Teurnia
St. Peter in Holz Gem. Lendorf, BH Spittal/Drau

Römische Stadt Teurnia
Museum
Frühchristliche Friedhofskirche in Teurnia (neben dem Museum)
Befestigungsmauer
Frühchristliche Bischofskirche.
Freilichtmuseum
Tempel des Gottes Grannus
Forum und Thermen
WohnterrassenLiteratur

Römische Stadt Teurnia

Im Ortsgebiet von St. Peter in Holz, vier Kilometer westlich von Spittal/Drau, lag in der Antike die römische Stadt Teurnia. Der Holzer Berg war aber schon lange vor den im 3. Jh. v. Chr. einwandernden Kelten besiedelt, wie Funde aus dem 11., 8. und 5. Jh.. v. Chr. zeigen. Auch den Kelten bot der allseitig abfallende Berg mit einer Wasserquelle einen leicht zu befestigenden Siedlungsplatz, der vorerst nur durch Scherben der Spät-La-Tene-Zeit belegt wird.

Unter Kaiser Claudius (41‑54 n. Chr.) wird Teurnia zum municipium, also zur Stadt nach römischer Rechtsauffassung, und bildete den Mittelpunkt eines Verwaltungsbezirkes, der etwa das heutige Oberkärnten mit dem Lungau und einen Abschnitt des Kanaltales umfaßte. In der Folge wurde die Stadt ausgebaut und es wurden Wohnterrassen und öffentliche Gebäude angelegt. Als die beginnende Völkerwanderung unsichere Zeiten schuf, wurden die Wohnterrassen am Bergfuß aufgelassen und die Kuppe des Holzer Berges mit einer Befestigungsmauer umgeben. Bereits im 5. Jh.. wird Teurnia "metropolis Norici", Hauptstadt Noricums, genannt. Für das 5. und 6. Jh.. n. Chr. ist die Stadt auch als frühchristlicher Bischofssitz bezeugt. Um 600 n. Chr. bereiten die einwandernden Slawen dem städtischen Leben ein Ende.

Museum

Das Museum  beherbergt Funde aus Teurnia und einige Marmordenkmäler aus der näheren Umgebung.

Unter den Marmorfunden nehmen die Inschriften und Reliefs von Grabmonumenten einen breiten Raum ein. Sie spiegeln weit mehr die soziale Stellung des Grabinhabers als etwa die Jenseitsvorstellungen der Bevölkerung wider. Weitere Denkmäler zeugen von den in Teurnia verehrten Gottheiten, wie z. B. vom keltischen Heilgott Grannus, vom thrakischen Reiterheros, von Asklepios und Hygieia. Neben den keltischen und römischen Gottheiten sind auch die orientalischen Religionen, Kult des Mithras und der Kybele, nachgewiesen. Die Kleinfunde geben u. a. auch Einblick in das wirtschaftliche und kulturelle Leben der antiken Stadt Schmuck und Trachtenzubehör aus den spätantiken Gräbern geben Kenntnis von der Bestattungssitte und weisen die Bestatteten als Träger römischer Kultur aus.

Eine Dokumentation mit Fotos und Plänen gibt einen Überblick über die bisherigen Grabungen in Teurnia.

Frühchristliche Friedhofskirche in Teurnia (neben dem Museum)

Die Ruinen der frühchristlichen Friedhofskirche westlich des Holzer Berges wurden 1908 beim Bau einer Wasserleitung, zufällig entdeckt und in den folgenden Jahren ausgegraben (Abb. 85). Die Kirche besitzt einen rechteckigen Saal von 22,17 x 9,25 in lichter Weite, zwei seitliche Kapellen mit Apsis (halbrunder Chorschluß), einen Narthex (Vorraum) und zwei schmale Seitenschiffe.

Am Ostende des Hauptschiffes steht eine halbrunde Klerusbank, auf der während der Meßfeier Priester, Diakone, Subdiakone usw. Platz nahmen. Vor der Priesterbank lag das erhöhte Presbyterium (Altarbereich) mit einem Altartisch aus Marmor; es wurde gegen den Raum hin von Marmorschranken begrenzt. Seitlich des Presbyteriums öffnete sich der Raum in die Vorräume der Seitenkapellen. Der Boden des Hauptschiffes war usprünglich mit Mörtelestrich versehen.

