Slawische und slowenische (alpenslawische) Ortsnamen in Österreich

 

© H.D. Pohl

 

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1.  Allgemeines

Wenn man Namen wie Achomitz, slowenisch Zahomec (bzw. Zahołmec, etwa mit  „Hinterbichl“ zu übersetzen) hört, denkt man sofort an einen der zahlreichen Ortsnamen slawischer Herkunft, die den ganzen Süden und Osten Österreichs prägen, doch bei Namen wie Žihpolje, der slowenischen Bezeichnung für Maria Rain südlich von Klagenfurt, wird man eher ratlos sein. Aber ein Blick in alte Urkunden lehrt uns, dass dieser Ort früher Sichpuchl (1200) bzw. Seichbichl (1552) hieß, was soviel wie „feuchter Bühel, Bichl“ bedeutet, wie auch die Ortschaft Seigbichl bei Moosburg, slowenisch ebenfalls Žihpolje oder auch übersetzt Močile (= „feuchter Ort“). Die slowenische Namensform ist also aus dem Deutschen entlehnt und -bichl wurde erst sekundär zu -polje „Feld“ umgedeutet; zumindest heute empfindet man es so, wahrscheinlicher ist die Annahme, dass es sich um den Einwohnernamen des Ortes slowenisch *Žihpol (aus altem Sichpuchl, s.o.) handelt, denn Žihpolje ist ein Pluralwort und das Adjektiv dazu lautet bei den Einheimischen žihpołski (nur in der Schriftsprache žihpoljski).

Beide Namen, Achomitz und Žihpolje, legen Zeugnis von der sprachlichen Durchmischung Kärntens auf Ebene der Toponomastik ab. Beide Sprachen, Deutsch und Slowenisch, sind konstitutiv in Namengebung und Dialektologie, im deutschen Sprachgut Kärntens findet sich viel Slowenisches, im slowenischen Sprachgut viel Deutsches. Die jahrhundertelange Koexistenz beider Sprachen bzw. Kohabitation der Sprecher im Lande ist an ihnen nicht spurlos vorübergegangen und beide Sprachen gehören zum historischen Erbe Kärntens. Was auch im allgemeinen Wortschatz Kärntens seinen Niederschlag findet, man denke u.a. an die alten bäuerlichen Speisen Munken (von altslowenisch *monka „Mehl“, modern moka) und Talggen (von frühslawisch *talkuna etwa „geschroteter Hafer“), an die Strankerln „grüne Bohnen, Fisolen“ (von altslowenisch *stronk- „(Bohnen-) Schote“) oder an den Füchsling „Eierschwammerl, Pfifferling“ (wie slowenisch lisička zu lisica „Fuchs“, sonst sagt man in den bairisch-österreichischen Mundarten neben Eierschwammerl eher Rehling oder Reherl).

In unserem Bewusstsein nehmen antike Ausgrabungen, mittelalterliche Burgen oder neuzeitliche Kunstdenkmäler als kulturelles Erbe aus der Vergangenheit den ersten Platz ein. Dabei wird in der Regel vergessen, dass das älteste Erbe unsere Sprache ist und in der Sprache selbst das Namengut. Gewässernamen wie Drau und Lavant reichen in die vorkeltische Zeit zurück und sind Zeugen der Indogermanisierung des alpinen Raumes; für unsere ältesten Vorfahren war die Drau der „Flusslauf“ schlechthin und die Lavant ein „weißglänzender“ Fluss. Die ersten Kärntner im engeren Sinn des Wortes benannten Achomitz nach seiner Lage „hinter dem Hügel“ (slowenisch Zahomec, s.o.) und Seichbichl „Maria Rain / Žihpolje“ nach einem „feuchten Bühel“ (s.o.). Die Ortsnamen gewähren Einblick in die Siedlungsgeschichte, einmal waren bei der Namengebung Deutsche, ein andermal Slowenen aktiv, die Namen gingen von Mund zu Mund, d.h. von einer Sprache zur anderen, und oft wurden Objekte unabhängig voneinander verschieden benannt wie z.B. deutsch Hart „Sumpfwald“ ~ slowenisch Breg „Ufer, Böschung“ oder übersetzt, z.B. deutsch Aich = slowenisch Dob „Eiche“. Manchmal ist die slowenische Übersetzung früher überliefert als die heutige Form wie z.B. 993 Podinauuiz (das wäre slowenisch Podnja ves), heute Niederdorf (bei Hörzendorf). Wir haben also in den deutschen wie in den slowenischen Namen altes Erbgut vor uns, sie sind Teil unserer Geschichte. Sie zu vergessen, zurückzudrängen, würde einen schweren Verlust bedeuten, beide Namensformen, die deutsche und die slowenische, sind eng miteinander verbunden und ihre Geschichte ist unteilbar. Wenn auch der Anteil der Slowenisch sprechenden Kärntner von fast einem Drittel der Gesamtbevölkerung unseres Landes im 19. Jhdt. auf heute nur mehr wenige Prozent (3-4%, regional bis 95%, z.B. Globasnitz 50-70%, Zell 90-95%) zurückgegangen ist – die slowenischen Namen leben dennoch weiter und sie sind es wert, künftigen Generationen weitergegeben zu werden. Darüber hinaus sind die Namen in beiden Sprachen als erstrangiges und auch unteilbares Kulturgut unseres Bundeslandes zu betrachten, das Zeugnis von der gegenseitigen Durchdringung beider Sprachen ablegt. Die Kärntner wissenschaftliche Tradition ist sich dieser Tatsache voll bewusst:

Das kulturelle Profil einer Landschaft, ihre Eigenart, wird durch das bodenständige Namengut, ob nun deutsch oder slowenisch, mitbestimmt. Diese Quelle für die Siedlungsgeschichte und das eigene Selbstverständnis zu erhalten und zu schützen sollte Aufgabe nicht nur der Historiker, sondern auch der Geographen und Linguisten sein“ (Alfred Ogris).

Die Kärntner Sprachlandschaft ist eine historisch gewordene. Sie ist das Ergebnis des Einströmens germanischer und slawischer Stämme nach dem Untergang des Weströmischen Reiches in keineswegs menschenleeres Land, was im frühen Mittelalter zu einer sehr heterogenen und polyglotten Bevölkerung geführt hat. Schließlich haben sich (nach wenigen Generationen) zunächst das Alpenslawische (Altslowenische) einerseits und andererseits etwas später auch das (germanische) Bairische als Landes­sprachen durchgesetzt. Das Bairische, Teil des deutschen Sprachgebietes (die Baiern selbst sind im Zuge der fränkischen Machtergreifung im alpinen Raum aufgrund einer Ethnogenese von Germanen, Keltoromanen und einiger Restgruppen hervorgegangen) konnte sich dann im Laufe der Jahrhunderte immer mehr auf Kosten des Slawischen (Slowenischen, „Windischen“) ausbreiten, während das Alpenslawische in die slowenische Glottogenese einbezogen wurde und das Slowenische selbst sich nur im Süden des Landes, vornehmlich im Unteren Gail- sowie im Rosen- und Jauntal behaupten konnte.

