Stochastik
in der Schule


Gauss 3D

Kurzfassungen
5. Jahrgang 1985

 

Heft 1

I. Klemisch Das Galton-Brett
5-9
T. Everton Ein Schülerversuch zur Simulation
10-16
P. Morris Eine Facharbeit als Teil der Prüfung
17-23
R. Eisenbach und R. Falk Die Abhängigkeit zwischen zwei Größen gemessen als relative Verlustverringerung
24-31
R. Diepgen Was Schüler zum Hypothesentesten wissen sollten
32-36
F. Lewes Unehelich Geborene in Exeter
37-40
P. J. Butt Die Binomialverteilung und der Anpassungstest
41-44
A. Müller Eine Aufgabe zur Stochastik der Sekundarstufe II
45-51
Heft 2

H. G. Schönwald Augensummen bis zwölf - eine wahrscheinlichkeitstheoretische Meditation
3-13
R. Diepgen Probleme eines Statistikunterrichtes nach STRICK-Muster
14-20
H. K. Strick Anmerkung zu Diepgen: Probleme eines Statistikunterrichts nach STRICK-Muster
21
R. Diepgen Eine Aufgabensequenz zum statistischen Hypothesentesten
22-27
J. S. Croucher Computer-Einsatz bei Rekursionsformeln für Mittelwert und Standardabweichung
28-31
A. J. Macleod und G. R. Henderson Abschätzungen für die Standardabweichung einer Stichprobe
32-36
S. J. Wainwright Zur Einführung der Standardabweichung
37-38
J. Gani Zwei Ungleichungen von Markow und Tschebyscheff
39-41
M. Borovcnik Bericht über den 5th International Congress on Mathematical Education
42-50
Heft 3

A. E. Hart Wie sollen wir die Standardabweichung erläutern?
3-5
F. Loosen, M. Lioen und M. Lacante Die Standardabweichung: Einige Auswirkungen eines intuitiven Ansatzes
6-12
A. M. Sykes Ein Hoch auf Pythagoras
13-16
R. Diepgen Eine Aufgabensequenz zum statistischen Hypothesentesten - Teil 2
17-38
N. Therstappen Stochastische Einperioden-Lagerhaltungsmodelle
39-47
M. Borovcnik 'Zufall' und Begünstigen
48-59

Heft 1
I. Klemisch: Das Galton-Brett
Der Autor berichtet darüber, wie er über das Galton-Brett in die Stochastik einführt. Seiner Ansicht nach ist es wichtig, mit einer hinreichend komplexen Situation zu beginnen. Das Zählen im Gitternetz kann bis zum Pascalschen Dreieck ausgebaut werden. Die Anzahl der Wege zu einem bestimmten Kasten in Relation zu allen möglichen Wegen ergibt die Laplace-Wahrscheinlichkeit. Die Durchführung der Simulation führt zu relativen Häufigkeiten von Kugeln in den Auffangkästen. Damit kann man den Zusammenhang zwischen praktischer und theoretischer Seite von Wahrscheinlichkeit besprechen.

T. Everton: Ein Schülerversuch zur Simulation
Der Autor beschreibt ein Warteschlangenproblem, das  er mit Schülern einer 9. Klasse bearbeitet hat. Es geht um folgende Fragen: Wie lange dauert es, bis ein Parkplatz gefüllt ist? Wie groß ist die durchschnittliche Wartezeit, falls der Parkplatz voll ist? In der praktischen Simulation traten Probleme auf, die zur Verbesserung des Schemas der Simulation genützt werden können. Es wird ferner über die Schwierigkeit berichtet, Simulation als gültige Methode anzusehen, welche die theoretische Arbeit ergänzt. Ein solcher Unterricht soll Problemlösen fördern.

P. Morris: Eine Facharbeit als Teil der Prüfung
Im folgenden wird ein Projekt vorgestellt, das ein interessierter Sechzehnjähriger mit geringen Statistikkenntnissen unter zusätzlicher Betreuung als Teil einer Prüfung erarbeitete. Der Schüler wählte das Thema, plante die Untersuchung und zeigte die Schwierigkeiten samt deren Überwindung auf. Es geht um den Zusammenhang von Tabellenplatz einer Fußball-Mannschaft und ihrer Unterstützung, gemessen an der Zahl der Zuschauer am Platz.