Am Ostende war eine kleine Sakristei angebaut, die wie die seitlichen Kapellen aus dem Abschnitt hinter der Klerusbank zugänglich war.

Der Narthex (Vorraum) besaß die beachtliche Größe von 15,20 x 5,15 in und hatte entsprechend der Grundfläche auch die nötige Raumhöhe. Dieser Vorraum diente als Aufenthaltsort für die Ungetauften während der Eucharistiefeier. In der Flucht der Langhausfundamente des Kirchenschiffes standen je zwei 2,60 m hohe Säulen. Sie dienten zusammen mit den Mauern als Widerlager für drei Bögen (Abb. 86), wodurch der Narthex eine seinen Ausmaßen entsprechende Raumhöhe bekam (Abb. 87).

Die südliche Seitenkapelle ‑ jetzt durch einen Schutzbau überdacht ‑ brachte umso überraschendere Funde, da hier die Mauern sogar mit Wandmalereiresten bis zu einem Meter hoch erhalten waren. Die Marmorschranke und der Altar konnten in der Apsis wieder aufgestellt und der aufgerissene Bodenbelag aus Kalksteinplatten wieder verlegt werden. In der Apsis wurde noch der Marmorschrein des Reliquiengrabes gefunden, dessen Deckel bereits zerschlagen und dessen Inhalt geplündert war. Der Marmorbehälter für die Reliquien ist aus einem römischen Grabstein gefertigt, der zu diesem Zweck in frühchristlicher Zeit ausgehöhlt wurde.

Befestigungsmauer

Der Besucher erreicht vom Museum aus sowohl über den Waldweg (Abb. 83, 84) als auch über die Asphaltstraße den Holzer Berg. Etwa am Schnittpunkt von Weg und Straße liegt der einzige natürliche Zugang von Westen her. An dieser Engstelle lag wohl auch das Westtor der spätantiken Befestigungsmauer (5./6.Jh. n. Chr.), die hier noch in einer mehr als zwei Meter hohen Erderhebung zu erahnen ist. Ein Großteil der Wehrmauer an der südlichen Hangkante, am Steilabfall zur Drau, ist im Laufe der Jahrhunderte abgestürzt. An der Westund Nordseite ist der Verlauf der Befestigungsmauer gut zu erkennen und war streckenweise von R. Egger freigelegt worden (Abb. 83). Sie war zusätzlich durch Türme und an der Nordwestecke durch eine vorgebaute Bastion gesichert.

Die Entstehung der Stadtmauer setzt R. Egger in die Zeit um 400 n. Chr., doch könnte sie nach den Ergebnissen der letzten Untersuchungen auch etwa ein Jahrhundert früher entstanden sein.

Von den spätantiken Gebäuden am Nordrand des Holzer Berges sind durch Grabungen in den Jahren 1911 bis 1914 einige in ihrem Grundriß erfasst worden (Abb. 83). In den meisten Fällen sind heute nur noch Spuren im Gelände zu erkennen.

Frühchristliche Bischofskirche

In der bisherigen Forschung wurde die aufgrund der literarischen Quellen anzunehmende frühchristliche Bischofskirche in Teurnia unter der heutigen Kirche von St. Peter in Holz lokalisiert. Historische Überlegungen und Beobachtungen im Gelände führten zur Entdeckung der Bischofskirche am westlichen Ausläufer des Holzer Berges (Abb. 83, 84).

Die Ausgrabungen zeigten, daß eine ältere und eine jüngere Kirche am Ort vorhanden sind.

