Stochastik
in der Schule


Gauss 3D

Kurzfassungen
2. Jahrgang 1982

 

Heft 1

A. K. Shahani Vernünftige Mittelwerte, aber falsche Aussagen
3-10
L. W. Johnson Das Testen von Hypothesen als ein Vorgehen in sechs Schritten
11-15
L.W. Gates Wahrscheinlichkeitsexperimente in der höheren Schule
16-19
A. G. Munford und I. S. Riley Triff deine Wahl
20-24
H. K. Strick Fußball-Bundesliga und Stochastik-Unterricht
25-34
U. Niemeyer Statistische Fehler
35-37
H. Althoff Vorschläge für Abituraufgaben aus der Stochastik
38-43
Heft 2

G. Giles Das Stirling'sche Aufzeichnungsblatt für Experimente zur Wahrscheinlichkeit
3-12
B. Wollring Bemerkungen zum Stirling'schen Aufzeichnungsblatt für Experimente zur Wahrscheinlichkeit nach G. Giles
13-21
A. M. Sykes Eine weitere Möglichkeit, wie der Begriff des Erwartungswertes auch eingeführt werden kann
22-28
C. W. Puritz Bestimmung von Regressionsgeraden ohne Differentialrechnung
29-31
J. S. Croucher Eine Auswertung der Wimbledon Tennisfinale der ersten 100 Jahre
32-36
P. J. Butt Eine Abwandlung der Münzwurf-Experimente
37-38
H. Althoff Beispiel einer Abituraufgabe im Leistungskurs
39-41
H. K. Strick Verteilung der Geschlechter in Familien
42-46
Heft 3

T. Fillbrunn McNelly und G. Fillbrunn Über eine Baseball-Statistik
3-22
I. Strauß Pu(h), die Weissagung
23-27
D. Wilkie Nochmals: Geburtstage und Maschinenausfälle
28-35
T. R. Knapp Das Geburtstags-Problem: Einige empirische Daten und einige Approximationen
36-41
I. Birnbaum Die Interpretation statistischer Signifikanz
42-45
C. Pendlebury Ein ungewöhnliches Wochenende im Zweitligafußball
46-47
G. Fillbrunn Eine Aufgabe zur Stochastik der Sekundarstufe II
48-52

Heft 1
A. K. Shahani: Vernünftige Mittelwerte, aber falsche Aussagen
Mittelwerte sollen die wesentlichen Eigenschaften einer Datenserie oder einer Zufallsvariablen einfach wiedergeben. Wie jede andere Zusammenfassung kann auch ein Mittelwert in die Irre führen. Der Autor diskutiert dazu vier Beispiele. Stellvertretend sei hier die mittlere Wartezeit in einem System angeführt, wenn im Mittel alle 100 Sekunden ein Kunde ankommt und im Mittel ein Kunde 90 Sekunden bedient wird. Die mittlere Wartezeit kann sehr stark variieren und beträgt jedenfalls mehr als die naiv erwarteten 10 Sekunden. Im weiteren werden die Gründe für das Abweichen naiver Mittelwerte von den mathematisch richtigen erläutert.

L. W. Johnson: Das Testen von Hypothesen als ein Vorgehen in sechs Schritten
Testen wird schematisch eingeführt: (i) Genaues Festlegen der Hypothese, (ii) Festlegen des Signifikanzniveaus, (iii) Festlegen der Testgröße und Einholen der Daten, (iv) Auffinden des kritischen Wertes, (v) Berechnen der Testgröße und (vi) Testen und Interpretieren. Der Vorteil der Vorgangsweise liegt nach Meinung des Autors darin, daß Studenten leicht erkennen, daß echte Denkarbeit nur beim Festlegen der Hypothese und beim Interpretieren vorkommt, alle anderen Schritte können wie eine 'black box' behandelt werden.

L.W. Gates: Wahrscheinlichkeitsexperimente in der höheren Schule
In einer Art Förderkurs konnten 15jährige Schüler eine Reihe von Experimenten mit Münzen, Würfeln, Roulette oder Reißnägeln durchführen. Einzeln oder in Partnerarbeit werteten sie die Ergebnisse aus und hatten vorgegebene Fragen schriftlich zu bearbeiten. Ein Beispiel etwa behandelt die Irrfahrt auf einer Leiter mit 20 Sprossen. Wirft man mit einem Würfel eine gerade Zahl, so geht man diese Zahl aufwärts, bei ungerader Zahl abwärts bis maximal zur untersten Sprosse. Nach dem Spielen muß der Schüler seine Einschätzung über eine Leiter mit nur 10 Sprossen angeben, danach überprüft er diese durch konkretes Spielen.