R. Eisenbach und R. Falk: Die Abhängigkeit zwischen zwei Größen gemessen als relative Verlustverringerung
Der Korrelationskoeffizient und andere Kennziffern werden häufig nur als qualitative Grade der Abhängigkeit eingeführt. In diesem Aufsatz wird eine einfache Deutung angestrebt, welche die häufigen Fehlinterpretationen vermeiden soll. Bei der Voraussage der Variablen y kann man Fehler machen. Für solche Fehler wird ein Verlustmaß definiert, das vom Skalenniveau abhängt. Für qualitative Variable z.B. wird der Verlust durch die Häufigkeit falscher Voraussagen gemessen. Macht man Voraussagen für y bei Kenntnis von x, so werden die Voraussagen möglicherweise genauer und das Fehlermaß geringer. Diese Verringerung des Fehlermaßes führt im wesentlichen zu den gängigen Abhängigkeitsmaßen.

R. Diepgen: Was Schüler zum Hypothesentesten wissen sollten
Der Autor illustriert durch 4 kritische Fragen, was ein Schüler in einem wissenschaftspropädeutischen Unterricht vom Signifikanztest lernen sollte. Im einzelnen erörtert er: i) Ein Signifikanzniveau ? gibt bei Ablehnung keine Wahrscheinlichkeit für die Alternative an. ii) Die begründete Wahl von ? kann nur über die Betrachtung des Fehlers zweiter Art erfolgen. iii) Ein signifikantes Ergebnis, das zur Ablehnung der Nullhypothese führt, sagt allein noch nichts aus. Ist die Stichprobe groß genug, so führt sie viel eher zu signifikanten Ergebnissen. iv) Arbeiten etwa 20 Forschergruppen an vergleichbaren Studien, und wählen alle ? = 0.05, dann ist zu erwarten, daß eine ein signifikantes Ergebnis publizieren kann, obwohl dies ein reines Artefakt ist.

F. Lewes: Unehelich Geborene in Exeter
Die Logik beim Testen wird an zwei Beispielen erörtert: i) In Exeter ergaben sich 1980 signifikant weniger unehelich Geborene. ii) In Exeter ergaben sich 1980 signifikant weniger Jungengeburten. Der interessante Teil des Testens liegt nach Ansicht des Autors nicht in der Mathematik sondern in der komplexen Argumentation in der Anwendung. Man muß nämlich nach Alternativen suchen, um eine signifikante Abweichung zu erklären. Während die Abweichungen in i) aufgrund der soziologischen Struktur in Exeter erwartet wird, gibt es in ii) überhaupt keinen Ansatz zur Erklärung.

P. J. Butt: Die Binomialverteilung und der Anpassungstest
Ein Binomialexperiment wurde bei der Simulation auf dem PC in zweierlei Hinsicht gestört: i) Die Wahrscheinlichkeit für Treffer ist nicht für alle Versuche konstant. ii) Zwischen den Versuchen wird eine Abhängigkeit eingebaut. Die simulierten Ergebnisse werden mit dem ?2-Test geprüft. Eine interessante Wendung ergab sich im Fall i), weil eine Binomialverteilung mit geschätztem Parameter aus der Stichprobe nicht abgelehnt werden kann.

A. Müller: Eine Aufgabe zur Stochastik der Sekundarstufe II
Der Autor stellt eine Aufgabensequenz vor, die sich für den Leistungskurs Stochastik zur Wiederholung des gesamten Stoffes eignet. Teile aus dieser Aufgabe können als Klausuraufgaben verwendet werden. Erläuterungen zur jeweiligen Prüfungsabsicht finden sich im Lösungsteil.

Heft 2
H. G. Schönwald: Augensummen bis zwölf - eine wahrscheinlichkeitstheoretische Meditation
Die Augensumme beim Werfen mit zwei Würfeln wird verallgemeinert zur mehrfachen Wiederholung eines 'Würfelexperiments', dessen Summe maximal 12 beträgt. Dabei wird die Verteilung der jeweiligen Augensumme durch geschickte Manipulation (Faltung) berechnet. Die Struktur dieser Verteilungen wird anschließend weiter untersucht. Einige Vermutungen führen nicht zum Ziel. Der Autor ist jedoch der Meinung, daß man solche Sackgassen dem Schüler auch zeigen soll und nicht immer nur die saubere Mathematik.