Die ältere, einschiffige Kirche hat eine Länge von 23,38 m und eine Breite von 8,25 m Lichten (Abb. 89). Die Ostseite der Kirche wurde durch eine Apsis abgeschlossen, die in den Fluchten der Langhausmauern einbindet. Im östlichen Drittel, in der Querachse des Altars, öffneten sich an der Nord‑ und Südseite je ein Raum mit einer Tür in der Westwand (Abb. 89). Die Seitenräume dienten wahrscheinlich zur Abhaltung für Gedächtnismähler zu Ehren des Heiligen, dessen Reliquien unter dem Altar geborgen waren. An der Südseite der Apsis blieben unter der späteren Überbauung die Fundamente einer Sakristei erhalten. An der Westseite ist dem Kirchenschiff ein Narthex, ein Vorraum für die Ungetauften, vorgelagert.

Von der Innenausstattung der Kirche blieb das Fundament der Priesterbank erhalten, die mit einem Abstand nicht parallel zur Apsismauer verläuft. Vor der Priesterbank stand ursprünglich der Altar, von dem sich etwa die Hälfte der Basisplatte mit Ausnehmungen für die Altartischfüße am Ort erhalten hat. Unter der Basisplatte befindet sich das ausgemauerte Reliquiengrab, das bereits mit Schutt gefüllt angetroffen wurde.

Das erhöhte Presbyterium war ursprünglich von einer Marmorschwelle, auf welcher zwischen Säulen und halbhohen Schrankenpfeilern die Altarschrankenplatten angebracht waren, begrenzt.

Der erste Sakralbau stammt den Funden zufolge aus der Zeit um 400 n. Chr. und ging zu einem vorerst nicht näher fixierbaren Zeitpunkt im 6. Jh. n. Chr. durch Brand zugrunde.

Die Brandzerstörung nahm man im 6. Jh. n. Chr. zum Anlaß, die Kirche zu vergrößern, und zwar um die Hälfte der älteren Anlage. Sie bekommt nun eine Länge von 26,85 m und ein Breite von 13,10 m (Abb. 90).

Anstatt der abgetragenen Apsis des ersten Sakralbaus entstand nun ein Ostabschluß in Form von drei Konchen (Apsiden), von denen die südliche die ältere Sakristei überbaute und die mittlere die Priesterbank mit Kathedra (Bischofsthron) aufnahm. Die Priesterbank mit vorgelegter Stufe ist wie bei der ersten Kirche aus Lehm und Steinen aufgemauert, besitzt aber heute noch einen vorzüglich erhaltenen Verputz aus weißem Kalkmörtel. Die Apsis war überdies mit Wandmalerei und bunten Glasfenstern ausgestattet. Der Platz des Altares blieb auch in der zweiten Bauperiode gleich.

An der Nord‑ und Südseite wurden im Zuge der Vergrößerung "Seitenschiffe" angebaut, die jedoch nicht mit dem Hauptschiff etwa durch Arkaden in Verbindung standen.

In der jüngeren Bischofskirche wurden die alten Böden im Laienraum weiterverwendet. Sie wurde bei der Einwanderung der Slawen um 600 n. Chr. zerstört, wovon noch Brandspuren zeugen.

Ungewöhnlich und ebenso einzigartig im Alpenraum ist die Grundrißlösung mit drei Konchen (Apsiden) im 6. Jh. n. Chr. Werfen wir einen Blick auf die Herkunft dieses Baukonzeptes: erstmals wurde ein derartiger Bauplan für eine Kirche in Hermopolis in Ägypten um 430 bis 440 n. Chr. benutzt. Im Laufe des 6. Jahrhunderts wird der Bautypus überhaupt charakteristisch für Ägypten, breitet sich in Nordafrika aus und erreicht im gleichen Jahrhundert auch Dalmatien. Demnach werden wohl für die architektonische Gestaltung der jüngeren Bischofskirche in Teurnia östliche Einflüsse maßgeblich gewesen sein.

Als weiteres wichtiges historisches Ergebnis ist festzuhalten, daß über der Bischofskirche k e i n e frühmittelalterliche Kirche im 8. Jh.. errichtet wurde, obwohl damals noch mächtige Ruinen gestanden haben müssen. Bisher war nämlich in der Forschung angenommen worden, daß Modestus im Zuge der Slawenmissionierung im 8. Jh.. an der Stelle der frühchristlichen Bischofskirche eine neue Kirche errichtet hätte.