A. G. Munford und I. S. Riley: Triff deine Wahl
Der Autor plädiert dafür, bei der Bearbeitung von Bayes-Problemen direkt auf den Grundraum zurückzugreifen und belegt dies mit zwei Beispielen: (i) Blumenzwiebeln haben geringere Wahrscheinlichkeit zu keimen, wenn sie alt sind. Von 50 frischen und einer alten Zwiebel keimt genau eine nicht. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist sie gerade die alte? (ii) In einer Show hat der Kandidat die Wahl zwischen drei Boxen, eine enthält den Schlüssel zu einem Auto im Wert von £5000, die zwei anderen sind leer. Der Kandidat wählt Box A, der Moderator versucht, ihm die Box um £ 2000.- abzukaufen, was der Kandidat ablehnt. Schließlich öffnet der Moderator die leere Box B und bietet £3000.-. Was soll der Kandidat tun?

H. K. Strick: Fußball-Bundesliga und Stochastik-Unterricht
In einem Spieljahr der Fußball-Bundesliga wurden 3.3 Tore im Durchschnitt erzielt, 2.0 von der Heimmannschaft, 1.3 von der Gastmannschaft. Lassen sich hieraus Aussagen über einzelne Spielergebnisse gewinnen? Der Autor baut eine theoretische Verteilung von Spielen auf, die mit insgesamt k Toren enden, welche recht gut mit den Daten aus der Bundesliga übereinstimmen. Die weitere Unterteilung in Spielergebnisse wie 1:0, 0:1, usw. paßt nicht mehr. Desgleichen unterscheidet sich die Verteilung der Punktzahlen von tatsächlichen Endtabellen. Das nützt der Autor, um die Voraussetzungen des Modells zu klären: Ein Spielstand von 1:2 etwa veranlaßt die Heimmannschaft zu vermehrter Anstrengung, die Mannschaften sind nicht alle gleich stark etc.

U. Niemeyer: Statistische Fehler
Der Autor skizziert verschiedene Fehlerquellen: Skaleneffekt durch Eingriff an der graphischen Darstellung, Auswahl bestimmter Zeitpunkte in einer Zeitreihe, willkürliche statt zufallsbestimmte Auswahl der Erhebungseinheiten, Gebrauch versteckter Annahmen in statistischen Verfahren. Letzteres wird durch die Verbreitung von Softwarepaketen immer häufiger.

H. Althoff: Vorschläge für Abituraufgaben aus der Stochastik
Der Autor umreißt einen Wunschkatalog von Eigenschaften, die Aufgaben für das Abitur geeignet erscheinen lassen. Für die Stochastik ist neben der geringen Erfahrung noch erschwerend, daß die Hauptschwierigkeit beim Auffinden der Lösung liegt, während die Notation der Lösung selbst aber oft recht kurz und einfach ist. Für die folgenden Vorschläge wird auch die Lösung angegeben: Ein Urnenproblem mit zwei Stufen, ein Bayes-Problem, ein Testproblem für die Binomialverteilung, ein Beispiel zur Binomialverteilung.

Heft 2
G. Giles: Das Stirling'sche Aufzeichnungsblatt für Experimente zur Wahrscheinlichkeit
Hierbei handelt es sich um ein Hilfsmittel, die relativen Häufigkeiten bei einfachen Experimenten rasch aufzuzeichnen. Das empirische Gesetz der großen Zahlen besagt ja, daß die relativen Häufigkeiten sich umso näher bei der theoretischen Wahrscheinlichkeit einpendeln, je länger die Serie ist. Im Unterricht umgeht man das Experiment, weil es sehr zeitaufwendig ist. Hier wird ein Netz von Linien angeboten, in welchem zeilenweise alle relativen Häufigkeiten k/n als Knoten auftauchen. Geht es um Treffer oder Niete, so wird vom Start oben eine Kante nach rechts nachgezogen, wenn es ein Treffer war, und nach links, wenn es eine Niete war. Die Entwicklung der relativen Häufigkeit wird als Polygonzug sichtbar, die Aufzeichnung erfolgt ohne weitere Rechnung direkt bei der Protokollierung des Experiments.