 

2. Historisches

Gegen Ende der Völkerwanderungszeit kamen die Vorfahren der heutigen Slowenen, die Alpenslawen, mit einer (türksprachigen) awarischen Oberschicht ins Land. Awarische Relikte sind z.B. slow. kazaz (*kosez) ‘Edling’ (daher heißen die Edling genannten Kärntner Ortschaften im Slowenischen Kazaze, Kajzeze usw.) und ban, ein Fürstentitel, der als mittellateinisch banus und in den Ortsnamen Faning (slow. Baniče, K), Pfannsdorf (slow. Banja ves bzw. vas, K) und Fohnsdorf  (St) weiterlebt. Am nachhaltigsten wurde unser Raum (südöstlich des Alpenhauptkammes) in seinen Namen slawisch bzw. slowenisch geprägt. Ein häufiges in Ortsnamen vorkommendes slowenisches Gattungswort ist z.B. gora ‘Berg’, das allein im gemischtsprachigen Gebiet Kärntens 18× vorkommt, in Österreich insgesamt rund 50× (siehe Übersicht am Ende). Oder: wie oft  kommt der deutsch klingende Name Glanz (< slow. klanec ‘steiler Weg, Steile, Steigung usw.’) in Österreich vor – insgesamt 12×.

Die ins Deutsche gelangten slowenischen Namen haben im Laufe der Zeit die gleichen lautlichen Veränderungen erfahren wie die deutschen Namen selbst. So erscheint slow. Ribnica ‘Fischbach’ im Deutschen als Reifnitz, umgekehrt wurde slow. Pliberk aus einem alten deutschen Pliburch, heute Bleiburg, entlehnt. Jüngere Entlehnungen sind deutsch Ribnitza und slowenisch Slovenji Plajberg ‘Windisch Bleiberg’ – erstere vor 1300 entlehnt, letztere später. Im Namen- und Lehnwortgut lassen sich sowohl die Sprachgeschichte als auch alte Sprachräume feststellen.

Das südwestliche Gebiet der Ostalpen kam in der Völkerwanderungszeit wiederholt unter germanische Herrschaft, so beherrschten die Langobarden weite Teile Italiens, woran heute noch viele Namen erinnern, u.a. die Landschaftsbezeichnung Lombardei. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ostgoten und Langobarden auch in Kärnten siedelten, aber es wird sich dabei nicht um eine planmäßige Besiedlung gehandelt haben, sondern eher um militärische Vorposten. Die erste planmäßige Besiedlung Kärntens erfolgte (seit dem 9. Jhdt.) durch die Baiern unter fränkischer Oberhoheit in einem Land, in dem seit dem ausgehenden 6. Jhdt. bereits Slawen ansässig waren. Die bairischen Siedler ließen sich vornehmlich in Gegenden nieder, die noch nicht besiedelt waren, was zu einer bairisch-slawischen Mischbevölkerung im Mittelalter geführt hat. Die bereits anwesenden Alpenslawen wurden also nicht verdrängt, sondern sind nach und nach in der bairischen Bevölkerung aufgegangen. Nur in den südlichen Landesteilen ist das slawische Element so stark gewesen, dass es dann in die slowenische Ethnogenese einbezogen worden ist. Die deutsch-slowenische Sprachgrenze, wie sie in der Mitte des 19. Jhdts. beschrieben worden ist, dürfte seit Beginn der Neuzeit bestanden haben. Doch das sprachliche Erbe überliefert uns slowenische Namengebung auch in früh „eingedeutschten“ Gebieten, z.B. weist der Bergname Stagór in Oberkärnten wegen des benachbarten Neuberg auf ein altes slow. *Stara gora ‘Alter Berg’ hin, und eine Mallnitz erweist sich als ‘kleine Möll’ (alpenslaw. *Mălьnica, zu slow. Molna < alpenslaw. *Mălьna ‘Möll’), ein beliebtes slawisches Wortbildungsmuster reflektierend: der Hauptfluss liefert das Grundwort, der Nebenfluss ist eine Verkleinerung dazu, wie z.B. auch Mürz (< slaw. *Murica) ‘die kleine Mur’ neben Mur (slow. Mura) oder Görtschitz (< slow. Krčica) ‘die kleine Gurk’ neben Gurk (slow. Krka). Die heutigen Verhältnisse sind für die Namenkunde weniger bedeutend, so hat der (alte) Gerichtsbezirk Obervellach (polit. Bezirk Spittal a.d. Drau) heute noch einen höheren Anteil von Ortsnamen slowenischer Herkunft (über 50%) als z.B. der Gerichtsbezirk Eisenkappel (ca. 40%) im gemischtsprachigen Gebiet Kärntens. Dazu kommt noch die In­te­gration slawischer kategorienbildender Wortbildungselemente wie -ica (Flurnamen) und  -nik (Hof- und Familiennamen, beide v.a. in Kärnten und Osttirol, aber auch im Salzburger Lungau und in der Steiermark), die auch an deutsche Wortstämme treten konnten, z.B. in Osttiroler Flurnamen (z.B. Bodenitze oder Mauritze) bzw. in Kärntner und Osttiroler Familiennamen (z.B. Waldnigg, Kogelnig oder Felfernig [von mittelhochdeutsch fëlwer / fëlber ‘Weidenbaum’]), mit slawischen Wortstämmen freilich stärker verbeitet, wie z.B. Pototschnig oder Petutschnig < slow. Potočnik ‘Bacher’ (von slow. potok ‘Bach’) oder Goritschnig < slow. Goričnik ‘Bichler’ (von slow. gorica ‘kleiner Berg, Bühel, Bichl’). In Osttirol (Kals) gibt es sogar einen Fall, wo ein romanischer Name in drei Versionen vorkommt, je einmal als „echt“ romanischer Hofname Ranggetín(er), als „deutscher“ Hofname Rantschner und als „slawischer“ Rantschnigg (vom romanischen Grundwort *runca bzw. *runcu ‘Rodung’).

Bemerkenswerterweise hat Kals am Großglockner (Osttirol) trotz seines romanischen Gepräges der alten Flurnamen immerhin unter den Siedlungsnamen einen hohen Anteil slawischer Namen – wohl Reflex des Zusammenlebens bzw. (wie ich es nennen möchte) der Kohabitation dreier Sprachvölker bzw. Kommunikationsgemeinschaften, lebendiger Ausdruck davon, dass hier einst gemeinsam Romanen, Slawen und Baiern friedlich nebeneinander gerodet, gewirtschaftet und gelebt haben (wie dies schon Maria Hornung vor bald 40 Jahren festgestellt hat). Von den 13 Siedlungsnamen des Kalser Tales sind 3 deutscher (Großdorf, Haslach und Burg), 3 romanischer, und zwar Glor < angulare ‘Winkel’, Elleparte / mundartlich Leporten < (ad) illam partem ‘jenseitiger Teil’, Pradéll < pratellu ‘(kleine) Wiese’ sowie 6 slawischer Herkunft: der Gemeindename Kals < kalec ‘(kleine) Lache, Pfütze’ (nach dem Kalser Bach, der in seinem Mittelabschnitt früher bei der Schneeschmelze und nach heftigen Niederschlägen von zahlreichen Lachen und Pfützen gesäumt wurde, zu slow. kal ‘Vertiefung, wo sich Regenwasser ansammelt; Viehtränke usw.’), Arnig < (j)avornik ‘Ahorngegend’, Ködnitz < kotnica ‘Winkelbach’, Lesach < (pri) Lešah ‘(bei den) Waldbewohner(n)’, Peischlach zu pišlje ‘Wehen des Windes (= Ort, wo der Wind weht)’, Staniska < stanišče ‘Wohnort, Almhütte o.dgl.’. Ein Name kann sowohl deutscher als auch romanischer Herkunft sein (Lana < dt. Lahner oder roman. *labinarium ‘Lawinengang’). Weiters beachte man die semantische Identität von Glor und Ködnitz, die beide einander benachbart sind.