Freilichtmuseum

In der Vorhalle der Pfarrkirche ist die Hälfte einer frühchristlichen Altarschrankenplatte angemauert, die einst wohl in der Bischofskirche gestanden hat, aber später im Mauerwerk unter der heutigen Pfarrkirche Verwendung fand.

Am Pfarrhof gegenüber sind eine Grabinschrift, ein Relief mit einem traubenfressenden Hasen und ein solches mit einem Pferdchen eingelassen.

Zwischen Pfarrhof und Stallgebäude führt auch der Weg zum Freilichtmuseum (Abb. 83). Es handelt sich um ein großes Wohngebäude (HA auf Abb. 91) mit ca. 340 Quadratmetern Grundfläche in seiner letzten Bauperiode. Es kann noch in der ersten Hälfte des 4. Jh.s n. Chr. entstanden sein. Unter und neben dem Gebäude konnten Fundamente festgestellt werden, die bis ins 1. Jh.. n. Chr. zurückreichen.

Für den Raum HA 2 in der NW‑Ecke des Gebäudes wurden ältere Mauern mitbenützt und an der Westseite erweitert (Abb. 91). Die Tür, die ursprünglich in einen kleinen Windfang an der Ostseite in den Raum führte, wurde vermutlich im Zuge der Umgestaltung zugemauert. Der Raum war nach der deutlichen Aschenschicht über dem Lehm anscheinend mit einem Holzboden ausgestattet. An der Südseite schloß man einen kleinen Saal mit apsidalem Westabschluß an, wobei ältere Mauern teilweise abgetragen wurden. Der Bereich war bis zum gewachsenen Boden durch frühere Grabungen gestört. Immerhin ließ sich nach geringen erhaltenen

Mörtelestrichresten das Bodenniveau bestimmen, eine kleine Wanne und die Reste einer Bodenheizung (Kanalheizung) feststellen. Die Bestimmung dieses Gebäudeabschnittes ist schwierig. Nach der Grundrißgestaltung, der vielleicht mit Holz ausgeschlagenen Wanne und der Bodenheizung ist möglicherweise an ein kleines Bad innerhalb der Villa zu denken.

Der Anbau HA 5 an der Südseite hat ein tieferes Bodenniveau aus Lehm und im Westen einen Vorraum bzw. einen Windfang vorgelagert. An der Verbindungstür waren die verkohlten Holzreste der Schwelle nachzuweisen.

Der Raum HA 4 (Abb. 91) ist nach seiner Bodenheizung als Wohnraum zu bestimmen. Hatte man in der wirtschaftlich guten Epoche der römischen Kaiserzeit den gesamten Boden mit Pfeilern unterbaut, so daß die heiße Luft durchstreichen konnte, so kommt hier eine billigere Ausführung zur Anwendung. An der Westwand liegt außerhalb des Raumes eine Feuerungsstelle (praefurnium), eingesenkt in den gewachsenen Lehm. Von hier aus führen zwei Heizkanäle zur gegenüberliegenden Wand, wobei sich der nördliche noch einmal gegen die Mitte hin verzweigt. An allen drei Kanalenden waren Rauchabzüge in die aufgehende Mauer eingelassen. Der gute Erhaltungszustand der Ostmauer zeigte, daß die Kamine nur 40 cm hohe, überwölbte Aussparungen an der Mauerinnenseite waren, die man durch Schieferplatten geschlossen hatte. Im Scheitel der kleinen Gewölbe diente ein faustgroßes Loch in der Maueraußenseite als eigentlicher Rauchabzug. Die Heizkanäle waren mit Schieferplatten abgedeckt, die wie der gesamte Boden von einem Mörtelestrich überzogen waren.

In der Mitte des Gebäudes lag anscheinend ein kleiner, zumindest teilweise offener Hof, in dem sich die Feuerungsstellen für die Räume HA 1 und HA 4 befanden'

Welchem Zweck der Abschnitt HA 3 diente, kann nach den Funden nicht gesagt wertden.  Er stand mit dem Innenhof durch eine breite Türöffnung in Verbindung und besaß an der Westseite einen Boden aus Kieselsteinen, im östlichen Drittel einen solchen mit Lehmschlag. in diesem Bereich wurden Fenstersäulchen aus Marmor und zwei spätantike Amphoren gefunden.