B. Wollring: Bemerkungen zum Stirling'schen Aufzeichnungsblatt für Experimente zur Wahrscheinlichkeit nach G. Giles
Der Autor zeigt, daß das Aufzeichnungsblatt ein auf die Breite 1 gestauchtes Pascalsches Dreieck ist. Er fügt unten noch eine Art Magazin hinzu, das jede Serie von gleich vielen Versuchen mit ihrem Endpunkt markiert. Auf diese Weise erhält man die empirische Verteilung der relativen Häufigkeiten und kann sehen, daß sich ihre Breite mit zunehmender Länge der Serie verringert. In das Aufzeichnungsblatt können ferner die theoretischen 90%-Vertrauensintervalle bei festem Umfang der Serie eingezeichnet werden. Der sich nach unten verengende Schlauch der Vertrauenslinien zeigt, daß größere Stichproben die unbekannte Wahrscheinlichkeit besser schätzen lassen.

A. M. Sykes: Eine weitere Möglichkeit, wie der Begriff des Erwartungswertes auch eingeführt werden kann
Anschauliche Einführung in den Begriff des Erwartungswertes, die sowohl den diskreten als auch den stetigen Fall übergreift. Für eine positive Zufallsvariable X wird E(X) definiert als der Flächeninhalt zwischen der Verteilungsfunktion und der Geraden y=1.

C. W. Puritz: Bestimmung von Regressionsgeraden ohne Differentialrechnung
Die Anpassung einer Modellgeraden y = ax + b an n Datenpaare erfordert die Festlegung der Zahlen a und b. Dies erreicht man durch Minimierung der Fehlerquadrate der Datenpunkte von der Modellgeraden. Partielle Differentiation liefert nur ein lokales Minimum und ist mathematisch schwierig. Ein globales Minimum dagegen erhält man mit elementaren algebraischen Mitteln. Ein Nebeneffekt der Rechnung: die gesamte Varianz der y-Daten wird zerlegt in eine Varianz, die durch die lineare Beziehung zwischen x und y zustande kommt, und in eine Restvarianz, die durch Abweichung der Punkte von der besten Geraden entsteht. Die erste heißt auch erklärte Varianz, die zweite nennt man nicht-erklärte Varianz.

J. S. Croucher: Eine Auswertung der Wimbledon Tennisfinale der ersten 100 Jahre
Der Verlauf eines Tennisturniers kann mit Mitteln der elementaren Wahrscheinlichkeitsrechnung modelliert werden. Vergleicht man die Modellergebnisse mit den tatsächlichen Ergebnissen der Finalspiele in Wimbledon, kann man einige Abweichungen erkennen. So wird die erwartete Satzzahl unter der Annahme gleicher Spielstärke der Teilnehmer mit der tatsächlichen verglichen. Ferner wird der sogenannte 'Rücken an der Wand'-Effekt untersucht, der den zurückliegenden Spieler begünstigt.

P. J. Butt: Eine Abwandlung der Münzwurf-Experimente
Geht man in einem karierten Netz bei Zahl eine Einheit nach oben und rechts, bei Wappen eine Einheit nach unten und rechts, so erhält man eine Irrfahrt in der Ebene. Fragt man nach der Häufigkeit der verschiedenen Positionen nach etwa 10 Würfen, so erhält man eine Binomialverteilung. Die Zeiten oberhalb der ersten Achse bzw. die Zahl der Schnitte der ersten Achse sind durch Simulation einfach zu ermitteln und geben überraschende Aufschlüsse über die Auswirkungen des Zufalls.

H. Althoff: Beispiel einer Abituraufgabe im Leistungskurs
Ein Beispiel mit einem Test von Annahmen über einen unbekannten Anteil wird einschließlich der Lösung angegeben.

H. K. Strick: Verteilung der Geschlechter in Familien
Die theoretische Verteilung der Anzahl der Mädchen (oder Jungen) in Familien einer bestimmten Größe ist eine Binomialverteilung. Im 19. Jahrhundert hat es noch sehr große Familien gegeben, auch mit 12 Kindern. Eine solche empirische Verteilung weicht von der Binomialverteilung beträchtlich ab, wie ein ?2-Test zeigt. Der Autor untersucht die Gründe für diese Abweichung. Es könnte sein, daß die Bevölkerung sich in (wenigstens) zwei Gruppen unterteilt, von denen jede eine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit hat, Jungen als Kinder zu bekommen. Der ?2-Test wird kurz erläutert.

