegentlich ist auch die Ausstattung mit Wandmalerei
zu beobachten, wobei ein Freskensockel von einer Wand abgenommen werden
konnte (jetzt im Museum). Die
obere Wohnterrasse lag 5 m höher als die untere und war durch eine mächtige
Terrassenmauer und eine Straße getrennt. Ein Kanalsystem sorgte für die
Abwässer der Wohnbauten. Im Bereich der oberen Terrasse wurden zwei Votivaltäre
gefunden, einer davon war dem Gott Merkur gewidmet (jetzt im Museum).
Zu den Häusern gehörten auch von Mauern umgebene Gärten, ein typisches
Merkmal römischen Wohnbaus. Die
bisherigen Beobachtungen haben ergeben, daß die Wohnterrassen unter Kaiser
Nero, wenn nicht schon unter Kaiser Claudius begonnen wurden. Dieser offensichtlich
planmäßige Ausbau der Siedlung könnte mit der Erhebung von Teurnia zum municipium unter Kaiser Claudius (41‑54 n. Chr.) in Zusammenhang
stehen. Im 2. Jh. n. Chr. läßt sich in dieser wirtschaftlich günstigen
Zeit eine rege Umbautätigkeit im Bereich der Wohnterrassen beobachten,
u. a. werden Fußbodenheizungen eingebaut. Die Wohnterrassen wurden anscheinend
gegen Ende des 3. Jh.s aufgelassen. Sicher ist festzustellen, daß die
oben genannte Terrassenmauer um ca. 2 m abgetragen worden war, bevor auf
ihr spätantike Gräber angelegt wurden. Die Bestattungstätigkeit im Ruinengebiet
der Wohnterrassen beginnt zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im
5. Jh. und setzt sich während des 6. Jh.s fort. Vermutlich verwendete
man u. a. das abgebrochene Steinmaterial der Terrassenmauer für die bereits
oben geschilderte spätantike Befestigungsmauer. Da
man im 5. und 6. Jh. n. Chr. nur die Hügelkuppe des Holzer Berges bewohnte,
benützte man das landwirtschaftlich nicht nutzbare Ruinengebiet der aufgelassenen
Wohnterrassen als Friedhof. Daher
fand man bei der Freilegung der Gebäude gleichzeitig 123 Bestattungen
der oben erwähnten Epoche. Charakteristisch für die romanische ‑bereits
christianisierte ‑ Bevölkerung ist, daß die Männergräber mit einer
Ausnahme durchwegs beigabenlos sind und nicht einmal der Hälfte der bestatteten
Frauen und Mädchen ihr Trachtzubehör bzw. persönlicher Schmuck mit ins
Grab gegeben worden war. Die Funde an Armreifen, Gewandnadeln, Fibeln,
Ohr‑ und Fingerschmuck sind im Museum Teurnia ausgestellt (Taf.
48). Die Frauen trugen nach den Funden einzelner Fibeln bzw. Gewandnadeln
ihren Mantel auf einer Schulter geheftet, wie dies auch aus zeitgenössischen
Darstellungen bekannt ist. Diese Art der Frauentracht sowie des Trachtzubehörs
weist sie als Angehörige der romanischen Bevölkerung aus, für die auch
die Mehrfachbestattung als typisch angesehen wird. Über
der Tür des Gasthofes Gritschacher an der Bundesstraße 101 ist eine Marmorplatte
eingelassen, die im Relief zwei Arkaden zeigt. Sie mag ursprünglich die
Schmalseite eines Sarkophages gebildet haben. Über
der Eingangstür des Bauernhofes Watzinger, Freßnitz 2, ist ein Marmorrelief
eingemauert, das von einem römischen Grabbau stammt. Bei dem dargestellten
Mann könnte es sich je nach Deutung der Gegenstände in seiner Rechten
und in der "Gürtung" um einen Handwerker oder einen Beamten
handeln. An
der Nordseite des Hofes Ertl, St. Peter in Holz 8, ist in der Zone des
Gurtgesimses das Bruchstück eines korinthischen Kapitells eingemauert,
welches einem Exemplar aus der frühchristlichen Friedhofskirche von Teurnia entspricht. Lit.: R. Egger, Frühchristliche Kirchenbauten im südlichen
Norikum. Sdschr. 0‑AI 9 (1916), S. 1 ff ; G. Piccottini, Das spätantike
Gräberfeld von Teurnia ‑ St. Peter in Holz. AvGT 66 (1976); F. Glaser, Die römische Stadt Teurnia (1983); ders., Die frühchristliche Bischofskirche
in Teurnia, Carinthia I 176 (1986), s. 109 ff.; ders., Carinthia 1177 (1987), S. 63 ff; ders., Teurnia‑Metropolis
Norici. Ein frühchristlicher Bischofssitz (1987). R. Pillinger, Zur Interpretation der Symbolik des Bodenmosaiks
von Teurnia. Symposium zur Geschichte von Millstatt und Kärnten (1988),
S. 1 ff. |