Diana zu Pferd, 1908

Diana zu Pferd, 1908

In: Jagdzeit. Österreichs Jagdgeschichte. Eine Pirsch. Katalog der Ausstellung in der Hermesvilla im Lainzer Tiergarten vom 28. März 1996 bis 16. Februar 1997. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. 209. – Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1996. 356. 8°. Objekt-Nr.: 18.16, S. 354.

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Leihgeber: Niederösterreichisches Jagdmuseum (Marchegg, Niederösterreich)
Diana zu Pferd, 1908

© Niederösterreichisches Jagdmuseum


Kaspar von Zumbusch (Herzebrock 1830-1915 bei Prien/Chiemsee)
Bronze, patiniert, Höhe 250, Sockel 211,5 x 66,5 x 5
Bezeichnet am Sockel: C. v. Zumbusch / fec. 1908
Arnold Bohlen-Halbach
Gedenktafel: Leihgabe von Arnold Bohlen-Halbach an das Niederösterreichische. Jagdmuseum Marchegg in Erinnerung an Arthur Krupp, Berndorf

Im Mai 1907 schrieb Arthur Krupp eine Konkurrenz zur Figur einer Diana aus. Sie sollte in der Nähe seines Hauses in Berndorf am Waldrand vor den Föhren des südlichen Wienerwaldes Aufstellung finden. Der Auftrag ging an den siebenundsiebzigjährigen Zumbusch, den Krupp besonders schätzte. Studien für das Pferd machte der Künstler in den Hofstallungen und verwendete, wie seine Enkelin, Maria Kolisko berichtet, für die Fertigstellung des Modells zwischen November 1907 und Mai 1908 nicht weniger als zwölf Ballen Ton. Im Juni desselben Jahres erfolgte der Guß in Berndorf. Die fertige Skulptur wird ohne Sockel so aufgestellt, daß der Eindruck entstehen soll, daß die Göttin der Jagd wirklich aus dem Dunkel des Waldes kommt. Im April 1909 beschließt das Komitee der Internationalen Jagdausstellung, bei dem Krupp als einer der Vizepräsidenten fungiert, die Diana auf der Ausstellung zu präsentieren. Sie findet am Beginn der Festallee gegenüber dem Teich Aufstellung und dient darüber hinaus auch als Vorlage für das Plakat. Außerdem ließ Krupp von der Figur Bronzereduktionen anfertigen, von denen Zumbusch eine erhielt. Die Darstellung einer Diana zu Pferd ist eher ungewöhnlich und geht, nach Kolisko, auf den persönlichen Wunsch des Auftraggebers zurück. In der Antike wird sie zu Fuß dargestellt, als Reiterinnen ausschließlich die Amazonen. Dieser Darstellungsmodus wird im allgemeinen auch seit der Renaissance beibehalten. Für den Oberkörper der Diana hat Zumbusch auf einen Typus zurückgegriffen, der uns durch die sogenannte Diana von Versailles des Louvre erhalten ist. (Das Original stammt aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und ist wahrscheinlich vom Bildhauer Leochares. Siehe auch "Kaiserin Eleonora Gonzaga als Diana in der Rast") Von hier hat er den Kopf und die Stellung der rechten Hand, die über die Schulter nach dem Köcher greift, übernommen. In die Linke hat Zumbusch der Göttin einen Bogen gegeben, da die Diana von Versailles im Vorwärtsschreiten diese auf den Kopf eines Hirsches legt, was bei einer Reiterfigur nicht gemacht werden konnte. Das Pariser Vorbild ist oftmals in Malerei und Bildhauerei kopiert und variiert worden. Ein deutsches Beispiel, das Zumbusch vielleicht kannte, ist eine Bronze des frühen 19. Jahrhunderts im Park von Schloß Altenstein in Thüringen, oder Sir William Hamit Thornyats Artemis von 1880, die aber an Stelle des Hirsches einen Hund an der Leine führt. 1895 hat Louis Tuaillon (1862-1919), ein Berliner Bildhauer, eine Amazone zu Pferd fertiggestellt. Sie trägt ein chitonartiges Gewand, ähnlich wie die Diana von Zumbusch, und steht ihr in ihren klassizisierenden Tendenzen auch sonst recht nahe. Die Gruppe von Tuaillon, die in Berlin bei ihrer Präsentation ziemliches Aufsehen erregte, ist in dem Stil gehalten, wie er im Kreis von Adolf von Hildebrand (1847-1921) und Hans von Marées in Italien entwickelt worden war. Auch im Wien der Jahrhundertwende gab es Tendenzen, die in diese Richtung weisen: "Wie alle atheistischen Aufstände, so hat auch der Naturalismus unserer Kinderjahre ein schnelles Ende genommen", heißt es in einem Artikel "Über die Wiedergeburt des Monumentalen". Eine Neubesinnung auf die Kunst der alten Griechen war angesagt. Zumbusch war niemals gerade modernen Stilrichtungen gefolgt, Zeit seines Lebens hatte er sich in seinen Werken vor allem auf die grundlegenden Probleme der Statuarik und ihrer artgerechten Umsetzung in Stein und Metall konzentriert. Am Ende seines Lebens findet er in der Figur seiner Diana durch die Wiederbesinnung auf die klassische Skulptur der Griechen zu einer zeitlosen Formulierung. Zumbusch entwarf auch die Figur der Diana auf dem Jagdwagen des Festzugs von 1879.


Selma Krasa

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Literatur: Roben BREUER, Die Wiedergeburt des Monumentalen. In: Deutsche Kunst und Dekoration. Illustrierte Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst und künstlerische Frauenarbeiten 12 (1910/11).
Maria KOLISKO, Caspar von Zumbusch (Zürich, Leipzig, Wien 1931), S. 105-107.