Das Bauwerk hat verschiedene Gehniveaus, welche durch die zum Teil erhaltenen Stufen aus großen Schiefersteinen ausgeglichen wurden. Auch dem Ein an der Südseite waren solche Stufen vorgelagert. Wir konnten auch beobachten, daß im Mauersockel die Bruchsteine mit Kalkmörtel gebunden waren, während für die darüberliegenden Scharen Lehm als Bindemittel benützt wurde.

Südlich der Villa fällt das unbebaute Gelände steil gegen das Forum hin ab. Das Gebäude HA hatte einen dominierenden Platz an der Hangkante und bot dem Bewohner einen ausgezeichneten Blick auf die tieferliegenden südlichen Terrassen und gleichzeitig eine Aussicht auf die Landschaft.

An der Nordwestecke des Gebäudes HA und nördlich davon sind die Fundamente eines älteren, großen Hauses zu erkennen, von dem gegen die Grabungsgrenze hin teilweise ein Saal mit Fußbodenheizung festgestellt und über den in der Spätantike wieder ein Haus aus Trockenmauern errichtet wurde. Der genannte Saal gehörte offenbar zum Wohnbereich des Hauses und war durch eine Mauer mit den kleineren Räumen (Abb. 9 1) verbunden, die vielleicht Wirtschaftszwecken dienten. Im verbleibenden Hof zwischen den beiden Gebäudeteilen befindet sich ein Brunnen, der vorerst bis in eine Tiefe von 6 m ausgehoben werden konnte. Er war sicherlich bis in die Spätantike in Benützung.

Tempel des Gottes Grannus

Östlich der Kirche gelangt man zu den tieferliegenden Terrassen mit dem Mesnerhaus und dem Haus St. Peter in Holz 9, bei dem vor wenigen Jahren ein wichtiger und überraschender Inschriftfund gemacht wurde (Abb. 83, 84).

Es handelt sich um die Bauinschrift (jetzt im Museum) für den Tempel des keltischen Heilgottes Grannus, der von den Römern mit Apollo gleichgesetzt wurde. Die zusammenpassenden Bruchstücke machen es wahrscheinlich, daß der Standort des Heiligtums nahe dem Fundort gelegen ist. Der beidseitig beschriftete Marmorquader stammt anscheinend von der Umfassungsmauer des heiligen Bezirkes und war so angebracht, daß die Inschrift sowohl von der Straße her als auch vom Tempelhof aus zu lesen war (Abb. 92). Das Heiligtum wird als navalis (aedis), also als Schiffstempel, bezeichnet. Vermutlich wurde hier ein keltischer Begriff ins Lateinische übertragen. Die Bezeichnung kommt wohl daher, daß im Tempel ein Kultbild des Grannus in Form eines Schiffsidols aufgestellt war. Entscheidend für ein Heiligtum eines Heilgottes war stets die Versorgung mit Wasser. Die entsprechende Quelle fließt etwas höher nördlich des Mesnerhauses unmittelbar neben der jetzigen Asphaltstraße und wird heute in einem Kanal gegen Süden abgeleitet.

Ein Marmorrelief (jetzt im Museum), das einen anderen Heilgott, nämlich den sogenannten thrakischen Reiterheros, darstellt, wurde auf Parzelle 1062/2 (Abb. 83) gefunden. Es war ursprünglich an einem Laufbrunnen verwendet, da das Maul des Pferdes für den Wasserausfluß durchbohrt ist. Ursprünglich mündete eine Wasserleitung in die Öffnung in der Rückseite der Platte, und das Wasser ergoß sich durch das Pferdemaul in ein Becken. Das Relief hätte sich gut geeignet als Schmuck eines Brunnens im Heiligtum.