Heft 3
T. Fillbrunn McNelly und G. Fillbrunn: Über eine Baseball-Statistik
Alljährlich bestreiten die Erstplazierten der beiden nordamerikanischen Ligen für Baseball eine Endrunde zur Ermittlung des 'Weltmeisters'. Diese wird nach folgendem System ausgetragen: Die beiden Mannschaften spielen mehrmals gegeneinander, gewonnen hat, wer zuerst 4 Siege erringt. Die Endrunde kann daher höchstens bis zu 7 Spielen dauern. Zwei Fragen wird in diesem Artikel nachgegangen: a) Kombinatorische Anzahl der Ausgänge der Endrunde mit genau 4, 5, usw. Spielen. b) Welches wahrscheinlichkeitstheoretische Modell paßt hinsichtlich der Anzahl der Spiele für die Endrunden der Jahre 1945-1981.

Pu(h), die Weissagung
Die Befragung von Orakeln hat eine lange Tradition. Die Autorin stellt ein Knochenorakel aus China aus der Zeit von 1450 - 1050 v. Chr. vor. Danach entscheidet der Winkel von Rissen in einem Knochen, vornehmlich einem Schildkrötenpanzer, der erhitzt worden ist, ob eine Frage mit ja oder nein beantwortet ist. Gestellt wurde in unmittelbarer Reihenfolge die Frage und dann die Frage in der verneinten Form. Das Orakel war nur dann gültig, wenn beide Antworten übereinstimmten, was beim Muster 'ja-nein' bzw. 'nein-ja' eintritt. Die Autorin wirft verschiedenste Fragen auf, die den roten Faden für eine Einführung in die Wahrscheinlichkeitsrechnung bilden könnten.

D. Wilkie: Nochmals: Geburtstage und Maschinenausfälle
Bei n = 365 Tagen im Jahr und r Personen hat man eine Wahrscheinlichkeit von P(n,r) daß mindestens zwei am selben Tag Geburtstag haben. Solche Koinzidenzen tauchen auch in allgemeineren Zusammenhängen auf. In diesem Artikel wird eine Näherung für P(n,r) für große n angegeben. Im weiteren wird die Koinzidenzwahrscheinlichkeit P als Funktion von r/?n dargestellt. Damit kann man untersuchen, wie die nötige Anzahl r von Personen, die insgesamt eine Koinzidenzwahrscheinlichkeit von 1/2 haben, von n abhängt.

T. R. Knapp: Das Geburtstags-Problem: Einige empirische Daten und einige Approximationen
Das Geburtstagsproblem behandelt die Frage nach der Wahrscheinlichkeit, daß unter n zufällig ausgewählten Personen wenigstens zwei am gleichen Tag Geburtstag haben. Bei der Lösung geht man in der Regel davon aus, daß der Geburtstag einer Person mit derselben Wahrscheinlichkeit auf jeden beliebigen Tag des Jahres fallen kann. Hier wird anhand statistischer Daten untersucht, in welchem Maße diese Annahme in der Realität verletzt ist.

I. Birnbaum: Die Interpretation statistischer Signifikanz
Ein Signifikanzniveau von 5% wird häufig falsch so aufgefaßt, daß im Durchschnitt in 5 von 100 Fällen, in denen man die Nullhypothese ablehnt, ein Fehler passiert. Der Autor durchkreuzt diese Fehlinterpretation durch ein einfaches Münzbeispiel, in welchem die Münze entweder mit 0.7 oder mit 0.3 das Wappen zeigt. Als Nullhypothese wird 0.7 genommen. Jetzt wird einerseits der Fehler 2. Art untersucht, andererseits werden Annahmen getroffen, wie wahrscheinlich die Nullhypothese richtig ist. Die resultierenden Berechnungen für die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers zeigen dann, was unter Signifikanzniveau jedenfalls nicht zu verstehen ist.

C. Pendlebury: Ein ungewöhnliches Wochenende im Zweitligafußball
An einem bestimmten Wochenende hat es in einer Fußballiga keinen Heimsieg gegeben. Ein Vergleich mit den Ergebnissen der gesamten Saison mittels elementarer Berechnungen zeigt, daß ein solches Ergebnis sehr unwahrscheinlich ist.

G. Fillbrunn: Eine Aufgabe zur Stochastik der Sekundarstufe II
Diese fürs Abitur geeignete Aufgabe behandelt die Schätzung von Anteilen bei Befragungen, in denen eine besondere Vorkehrung getroffen wird, um die Anonymität des Befragten zu sichern. Der Befragte beantwortet je nach Ausgang eines Zufallsexperiments die heikle Frage oder deutet bestimmte Ergebnisse des Experiments in Antworten um.