Auch der Name der Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt, slow. Celovec, mundartlich [c(Ç)lówc] oder [cwilówc] usw., ist nur über das Romanische verständlich. Auszugehen ist von einem roman. *aquiliu ‘Platz am Wasser’, mit Artikel *l’aquiliu bzw. *la quiliu, ohne Artikel ins Frühslowenische als *kvil’ŭ entlehnt, das lautgesetzlich slow. cvilj- ergab. Da (zufällig) slow. cvilja ‘Klage’ bedeutet und der Ort an der unfallträchtigen, einst auch beschwerlichen Furt über die Glan und das daran anschließende Sumpfgebiet lag, wurde volksetymolgisch daraus ‘Ort der Klage’ (slow. cviljovec) bzw. ‘Klagenfurt’. Der Name des Bundeslandes Kärnten ist mit dem des Dorfes Karnburg am westlichen Rande des Zollfeldes nördlich von Klagenfurt am Fuße des Ulrichsberges aufs engste verbunden, denn hier (in unmittelbarer Nachbarschaft des antiken Virunum) lag im 7./8. Jhdt. das Zentrum des slawischen Karantanien, der Keimzelle des späteren Herzogtums Kärnten. An diesem Ort wurde im 9. Jhdt. eine karolingische Pfalz errichtet, als deren Rest die Kirche zu betrachten ist. In der Nähe stand auch der jetzt im Landesmuseum aufbewahrte „Kärntner Fürstenstein“, der bei der Einsetzung der Kärntner Herzöge eine wichtige Rolle spielte. Urkundlich ist diese Örtlichkeit 888 Carentano, curtem Corontanam, 927 in civitate Carantana usw. bezeugt. Der Name geht wohl auf ein keltisches Wort für „Stein, Fels“, etwa *karant-, zurück. Der Wortstamm *kar- (etwa ‘hart’) kommt in unserer Region (mit der Bedeutung ‘Fels, felsige Gegend usw.’) mehrmals vor, z.B. romanisch Carnia, slow. Kranj (< altem *karń-) usw. (vgl. auch den neuzeitlichen [nach Ptolomäus geprägten] Gebirgsnamen Karawanken), daher ist der Mons carentanus (983 in monte Carentano, heute) „Ulrichsberg“ mit seinem markanten felsigen Gipfel als ‘Steinberg’ zu interpretieren; an seinem Fuße (am Rande des Zollfeldes) auf einem kleinen felsigen Plateau lag die *Charantapurch ‘Kärntenburg’ > urkundlich (1201) Chaerenpurch, heute Karnbúrg (slow. mundartlich Karempúrg), nicht zu verwechseln mit dem kleinen Weiler Karnbérg nördlich des Ulrichsberges. Auf altem lateinischen carantanus beruht slow. Korotan, auf dem Adjektiv (alt) *korÜtьskъ beruht die moderne Bezeichnung Koroška.

Die Kärntner Sprachlandschaft ist also eine historisch gewordene. Sie ist das Ergebnis des Einströmens germanischer und slawischer Stämme nach dem Untergang des Weströmischen Reiches in keineswegs menschenleeres Land, was im frühen Mittelalter zu einer sehr heterogenen und polyglotten Bevölkerung geführt hat. Schließlich haben sich (nach wenigen Generationen) zunächst das Alpenslawische (Altslowenische) einerseits und andererseits etwas später auch das (germanische) Bairische als Landes­sprachen durchgesetzt. Das Bairische, Teil des deutschen Sprachgebietes (die Baiern selbst sind im Zuge der fränkischen Machtergreifung im alpinen Raum aufgrund einer Ethnogenese von Germanen, Keltoromanen und einiger Restgruppen hervorgegangen) konnte sich dann im Laufe der Jahrhunderte immer mehr auf Kosten des Slawischen (Slowenischen, „Windischen“ [die ursprüngliche, synonyme  Bezeichnung für das Slowenische, später fälschlich für die Mundarten im Gegensatz zur slowenischen Schriftsprache gebraucht]) ausbreiten, während das Alpenslawische in die slowenische Glottogenese einbezogen wurde und das Slowenische selbst sich nur im Süden des Landes, vornehmlich im Unteren Gail- sowie im Rosen- und Jauntal behaupten konnte.

 

3. Die Kärntner Namenlandschaft

Dies hier in wenigen Sätzen Skizzierte widerspiegelt sich in der Kärntner Namenlandschaft:

(1) einen Teil der Namen haben Baiern und Slawen von der keltisch-romanischen Vorbevölkerung übernommen;

(2) die übrigen Namen (der größte Teil) sind bairischer, also deutscher, und slawischer, also slowenischer Herkunft (wobei der prozentuale Anteil von Namen deutscher Herkunft in Richtung Nordwesten, der Anteil von Namen slawischer Herkunft in Richtung Südosten zunimmt).

(ad 1)       Zu diesen Namen gehören v.a. Gewässernamen, die überhaupt das älteste onomastische Material repräsentieren, sowie einige Siedlungsnamen und der Name des Landes Kärnten selbst. Alle großen Flüsse Kärntens gehören hierher (Drau, Gail, Gurk, Lavant usw.), ferner die Tauern, das Katsch-, Jaun- und Gitschtal, und einige Siedlungsnamen (z.B. Villach).

(ad 2)       Hier ist zu unterscheiden zwischen:

(I) (a)        etymologisch deutschen Namen

     (b)       etymologisch slawischen Namen

(c)       Übersetzungsnamen (also Namen, die sowohl zu a als auch zu b zu zäh­len   wären)

(d)       etymologisch weder deutsche noch slawische Namen (die aber dennoch meist von der einen der anderen Sprache vermittelt worden sind)

(II)(e)       im Deutschen gebrauchten Namen

     (f)        im Slowenischen gebrauchten Namen,

wobei sich zwischen I und II kaum eine klare und eindeutige Beziehung herstellen lässt.

Betrachten wir zunächst einige Beispiele:

(I) ad (a)   Feldkirchen, Bleiburg, Aich

ad (b) Ferlach, Friesach (die meisten Namen auf -ach waren ursprünglich Lo­ka­tive von Einwohnernamen, die im Slowenischen zwar als Nominativ Plural erscheinen, ins Deutsche aber in ihrer Lokativform [slow. -ah] gelangt sind, in unseren Beispielen ist slow. borovje ‘Föhrenwald’ und breza ‘Birke’ enthalten), Globasnitz / Globasnica (mundartlich Kłobasnica [qwobásÇnca], ursprünglich etwa ‘Bach, der sich wie eine Wurst hin und her windet’, zu slow. klobasa ‘Wurst’).

     ad (c)   Aich ~ Dob ‘Eiche’

     ad (d)   Villach

(II)ad (e)  Feldkirchen, Bleiburg, Aich, Ferlach, Friesach, Villach, Globasnitz

     ad (f)    Trg, Pliberk, Dob, Borovlje, Breže, Beljak, Globasnica.