R. Diepgen: Probleme eines Statistikunterrichtes nach STRICK-Muster
Der Lehrgang von Strick ist dadurch gekennzeichnet, daß er mit elementarsten Mitteln der Wahrscheinlichkeitsrechnung direkt zur Beurteilenden Statistik vordringt. Für Binomialverteilungen wird heuristisch motiviert, daß 95.5% Wahrscheinlichkeit innerhalb der 2?/n-Umgebung von p liegt. Alle außerhalb dieser Umgebung liegenden Anteile werden als mit p unvereinbar bezeichnet. Ein Konfidenzintervall ist dann die Menge aller mit einem beobachteten Anteil verträglichen Werte für p. Ein Test der Hypothese p führt zur Ablehnung, falls der Stichprobenanteil außerhalb der 2?/n-Umgebung von p liegt. Der Autor kritisiert diesen Zugang: i) Seiner Meinung nach führt er zu dem Mißverständnis, daß der unbekannte Parameter mit Wahrscheinlichkeit 0.955 im berechneten Konfidenzintervall liegt. ii) Es gibt keine Möglichkeit, Überlegungen zum Fehler 2. Art einzubringen. Damit ist es nicht möglich, die Logik des Testens angemessen darzustellen. Nach seiner Meinung sollte man auf die Beurteilende Statistik eher verzichten, als sie durch Zeitmangel zu sehr zu elementarisieren.

H. K. Strick: Anmerkung zu Diepgen: Probleme eines Statistikunterrichts nach STRICK-Muster
Die im besagten Artikel aufgezeigten Schwierigkeiten kann man durch Sorgfalt im Unterricht vermeiden. Es geht im Grundkurs auch um die Frage, ob man das Themengebiet wegen der beschränkten Zeit wegläßt oder lieber doch die in der Konzeption des Kurses gemachten Vereinfachungen verfolgt.

R. Diepgen: Eine Aufgabensequenz zum statistischen Hypothesentesten
Nach Ansicht des Autors kann der Signifikanztest erst verstanden werden, wenn Betrachtungen zum Fehler 2. Art einbezogen werden. Über diese Orientierung hinaus bietet erst die Form eines Entscheidungsproblems mit Wahrscheinlichkeiten für Hypothesen, Kosten von Fehlentscheidungen sowie von Stichproben eine ausreichende Grundlage zum Testen von Hypothesen. Für die Schule kann dies allerdings nur im Fall des Tests zweier einfacher Binomialverteilungen dargestellt werden. Dazu wird eine Folge von sechs Aufgaben vorgestellt, welche den Unterricht über eine längere Zeit strukturieren sollen. Die Aufgaben sind im Unterricht erprobt. In einem weiteren Artikel werden die Lösungen mit Kommentar angegeben.

J. S. Croucher: Computer-Einsatz bei Rekursionsformeln für Mittelwert und Standardabweichung
In Heft 3 (1983) wurden Rekursionsformeln für die Berechnung von Mittelwert und Standardabweichung für n+1 Daten aus Mittelwert und Standardabweichung der ersten n Daten und einem neu hinzukommenden (n+1)-ten Wert angegeben. Dazu wird hier ein Programm in BASIC vorgestellt, das auch die Berechnung von Konfidenzintervallen ermöglicht.

A. J. Macleod und G. R. Henderson: Abschätzungen für die Standardabweichung einer Stichprobe
Die Standardabweichung von Daten kann nach unten und nach oben durch einfache Funktionen der Spannweite abgeschätzt werden. Die Abschätzungen sind grob, sie reichen aber aus, um die Größenordnung von ? anzugeben oder Berechnungsfehler zu erkennen. Zwei Beispiele demonstrieren die Güte der Abschätzung.

S. J. Wainwright: Zur Einführung der Standardabweichung
Man kann die Frage nach einem geeigneten Lagemaß für Daten durch ein Minimierungsproblem beschreiben. Der Median minimiert danach die Summe der absoluten Abweichungen, der Mittelwert die quadrierten Abweichungen. Diese minimalen Abweichungssummen dienen dann als Maß für die Streuung der Daten.

J. Gani: Zwei Ungleichungen von Markow und Tschebyscheff
Der Autor gibt einen wirklich elementaren Beweis der Tschebyscheffschen Ungleichung, der über den Weg der Markowschen Ungleichung führt.

M. Borovcnik: Bericht über den 5th International Congress on Mathematical Education
Der Bericht befaßt sich ausführlich mit dem Teil des Kongresses, welcher der Wahrscheinlichkeit und Statistik gewidmet war. An großen Trends ist zu bemerken: Statistische 'literacy', Explorative Datenanalyse, Anwendungen. In einer eigenen Arbeitsgruppe wurden empirische Untersuchungen zum individuellen Verständnis des Wahrscheinlichkeitsbegriffs sowie curriculare Ansätze behandelt.