Im 2. Jh. n. Chr. ist oft zu beobachten, daß die Heiligtümer von Heilgöttern gleichsam zu Kurorten mit Bädern ausgestaltet wurden. Der keltische Heilgott Grannus stand in hohem Ansehen und lockte Pilger aus entfernten Gegenden an. Man kann nur vermuten, daß die Bewohner der Stadt Teurnia von "ihrem" Heilgott auch in wirtschaftlicher Hinsicht profitierten.

Forum und Thermen

Getrennt durch eine Senke, folgt östlich der sogenannten Tempelterrasse das tiefer gelegene Plateau des Forums, des römischen Marktplatzes (Abb. 83, 84), und ist über den Zugang zum Haus Irrenfried zu erreichen (Abb. 83, Parz.‑Nr. 1068). Das Grabungsgelände war in den Jahren 1911‑1914 wieder zugeschüttet worden, so daß der Besucher auch hier keine Ruinen erwarten darf. Im wesentlichen wurde der Marktplatz an der Ost­und Westseite von Hallen begleitet und im Süden durch eine Marktbasilika architektonisch gestaltet. Südlich anschließend gibt es eine Thermenanlage, deren Räume weitgehend mit Hypokausten (Fußbodenheizungen) ausgestattet sind (Abb. 84). Markant für die Grundrißgestaltung sind zwei Räume mit apsidalem Abschluß, die durch einen mittleren rechteckigen Saal verbunden sind. Diente das Forum mit seinen verschiedenen Räumlichkeiten den Amtsgeschäften und dem Handel, so bot die Badeanlage Erholung und Entspannung. Der Besucher ~konnte der Reihe nach ein kaltes Bad im frigidarium, ein lauwarmes im tepidarium und ein heißes Bad im caldarium nehmen. Die Thermen (Bäder) sind ein typischer ‑ Ausdruck römischer Kultur und vermitteln in Bild städtischer Lebensgewohnheiten.

Wohnterrassen

Eine Fläche von ca. 5500 Quadratmetern wurde am östlichen Bergfuß in den Grabungskampagnen 1971‑1978 untersucht, allerdings ist der jährlich ergrabene Abschnitt wieder zugeschüttet worden (Abb. 83, 84). Auf der unteren Wohnterrasse kamen anscheinend Wohneinheiten von zwei bis vier Räumen zutage, wovon einer jeweils durch einen Nischenofen oder durch eine Fußbodenheizung erwärmt wurde. Als Trennung der einzelnen Räume innerhalb eines Hauses wurden u. a. auch Rutenputzwände (jetzt im Museum) verwendet. Gelegentlich ist auch die Ausstattung mit Wandmalerei zu beobachten, wobei ein Freskensockel von einer Wand abgenommen werden konnte (jetzt im Museum).

Die obere Wohnterrasse lag 5 m höher als die untere und war durch eine mächtige Terrassenmauer und eine Straße getrennt. Ein Kanalsystem sorgte für die Abwässer der Wohnbauten. Im Bereich der oberen Terrasse wurden zwei Votivaltäre gefunden, einer davon war dem Gott Merkur gewidmet (jetzt im Museum). Zu den Häusern gehörten auch von Mauern umgebene Gärten, ein typisches Merkmal römischen Wohnbaus.

Die bisherigen Beobachtungen haben ergeben, daß die Wohnterrassen unter Kaiser Nero, wenn nicht schon unter Kaiser Claudius begonnen wurden. Dieser offensichtlich planmäßige Ausbau der Siedlung könnte mit der Erhebung von Teurnia zum municipium unter Kaiser Claudius (41‑54 n. Chr.) in Zusammenhang stehen. Im 2. Jh. n. Chr. läßt sich in dieser wirtschaftlich günstigen Zeit eine rege Umbautätigkeit im Bereich der Wohnterrassen beobachten, u. a. werden Fußbodenheizungen eingebaut. Die Wohnterrassen wurden anscheinend gegen Ende des 3. Jh.s aufgelassen. Sicher ist festzustellen, daß die oben genannte Terrassenmauer um ca. 2 m abgetragen worden war, bevor auf ihr spätantike Gräber angelegt wurden. Die Bestattungstätigkeit im Ruinengebiet der Wohnterrassen beginnt zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im 5. Jh. und setzt sich während des 6. Jh.s fort. Vermutlich verwendete man u. a. das abgebrochene Steinmaterial der Terrassenmauer für die bereits oben geschilderte spätantike Befestigungsmauer.