Es zeigt sich also, dass es (unbeschadet der Etymologie) grundsätzlich im Deutschen und Slowenischen jeweils eigene Bezeichnungen (verschiedene Namen) für ein und dieselbe Ortschaft gibt:

(deutsch)         Feldkirchen          (slowenisch)           Trg

                                        Bleiburg                                             Pliberk

                                        Aich                                                    Dob

                                        Ferlach                                              Borovlje

                                        Friesach                                             Breže

                                        Villach                                                Beljak

                                        Globasnitz                                          Globasnica

In gemischtsprachigen Gebieten (einschließlich der nächsten Umgebung) verhält es sich grundsätzlich so, dass es für jeden Namen zwei Formen gibt, die sich unerheblich voneinander (z.B. deutsch Globasnitz vs. slowenisch Globasnica) unterscheiden können bis hin zum Gebrauch zweier grundverschiedener Wörter, die auch semantisch nicht miteinander übereinstimmen (z.B. deutsch Feldkirchen vs. slowenisch Trg, letzteres bedeutet ‘Markt’). Sonst gibt es meist nur für allgemein bekannte Namen zwei Formen (z.B. deutsch Wien, Laibach vs. slowenisch Dunaj, Ljubljana), während die übrigen Namen in ihrer Originallautung (und -schreibung), allerdings phonetisch angepasst, übernommen werden.

Dass zwischen I und II keine oder nur eine sehr oberflächliche Beziehung herzustellen ist, zeigen z.B. auch folgende beide Namen:

deutsch            Tauern                                    slowenisch       Tur(j)e

                                                    Völkermarkt                                                  Velikovec

Der Name der Tauern ist ein Wort aus vorrömischer Zeit (*taur- ‘Berg’ > ‘Bergpass, Übergang’), das teils direkt, teils durch slawische Vermittlung ins Deutsche gelangt ist. Auch der Ossiacher Tauern heißt auf Slowenisch Osojske Ture, volkstümlich einfach Turje, so heißt slowenisch auch der Turia-Wald (südlich vom Keutschacher See), was auf slaw. tur- ‘ableitiger Hügel, Leiten’ beruht; es lassen sich also beide Namensformen nur bedingt gleichsetzen. Auf den ersten Blick scheint zwischen Völkermarkt und Velikovec (auf Grund des Schriftbildes) ein engerer Zusammenhang zu bestehen, bei näherer Betrachtung besteht ein nur sehr entfernter. Zunächst: einem deutschen  /f/  in Namen slawischer Herkunft entspricht im Slowenischen meist /b/ (vgl. slowenisch Bistrica, Bela, deutsch Feistritz, Vellach), und tatsächlich, die slowenische mundartliche Form lautet Bolikovec (genauer [bÇlqówc bzw. blÇqówc]) und nicht (wie in der Hochsprache) Velikôvec.

In diesem Zusammenhang ist das Begriffspaar „hochsprachlich“ und „volkstümlich (mundartlich)“ verwendet worden. Während bei den deutschen Ortsnamen im allge­meinen ein stillschweigender Kompromiss zwischen deren volkstümlicher (auf der lokalen Mundart beruhenden) und hochdeutschen (schriftsprachlichen) Lautung vorliegt, der in der langen Tradition der Verwendung des Deutschen als Amtssprache begründet ist, gibt es im Slowenischen sehr oft voneinander erheblich abweichende hochsprachliche und volkstümliche Namenformen. Erst im Zuge der Begründung eines slowenischen Schrifttums sind viele Toponyme verschriftsprachlicht worden, wobei es oft Missgriffe gegeben hat, wie z.B. beim Ortsnamen Krnski grad „Karnburg“: die volkstümliche slowenische Form lautet Karempurg, die ein älteres deutsch Chaerenpurch (1201) reflektiert; richtig wäre slowenisch Koroški Grad (so bei Jarnik), das wäre „Kärntenburg“ wie auch das Chaerenburg zugrundeliegende *Charanta(purch), lateinisch civitas Charantana (9./10. Jhdt.). Mag es auch verständlich sein, Ortsnamen im historischen slowenischen Siedlungsgebiet mit einer hochsprachlichen Etikette versehen zu wollen, sind künstliche Slowenisierungen abzulehnen (z.B. Sovodnje „Gmünd“). Der Ehrlichkeit halber sei vermerkt, dass es auch künstliche Germanisierung von Namen slawischer Herkunft gibt, so ersetzte man beispielsweise den Bergnamen Gerloutz, Harlouz (slowenisch Grlovec) in den ersten Dezennien des 20. Jhdts. durch die Bezeichnung Ferlacher Horn.

Was das Alter der slowenischen Namen Kärntens betrifft, ist festzuhalten, dass sie sich auf Grund linguistischer Fakten als größtenteils sehr alt erweisen, obwohl die meisten von ihnen erst relativ spät überliefert sind. Wenn im Deutschen einem slowenisch Bistrica, Suha ein Feistritz, Zauchen entspricht, bedeutet dies, dass sie ins Deutsche bereits vor der Diphthongierung (also vor dem 13. Jhdt.) entlehnt worden sind. Andererseits verrät slowenisch Pliberk, dass es schon sehr früh aus deutsch Bleiburg (urkundlich 1228 Pliburch) entlehnt worden ist, während Slovenji Plajberg „Windisch Bleiberg“ jünger ist. Auch die bereits genannten ves- bzw. vas-Namen erweisen sich als alt, da deren deutsche Entsprechungen sonst nicht erklärbar wären (z.B. Žitara ves „Sittersdorf“). Immerhin sind sechs slowenische Namen urkundlich vor dem Jahre 1000 belegt:

 

                            Bela                            Vellach                       975 Velach

                            Ostrovica                    Hochosterwitz            860 Astaruuiza

                            Ribnica                       Reifnitz                       977 Ribniza

                            Trebinje                      Treffen                        860 Trebina

                            Zvirče                         Wirtschach                 965 Vuirzsosah

Ferner:

                            Niederdorf (Hörzendorf)         993 Podinauuiz „Podnja (bzw. Spodnja) ves“.

Zwischen 1000 und 1250 sind weitere 39 Namen belegbar; sie scheinen alle in lateinisch oder deutsch geschriebenen Urkunden auf. E. Kranzmayer hat eine Reihe von Anhaltspunkten für die Chronologie der Übernahme von Ortsnamen ins Deutsche geliefert. So fand die nhd. Diphthongierung zwischen 1100 und 1300 statt, daher sind Namen mit Diphthongierung bereits vor dem 13 Jh. ins Deutsche übernommen worden, wie z.B. Reifnitz < Ribnica, Feistritz < Bistrica im Gegensatz zu Ribnitza (Gewässername) < Ribnica, Lippitzbach < Lipica (also erst nach 1300 ins Deutsche entlehnt). Im gleichen Zeitraum erfolgte der Umlaut, daher z.B. Goriče > Görtschach (vor 1300), aber > Goritschach (nach 1300). Sehr alt sind auch jene Fälle, wo urslaw. tj durch deutsch  /k/, urkundlich meist ch, also alpenslawisch wohl [k’], ersetzt ist, z.B.:

                            *Borik’e          >          Förk (slowenisch Borče)

                            *Pek’e                        >          Pöckau (mundartlich Peckach, slowenisch Peče)

                            *Bak’e                        >          Faak (slowenisch Bače).

Viele Namen sind im Slowenischen in ihrer mundartlichen Form geschrieben, z.B.:

Borče (Förk) statt Boriče

Dule (Duel, Dullach) statt Dol(j)e

Tulce (Tutzach) statt Tuce (so schriftsprachlich, mundartlich Tułce)

Močidlo (Matschiedl) statt Močilo

                            Važinje (Wallersberg) statt Vłaš- (zu vlah „Romane“).