Heft 3
A. E. Hart: Wie sollen wir die Standardabweichung erläutern?
Die mittlere absolute Abweichung ist mindestens ein ebenso günstiges Maß für die Abweichungen wie die Standardabweichung. Die üblichen Argumente können zwischen diesen beiden Maßen nicht differenzieren. Erst bei Tests und Varianzanalyse kommt der Begriff der Quadratsumme zum Tragen.

F. Loosen, M. Lioen und M. Lacante: Die Standardabweichung: Einige Auswirkungen eines intuitiven Ansatzes
Die Autoren belegen durch ein Experiment an Studenten, daß die Streuung intuitiv durch die Abweichungen von Daten untereinander erfaßt wird. Dagegen wird in der Statistik die Streuung durch die Abweichung der Daten von einem Mittelwert festgelegt. Diesen Unterschied muß man im Unterricht eigens ansprechen, will man Mißverständnisse dazu vermeiden.

A. M. Sykes: Ein Hoch auf Pythagoras
Mit Techniken der linearen Algebra werden die Formeln für den Mittelwert, die Varianz sowie der Nenner n-1 in der Stichprobenvarianz erläutert. Der Mittelwert von zwei normalverteilten Daten y1, y2 ist der Punkt (,), welchen man durch Projektion von (y1,y2) auf die Gerade durch den Ursprung und durch (µ,µ) erhält. Mit Hilfe des Satzes von Pythagoras kann man die Zusammenhänge mit der Varianz herleiten. Die Überlegungen stellen einen Spezialfall des linearen Modells der Regression dar und können entsprechend verallgemeinert werden.

R. Diepgen: Eine Aufgabensequenz zum statistischen Hypothesentesten - Teil 2
Didaktische Kommentare und Lösungsskizzen der im ersten Teil vorgestellten Aufgabensequenz. Die entscheidenden Parameter eines Problems sind schon früh einzubringen; solche sind: Wahrscheinlichkeiten für die Hypothesen, Kosten von Fehlentscheidungen, Kosten der Stichprobe. Nach dem Bayes-Prinzip hat man den Erwartungswert des Verlusts zu minimieren. Fehlen die a priori-Wahrscheinlichkeiten, so muß man sich auf andere Entscheidungsprinzipien oder gewöhnliche Signifikanztests beschränken. Typisch für den Zugang des Autors ist, daß er eigentlich mit dem komplexen Entscheidungsproblem beginnt, und danach einige der Parameter wegfallen läßt. So diskutiert er zuerst das Problem mit a priori-Wahrscheinlichkeiten für die Hypothesen, dann, wie er fehlende Information dazu ersetzen könnte, und kommt schließlich zu Ersatzverfahren, wenn diese Information nicht ersetzt werden kann.

N. Therstappen: Stochastische Einperioden-Lagerhaltungsmodelle
Setzt man die Nachfrage als bekannt voraus, so spricht man von deterministischen Lagerhaltungssystemen. Eine gewöhnliche Extremwertaufgabe liefert dann optimale Bestellmenge und optimalen Bestellzeitpunkt. Ist die Nachfrage zufällig, so sind die Kosten der Lagerhaltung auch zufällig. Der Erwartungswert dieser Kosten ist zu minimieren. Der Autor untersucht eine bestimmte diskrete Verteilung, eine Binomial- und eine Poisson-Verteilung für die Nachfrage und vergleicht die optimalen Strategien zur Lagerhaltung.

M. Borovcnik: 'Zufall' und Begünstigen
Das Drei-Gefangenen-Problem ist offenbar deshalb so populär, weil es eine 'paradoxe' Lösung hat. Löst man es mit der Bayes-Formel, so sieht man intuitiv schwer, wie denn sich die Lösung vollzieht. Hier wird das Problem mit dem Begünstigen-Konzept bearbeitet. Eine Information I begünstigt die Aussage E, wenn die bedingte Wahrscheinlichkeit von E unter I größer ist als die unbedingte. Begünstigen ist eine symmetrische Relation, das heißt: I begünstigt E genau dann, wenn E die Information I begünstigt. Dieses Konzept bietet eine intuitive Orientierung in vielen ähnlichen Puzzles.