Da man im 5. und 6. Jh. n. Chr. nur die Hügelkuppe des Holzer Berges bewohnte, benützte man das landwirtschaftlich nicht nutzbare Ruinengebiet der aufgelassenen Wohnterrassen als Friedhof.

Daher fand man bei der Freilegung der Gebäude gleichzeitig 123 Bestattungen der oben erwähnten Epoche. Charakteristisch für die romanische ‑bereits christianisierte ‑ Bevölkerung ist, daß die Männergräber mit einer Ausnahme durchwegs beigabenlos sind und nicht einmal der Hälfte der bestatteten Frauen und Mädchen ihr Trachtzubehör bzw. persönlicher Schmuck mit ins Grab gegeben worden war. Die Funde an Armreifen, Gewandnadeln, Fibeln, Ohr‑ und Fingerschmuck sind im Museum Teurnia ausgestellt (Taf. 48). Die Frauen trugen nach den Funden einzelner Fibeln bzw. Gewandnadeln ihren Mantel auf einer Schulter geheftet, wie dies auch aus zeitgenössischen Darstellungen bekannt ist. Diese Art der Frauentracht sowie des Trachtzubehörs weist sie als Angehörige der romanischen Bevölkerung aus, für die auch die Mehrfachbestattung als typisch angesehen wird.

Über der Tür des Gasthofes Gritschacher an der Bundesstraße 101 ist eine Marmorplatte eingelassen, die im Relief zwei Arkaden zeigt. Sie mag ursprünglich die Schmalseite eines Sarkophages gebildet haben.

Über der Eingangstür des Bauernhofes Watzinger, Freßnitz 2, ist ein Marmorrelief eingemauert, das von einem römischen Grabbau stammt. Bei dem dargestellten Mann könnte es sich je nach Deutung der Gegenstände in seiner Rechten und in der "Gürtung" um einen Handwerker oder einen Beamten handeln.

An der Nordseite des Hofes Ertl, St. Peter in Holz 8, ist in der Zone des Gurtgesimses das Bruchstück eines korinthischen Kapitells eingemauert, welches einem Exemplar aus der frühchristlichen Friedhofskirche von Teurnia entspricht.

Literatur

Lit.: R. Egger, Frühchristliche Kirchenbauten im südlichen Norikum. Sdschr. 0‑AI 9 (1916), S. 1 ff ; G. Piccottini, Das spätantike Gräberfeld von Teurnia ‑ St. Peter in Holz. AvGT 66 (1976); F. Glaser, Die römische Stadt Teurnia (1983); ders., Die frühchristliche Bischofskirche in Teurnia, Carinthia I 176 (1986), s. 109 ff.; ders., Carinthia 1177 (1987), S. 63 ff; ders., Teurnia‑Metropolis Norici. Ein frühchristlicher Bischofssitz (1987).

 

R. Pillinger, Zur Interpretation der Symbolik des Bodenmosaiks von Teurnia. Symposium zur Geschichte von Millstatt und Kärnten (1988), S. 1 ff.

 

Literatur

 

Lit.: R. Egger, Frühchristliche Kirchenbauten im südlichen Norikum. Sdschr. 0‑AI 9 (1916), S. 1 ff ; G. Piccottini, Das spätantike Gräberfeld von Teurnia ‑ St. Peter in Holz. AvGT 66 (1976); F. Glaser, Die römische Stadt Teurnia (1983); ders., Die frühchristliche Bischofskirche in Teurnia, Carinthia I 176 (1986), s. 109 ff.; ders., Carinthia 1177 (1987), S. 63 ff; ders., Teurnia‑Metropolis Norici. Ein frühchristlicher Bischofssitz (1987).

 

R. Pillinger, Zur Interpretation der Symbolik des Bodenmosaiks von Teurnia. Symposium zur Geschichte von Millstatt und Kärnten (1988), S. 1 ff.