Einige weitere Beispiele aus dem Bereich der Flurnamen mögen dies illustrieren: so ergab slowenisch Vranjica [wráinca] „Rabenberg“ im Deutsch Oreinza-Sattel. Manche Namendeutungen erfordern große Kombinationsgabe, z.B. Vajnaž „Weinasch“ (Bergname) = lanež „Bergrücken, Kamm, Grat“ oder Vojšca (Bergname) = Łoščica, von log „Au, Wiese“. – Als besonders typisch für Kärnten gilt der Einschub von -j- vor s und š wie Vojšca (s.o.) und u.a. in Ojstra „Oistra“ (Bergname) und Ojstrnik „O(i)sternig“ (Bergname), zu slowenisch oster „spitz, scharf“).

Jede Beschäftigung mit dem slowenisch Namengut setzt also elementare Kenntnisse der Kärntner slowenischen Dialekte voraus; vielfach sind auch die deutschen Namensformen nur aus der slowenischen mundart­lichen Aussprache zu erklären, z.B.:

                                        Sabuatach       =          Zablate [ł]

                                        Bielschitza       =          Belščica (ě)

                                        Duel                =          Dole, Dule (slowenisch-mundartliche Diphthongierung).

Außerdem beeinflussen auch die deutschen (Lehn-)Formen die slowenischen, z.B. slowenisch Globasnica (statt Klo-) nach deutsch Globasnitz, slowenisch Homeliše (statt Hmelišče) nach deutsch Homölisch usw. Dies müsste allerdings noch systematisch untersucht werden.

Aufgrund lautlicher Merkmale lässt sich auch der Zeitpunkt der Übernahme von deutschen Ortsnamen ins Slowenische feststellen (allerdings nur in einem Teil der Fälle): Diphthongierung (zwischen 1100 und 1300): daher Pliberk (1128 Pliburch) für Bleiburg, jedoch Slovenji Plajberg für Windisch Bleiberg (erst später belegt); mittelhochdeutsch v (f) > slowenisch b (zwischen 800 und 1200), daher slowenisch Bekštanj, Grabštanj für Finkenstein, Grafenstein gegenüber Vajšprg für Feuersberg; mittelhochdeutsch s > slowenisch ž (bis etwa 1350), daher slowenisch Možberk für Moosberg, -burg, Žingarica für Singerberg; bairisch p- (geschrieben b- und p-) wird im Slowenisch meist mit p- wiedergegeben, z.B. Pliberk „Bleiburg“ sowie slowenisch Poden aus deutsch Boden.

Ferner ist ein Schwanken beim Anlaut h- (wie auch in anderen südbairischen Mundarten) zu beobachten, z.B. deutsch Augsdorf neben Hausdorf, letzteres slowenisch Uha ves, oder slowenisch Harnek neben Arnek „Ehrnegg“ (s.u.). – Ein Problem sui generis ist die Schreibung von deutsch -berg / -burg im Slowenisch als    -berg oder -berk. Für „Bleiburg“ hat sich Pliberk durchgesetzt (vgl. Ein­woh­nername Pliberčani). Sonst müsste (meist) slowenisch -berg geschrieben werden, z.B. Slovenji Plajberg „Windisch Bleiberg“ (die Einwohner heißen Plajberžani: im Slowenisch wechseln bekanntlich k ~ č und g ~ ž, obwohl slowenischerseits die Schreibung -berk bevorzugt wird (z.B. Slovenji Plajberk, Vernberk „Wernberg“ usw.), sodass sich in jedem Verzeichnis gemischte Schreibungen ergeben.

Morphologisch fallen unter den Siedlungsnamen drei Typen besonders auf:

(1)   slowenisch -iče: Dieser Typus (mit der Nebenform -ov-iče) geht auf ein gemeinslaw. *-itje zurück, das im Alpenslawischen bzw. Frühslowenischen    -ik’e (-ovik’e) gelautet haben muss, wie man aus zahlreichen deutschen Namensformen erschließen kann, z.B. Förk (< *Borik’e), Radweg (aus *Radovik’e). Sie sind noch, bevor k’ im Slowenischen zu č geworden ist, ins Deutsche entlehnt worden, im Gegensatz etwa zu Tschachoritsch, das bereits eine slowenische Lautung Čahor(i)če wie auch heute Bor(i)če, Radoviče voraussetzt. Es handelt sich dabei um ein patronymisches Suffix, das teils an Personennamen tritt, etwa Radoviče (urspr.) „Leute des Rado (o.ä.)“, teils Einwohnernamen bildet, wie Boriče „Leute am Föhrenwald“. In den deutschen Namen ist es bei früher Entlehnung als    -(i)k, -ig bzw. -weg übernommen oder auch durch -ing ersetzt worden (z.B. Tigring zu slowenisch Tigrče, mundartlich Tigriče). Besonders häufig war dieser Typus im sogenannten „Kroatengau“ im Glantal und Krappfeld: im Zentrum lag der Ort des Ban (Faning / Baniče), im Umkreis an die 40 dem Terrain angepasste Siedlungen

(2)   slowenisch ves (bzw. vas)   /  deutsch -dorf: meistens handelt es sich hier um Ableitungen von Personennamen, also dem Namen der Person, die mit der Gründung des Dorfes in irgendeiner Weise verbunden ist; sie liegen in der mittelalterlichen Großkolonisation (vor 1100) begründet und stellen einen althochdeutschen Benennungstyp mit seiner slowenischen Entsprechung dar. Die sind alle nach dem selben Muster gebildet: im Deutschen sind sie Komposita, im Slowenischen Syntagmen aus einem Personennamen + Possessivsuffix (meist -ja, Femininum zu maskulinen Bildungen auf  -ji) + ves (fem., mundartlich für vas) wie z.B. Dobrla ves (mundartlich Dobrolja bzw. Dobrilja ves, zum Personennamen Dobrilo), deutsch Eberndorf.

(3)   slowenisch -je  /  deutsch -(j)ach: Diese Namen sind gekürzte gemeinslawische Bildungen auf -jane bzw. -’ane; im Lokativ Plural -achъ ist   -an- schon früh ausgefallen, daher wurden sie als -ach ins Deutsche entlehnt. Der Nominativ Plural auf -je ist eine slowenische Neubildung; daneben existiert die längere Form als -(j)ani als produktive Bildung von Einwohner­namen bis heute weiter (z.B. Bistričani „die Einwohner von Feistritz“) und relikthaft in mundartlich Siedlungsnamen (z.B. mundartlich Glinjani statt Glinje „Glainach“). Auch der Typus -je, deutsch -ach bezeichnet ursprünglich Einwohnernamen, meist von topo­graphischen Bezeichnungen wie z.B. Borovlje „Ferlach“ = „Leute am Föhren­wald“. Bezüglich der Namen auf -ach zeigen die Verzeichnisse, dass die Übernahme des Lokativ Plural von Einwohnernamen, die gleichzeitig Ortsnamen sind, außerordentlich beliebt ist, z.B. Gorje, älter Gorjane, Lokativ Plural Gorjah > deutsch Göriach. Solche Namen sind bis etwa 1300 gebildet worden, später wird das Morphem -ani (umgeformt aus altem -ane) nur noch zur Bildung von Einwohnernamen selbst, nicht auch von Siedlungsnamen, verwendet (z.B. Sele : Selani [davon auch deutsch Zellaner], Pliberk : Pliberčani). Manchen Lokativen liegen allerdings keine Einwohnernamen zugrunde, z.B. Sabuatach = Zablate. – Doch nicht jedes -ach repräsentiert einen alten Lokativ Plural. Ein Einzelfall ist Villach / Beljak (< keltoromanisch *Biliakom), ein weiterer Einzelfall dürfte Vellach sein, das (allerdings nur als Gewässername) deutsch Ache enthält. Ein „falsches“ -ach liegt in Pudlach (slowenisch Podlaz, etwa „Unterraut“) vor, ein weiteres -ach kommt nur in der deutschmundartlichen Form vor (Peckach statt amtlich Pöckau für slowenisch Peče „Ort am Felsen“). Pernach ist amtlich verschrieben für Pernaich „Bäreneiche“ (slowenisch Podobje, eigentlich „bei der Eiche“ neben anderen Bezeichnungen), ferner mundartlich Possach „Possau“; vgl. auch Friedlach (< Friedl-aich). Relativ häufig kommt auch das alte bairische Kollektivsuffix -ach (aus ahd. -ahi) vor, das in der Kärntner Mundart noch lebendig ist (z.B. Kräutlach „Kräuter“, Angeziagach „Kleidung“ usw.), und zwar in den Übersetzungsnamen

Dornach / Trnje

Erlach / Olšje bzw. Zavolšje

Haslach / Lešje bzw. Lisje

Haidach / Vrese bzw. Vreze.

 

4. Steiermark und übriges Österreich

Zum Abschluss ein Blick in die Steiermark. Auch die Landeshauptstadt Graz, urkundlich 1128 Gracz, 1130 Graetz, 13./14. Jhdt. auch Bairisch-Graz (im Gegensatz zu Windischgraz bzw. -gräz / Slovenj Gradec im heutigen Slowenien). Zu slowenisch gradec „kleine Burg“, alt *gradьcь; mit Umlaut > Gräz bzw. mundartlich zu Graz (der Lautwandel mhd. ä [Sekundärumlaut] > a typisch bairisches Charakteristikum, vgl. narrisch, Bandl „Bändchen“, i war „ich wäre“, i tat „ich täte“ usw.). Ein slawisches Muster bei Gewässernamen finden wir u.a. bei Mur / Mürz (slawisch Mura / *Murica), vgl. in Kärnten Möll / Mallnitz, Gurk / Görtschitz, in Russland Don / Donec, in Slowenien Sava / Savinja usw.: vom Hauptfluss wird mit einem Wortbildungselement (meist Verkleinerung) der Name des Nebenflusses abgeleitet, die Mürz war also ursprünglich die „kleine Mur“.  

Weitere slawische Ortsnamen z.B. Leoben: 9-11. Jhdt. Liubina, 1130 Leuben usw., wohl zu einem slawischen Personennamen mit Ljub- „lieb“, eventuell auch ein alter Gewässername wie Lippe, Luppe, Lofer, slawisiert ljub- wie u.a. Ljubljana, gelegen an der Ljubljanica (ber deutsche Name Laibach ist anders zu deuten, er klingt nur zufällig ähnlich). Ein steirischer „Kroatengau“ (s.o.) bestand um Fohnsdorf: im Zentrum lag der Ort des Ban (wie in Kärnten Faning / Baniče), im Umkreis mehrere dem Terrain angepasste Siedlungen (Namen auf -(ov)ik’e wie Zeltweg, Massweg usw.), in der Nähe war Kraubath an der Mur (wie in Kärnten Krobathen, das den Kroaten-Namen direkt reflektiert).

Der größere Teil des österreichischen Gebietes, das einen höheren Anteil von Namen slawischer Herkunft hat, liegt eher im Süden. Die Sprachformen, die wir hier finden, erinnern in vielem an die Sprache der altslowenischen „Freisinger Denkmäler“, die das älteste Schriftstück aus der Zeit der Christianisierung der Slawen in lateinischer Schrift sind. Es erhebt sich nur die Frage, wo im Norden die Grenze verlaufen ist. Diese dürfte ungefähr mit der Ausdehnung des alten Karantanien deckungsgleich gewesen sein. Als Grenzpunkt wird 1186 Karintscheide genannt (zwischen Hollenstein a.d. Ybbs und Gaflenz) sowie südlich davon Prietal (südöstlich von Bad Aussee) und östlich an der Kleinen Erlauf Brettl(bach) (beide zu prědělъ, s.u.). Der größte Teil von Niederösterreich gehörte jedenfalls nicht dazu, was auch dadurch unterstrichen wird, dass typisch westslawische Wortformen und Lautungen in diesem Bundesland häufig sind, typisch alpenslawisch-slowenische nur selten. Auch Wörter wie gazъ (in prě-gazъ ‘Übergang’, ein nur im Südslawischen vorkommendes Wort, im Bergnamen Pyhrgas bei Spital am Pyhrn, urkundlich 1650 Pürgas) und gričь (‘Hügel, Steile, Anhöhe’, alte, nur im Südslawischen begegnende Ableitung von gora, s.u., z.B. Gritsch [T], Gritschbühel [S], Gritschenberg [St], Bergnamen) weisen in den Süden. In Niederösterreich finden wir eher westslawische, dem Tschechischen nahestehende Wortformen.

Auch das Burgenland kennt – wie Kärnten – bodenständige Namen einer sprachlichen Minderheit, hier kroatischer Herkunft. Die kroatischen Namen des Burgenlandes sind z.T. aus dem Deutschen übernommen, wie z.B. Vorištan < Hornstein oder Štikapron < Stinkenbrunn (heute: Steinbrunn). Manche Namen sind älter slawisch wie z.B. Uzlop ‘Oslip’ über ungarisch Oszlop aus slaw. za + stъlpъ ‘hinter dem Turm’. Viele Namen sind aber auch kroatische Benennungen wie z.B. Stinatz, kroat. Stinjaki (zu mundartlich stina ‘Wand, Mauer’) oder (Ober-) Podgoria, kroat. Podgorje (‘Unterbergen’) sowie Übersetzungen, wie Neuberg, kroat. Nova Gora oder Neudorf, kroat. Novo Selo, so auch beim Namen der Landeshauptstadt Željezno ‘Eisenstadt’.

Einige Namen von Wiener Bezirken und Bezirksteilen slawischer Herkunft: Währing (ursprünglich Gewässername, < *varika etwa ‘Wasserschwall’ zu slaw. varъ), Döbling (< *topl’ika zu slaw. *topl’- ‘sumpfige Stelle’),  Liesing (< *lěsьnika ‘Waldbach’ zu slaw. lěsъ ‘Wald’), Lainz (vom slaw. Lokativ na lÜncě ‘auf der Wiese’), Stammersdorf (enthält den slawischen Personennamen Stojmir). – Wien selbst heißt in slawischen Sprachen recht verschieden: im Slowenischen Dunaj (nach der Donau), im Tschechischen Víděň, Slowakischen Viedeň, Polnischen Wiedeń (reflektiert altes *Veid(i)nia ‘Waldbach’, worauf auch althochdeutsch Wienna zurückgeht), während serbisch und kroatisch Beč aus dem ungarischen Bécs stammt (unklarer Bedeutung). Das Russische hat die französische Form Vienne übernommen: Вена bzw. Vena [wjena], während das Ukrainische ähnlich wie das Polnische Відень bzw. Videń verwendet.

Namen auf -itz (-nitz), mundartlich vielfach -itzen, gehen auf das slawische Flur- und Gewässernamen bildende Element -(n)ica zurück, wie z.B. Gablitz < *Jablica (zu slaw. jablo ‘Apfelbaum’, N) oder Ribnica ‘Fischbach’ (s.u.) bzw. Mallenitzen (zu slow. malina ‘Himbeere’, K). Aber nicht alle auf -itz endenden Namen sind slawischer Herkunft, so sind Scharnitz (T) und Kolbnitz (K) vorrömische Namen. Ähnlich ist es bei -ach: im Osten und Südosten Österreichs sind es vielfach Lokative slawischer Einwohnernamen wie z.B. Friesach < slaw. *pri brežachъ ‘die am Abhang wohnen’, aber es kann auch das Gewässernamen bildende deutsche ‘Ache’ sein wie Schwarzach, Salzach oder Mischnamen wie Vellach oder Pielach (beide slaw. bělъ ‘weiß’ + -ach ‘Fluss’). Dazu kommt noch das bairisch-österreichische mundartliche -ach (wie Haslach ‘Haselstaudengegend’, Erlach ‘Erlengegend’) sowie romanisch -acum wie in Villach (slow. Beljak).

 

 

Einige slowenische (slawische) Wörter und damit gebildete österreichische Orts-, Berg- und Gewässernamen

(es werden die Namen entweder in slowenischer Orthographie

oder in ihrer gemeinslawischen Form angeführt)

 

bel       ‘weiß’: zunächst in Gewässernamen, z.B. slow. Bela / dt. Vellach (bei Eisenkappel, K; deutsch -ach ist hier < Ache), es ist also der Orts- aus dem Gewässernamen hervorgegangen, weiters in Anwohnernamen wie z.B. Obervellach (K, der zugehörige Bach heißt heute anders). Ein Bergname ist Bielschitza, slow. Belščica, eigentlich ‘Alm der Ortschaft Koroška Bela / Karner Vellach (heute Slowenien)’.

bister   ‘schnell, reißend; hell, klar’, zunächst in Gewässernamen, slow. Bistrica > Feistritz, sehr häufig in Österreich, über 20× als Siedlungsname, insgesamt über 40 Objekte, da ja viele Ortschaften den Namen vom fließenden Gewässer, an dem sie liegen, führen.   

blato   ‘Sumpf, Morast; Mooswiese; sumpfiger Laubwald’, dazu z.B. Flattnitz (2×, K), Anwohnername blače, z.B. Flatschach (6×, K, S, St), Hofnamen Blatnik ‘Moser’, Sablatnig bzw. Zablatnik ‘Hintermoser’. Im frühen Slawischen lautete das Wort  *bălt-, worauf die Namen Palten (St) oder Palt (N) beruhen.

bor      ‘Kiefer, Föhre’ (mit zahlreichen Ableitungen), z.B. Ferlach, slow. Borovlje (Einwohnername, K), Worunz, slow. Borovnec ‘Föhrenwald’ (K); Vorau (St); der Gewässername Borovnica ‘Föhrenbach’ wurde über urkundlich 11./12. Jhdt. Foruniz fluvius teilübersetzt als *V(o)röu-bach und weiter zu ‘Freibach’ volksetymologisch (wegen des freien Fischfangs) umgedeutet; auch die Ortschaft heißt Freibach, slow. Frajbah  (auch Borovnica).

brdo    ‘Berg, Anhöhe, (mundartlich:) Egg / Eck; Bachsteg’, z.B. slow. Brdo für ‘Egg (im Gailtal)’, Werda (K),  Ableitung brdnica in slow. Brnca für ‘Fürnitz’, etwa ‘Stegbach’ (K); weiters Afritz < *za-bьrd-ьce ‘Hinterberg’,  hinter Verditz < *bьrdьce, von Südosten aus gesehen, gelegen (beide K). Auch  im Bergnamen Pyhrn(pass, auch Pass Pyhrn, O/St) (urkundlich 1146 Pirdine, 1239 mons Pyrdo, 1265 mons Pirn) < *bьrdina und Birnig (T) < *bьrdьnikъ.

breg     ‘Ufer, Böschung, Abhang, Rain’, z.B. Frög (K), die meisten Namen aber vom Anwohnername breže, z.B. Friesach (K, slow. Breže), Hofname Brežnik ‘Rainer’. Die frühere slawische Lautung (*berg-) liegt in Virgen (Osttirol) vor, davon abgeleitet Firschnitz-alm, -kees und -scharte. Sonst ist in eingedeutschten Namen die Ableitung brežn- von brezn- ‘Birken-’ (folg.) nur schwer zu unterscheiden.

breza   ‘Birke’ (Anwohnername brezje, Hofname Breznik ‘Birker’, Gewässername breznica ‘Birkbach’ und weitere Ableitungen), z.B. Fresach, Fresnach, Fresen (K); Freßnitz (K, St). In Bergnamen: Presen (St) < *brězina oder *brězьna; desgleichen Pressen (K/St); Fressenberg (St, urkundlich 1147 alpis Frezen) wie vor.; Freßnitzkogel und Ortsname Freßnitz < *brězьnica (St) und Preßnitzalm zum Ortsnamen Preßnitz (St, wie vor.); Friesingwand (St); Frießkogel (St); Friesling (St, urkundlich 1454-64 Friesen, dazu Hofname Ober-/Unterfriesinger): wie Fresen; Friesling (N) < *brězьnikъ etwa „Birkkogel“.

dělъ     ‘Berg(rücken), Gebirgszug’, prědělъ ‘Pass, Wasserscheide’, z.B. Predl (K) und Predlitz (St); das Wort prědělъ konnte oft auch ‘Grenze’ bedeuten und markierte 5 oder 6× die Grenze des alten Karantanien: Brettl(bach) (N), Predil (an der Grenze zwischen Slowenien und Italien), Prietal (St) usw. Weiters Brettl (N, urkundlich 1220-40 Predel); Pretal (St), Pretalsattel, -berg (beide St).

dol       ‘Tal’, dolina ‘breites Tal’: davon abgeleitet Einwohnernamen wie slow. Dolje oder Dole > ‘Dollich’, ‘Dullach’, ‘Dellach’ (alle K), Döllach (K, St), Dölla (N); auf dem Einwohnernamen zu dolina beruht slow. Dolinčiče > dt. Dolintschach und Dolintschitschach (beide K), das Grundwort im Ortsnamen Dolina (K), slow. Vodołnica (Vodenica) ‘Wandelitzen’ geht auf die Ableitung gemeinslaw. *vÜ-dolъ ‘Tal, Niederung, Grube’ zurück; in Pessendellach liegt slow. Pesje dole ‘Hundstal’ vor (oder dt. böse?); slow. Skočidol (‘spring hinunter’, wegen des Geländes) wurde im Dt. volksetymologisch zu ‘Gottestal’ umgedeutet.

gol       ‘kahl, nackt’, v.a. in BN: Hochgolling (S/St) < *golьnikъ ‘Kahlenberg’; Gollingspitze (St) wie vor.; Goliberg (-höhe) / Goli vrh (K), im Dt. Teilübersetzung; Gölk, Hoch- (St) *golikъ; Gölk, Hoher (St) wie vor.; Göller (N) < *golikъ oder *golakъ/*gol,akъ ‘Kahlenberg’; Golz / Golec (K) < *golьcь ‘Kahlenberg’; Golz-Alm (S) wie vor.; Kahlkogel (früher Golitza) / Golica (K) < *golica  ‘Kahlenberg’, ins Dt. übersetzt.

gora    ‘Berg, (Berg-)Wald’ mit zahlreichen Ableitungen, wie gorica ‘kleiner Berg, Bühel (Bichl)’, z.B. Göritz (K, St, O); goričica ‘Hügel, kleiner Bühel (Bichl)’, z.B. Goritschitzen (K), medgorje ‘Zwischenbergen’, z.B. Mieger (K), zagorje ‘Hinterbergen’, z.B. Sager(berg), Saager (K), podgorje ‘Unterbergen’, z.B. Pogöriach (K), Begöriach (S) usw.  Göriach / Gorje ‘(bei den) Bergler(n), Bergbewohner(n)’ (in Österreich gesamt 10×, Einwohnername zu slow. gora), Goritschach / Goriče ‘(bei den) Bichlern’ (6×, Einwohnername zu slow. gorica ‘kleiner Berg, Bühel, Bichl’, wegen des im Deutschen unterbliebenen Umlautes erst nach 1300 eingedeutscht), Görtschach / Goriče (Österreich gesamt 7×, wie vor., jedoch vor 1300 eingedeutscht), (mit anderer Wortbildung) Gorintschach / Gorinčiče (2×) sowie Gorentschach / Gorenče, Gurtschi­tschach / Gorčiče (Einwohnername zu goričica, s.o.).

grad    ‘Burg’, Gradnitz (K), Granitztal (K, eigentlich ‘Burgental’); gradec ‘kleine Burg’, bekanntester Name Graz, Landeshauptstadt der Steiermark, Gradenbach (2×, St), Gradnitz (N).

holm   ‘Hügel, Bergkuppe’ (mundartlich ho(ł)m, hum): Verkleinerungsform holmič, holmec, z.B. slow. Zahołmec (Zahomec) > ‘Achomitz’ = ‘hinter dem Hügel’ (K). Kolm / Kulm als Berg- und Siedlungsname mehrmals (K, St, O, N); als Bergname u.a. Kolmnock (K), Kulmkogel (St), Kulmspitze (O).

javor    ‘Ahorn’ (älter *avorъ), v.a. die Ableitung javornik (älter *avorьnikъ) ‘Ahorngegend’,  z.B. Arnig (T) und Auernig (K), beide frühentlehnt gegenüber Jauernigg (Hofname, St) oder Jauring (St), Jaudling (N) und Jauerling (Bergname, N).

ledina ‘brach liegendes Land, Brache’, mundartlich ladina, dazu der Familien- und Hofname Ladinig; in Siedlungsnamen wie Ledenitzen, Ledinach, Ladinach, Ladein, Lading (K), Lateinbach, -dorf, -berg (St). – Der Anklang an Latein und Ladiner ist rein zufällig.

les       ‘Wald, Holz’, Anwohnername lešje ‘Waldbewohner’, z.B. Lesachtal (K, T), Lessach (K, S, St), Leßnig (K), Liesing (W). – Liesing (St) beruht auf slaw. *lěsъka ‘Haselnuss’, Liesing (im Lesachtal, K, urkundlich 1337 Luesnich) eher auf slow. luža ‘feuchte Stelle, Pfütze’.

lipa     ‘Linde’, Hofname Lipnik; in Siedlungsnamen wie Lipizach, Lipitzbach, Lippendorf (alle K), Leibnitz (St).

loka     ‘(feuchte) Wiese’, älter *lÜka (mit Nasalvokal); Lang (2×,  K), Langen (K), Laing (St), Lang (St), ohne Nasalvokal z.B. Laak (K). S.o. Lainz.

pleš, pleša ‘kahle (baumlose) Stelle’, z.B. Plöschenberg, slow. Plešivec, das ist plešivec ‘kahler Berg bzw. Ort’ (dazu Familien- und Hofname Pleschiutschnig, slow. Plešivčnik), davon auch ein Verbum plesti ‘roden’ < ‘kahl schlagen’, wovon Plešišče ‘Plaschischen’ (K, Keutschach). Häufig in Bergnamen: Plesch (2×) und Pleschberg (beide St); Plosch(kogel) (Aussprache [pleiš], St); Pließalm (K); Pleschiwetz (auch Kahler Berg) / slow. Plešivec (K); Pleschaitz (St); Pleschnitzzinken und Flurname Pleschnitz(alm) < *plěšьnica ‘kahle, gerodete Stelle’, Pleßnitzenkopf und Flurname Ober-/Unterpleßnitz, wie vor. (beide St); Plöschen (der) (K).

 polje   ‘Feld, Ebene’, poljana ‘Flachland, Ebene’: in vielen Ortsnamen im ganzen Bundesgebiet, z.B. Pölling (K, O); Pölla, Pölland (beide K); Pöllaberg, Pöllau (beide St); Pölla, Pöllau (beide N). Einwohnernamen zu dobro polje sind  Drobollach, slow. Drobolje und Tröpolach, slow. Dropole, etwa ‘Gutenfeld’ (beide K).

raven   ‘eben, glatt’, ravna ‘kleine Ebene’, Anwohnername ravnje; Raun, Rauna, Raunach (K). Als Hofname Rauner, Raunjak, Raunikar usw. ‘Ebner’, slow. Ravnjar, Ravnikar, Ravnjak, gelegentlich geht auch der Hofname Rainer darauf zurück (urkundlich 1285 Reune, 15. Jhdt. an der reẅnn bei Hochosterwitz, was auf ein altes *Räune hinweist.

reka     ‘Fluss, Bach’, z.B. Reggen (K), Riegerbach (K); dazu auch die Verkleinerungsform rečica, wovon Rotschitzen (K), Rödschitz (St) und Retz (N). Weiters der Anwohnername slow. poreče ‘die am Bach, Fluss wohnen’, z.B. Pörtschach (3× K, 1× St).

riba     ‘Fisch’, ribnica (älter rybьnica, -ьnika) ‘Fischbach’; z.B. Reifnitz (K), Ribnitza (K), (Groß-, Klein-) Reifling (St bzw. O).

selo     ‘Dorf, Siedlung’: davon Einwohnername selje in slow. Sele ‘Zell’ (einzige rein slowenische Gemeinde Österreichs), in Kärnten 3× Zell. Zahlreiche Ortsnamen mit Zell gehen darauf zurück, aber keineswegs alle, wie z.B. Mariazell (einst Mönchszelle). – Da selo auf älteres *sedlo zurückgeht, finden sich auch Belege mit dl, z.B. Zerlach (urkundlich 1265 Cedlach, Zedlach, St); Ober-/Unter-Edlitz (urkundlich 1136 de Cedelz, 1230/1400 Edlicz, N). – Daher ist es manchmal nicht klar von

sedlo  ‘Sattel’ (älter *sedъlo) zu trennen, z.B. in Osttirol Zedlach (urkundlich 1022-39 Cetulic < slaw. *sedъlik’e [Einwohnername] ‘die am Sattel wohnen’), Zettalunitzkees (Venedigergruppe, < slaw. *sedъlovьnica ‘Sattelkees, der vom Sattel herunter­kommende Gletscher’); weitere Beispiele u.a. Zitoll (St), Selzthal (urkundlich 1080 Edilts(c)ach, 1100 Cedelse, St), Zettelbauer (Hofname, St).

suh      ‘trocken, dürr’, suha ‘Dürrenbach, Bachbett ohne Wasser’ > mundartlich Zauchen in vielen Ortsnamen (K, S, St).

 

 

 

Slawische Ortsnamen in Österreich (nach Otto Kronsteiner)

 

Abkürzungen (außer „...isch“ fehlt): dt. deutsch, K Kärnten, N Niederösterreich, S Salzburg, slow. slowenisch, St Steiermark, T Tirol (meist Osttirol).

 

 

 

Bearbeitet nach der Druckfassung eines Vortrages in Graz, Urania 13.2.2002

sowie nach einem Manuskript für  tribüne“ 1/2003 (Zeitschrift für Sprache und Schreibung, Wien)

 

© H.D. Pohl