DAMALS:
Kleidung im alten Rom |
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Unter
dem Titel Hosen trugen nur die Barbaren beschrieb Ulrike de Vries
in DAMALS (11/94) die Kleidung im alten Rom. Was ziehe ich heute
an? Diese Frage bewegte die Menschen im alten Rom ebenso wie in unserer
Zeit. Doch anders als heute unterlagen die Römer bei der Auswahl
ihrer Kleidungsstücke nicht so sehr dem Diktat der Mode als vielmehr
Beschränkungen, die ihnen durch die Standeszugehörigkeit auferlegt
waren. Selbst die Farbe der Kleider war festgelegt.
DAMALS:
Kleidung im alten Rom
"Kleider machen
Leute" - gewiß, überall auf der Welt, doch nicht in Rom! Niemals
konnte eine freigelassene Sklavin, eine "libertina", hoffen, und mochte
sie zu noch soviel Geld und Gut gelangt sein, ja mochte sie an Besitz
eine römische "matrona" noch übertreffen, mochte sie gebildet
sein und die gepflegtesten Umgangsformen besitzen - niemals konnte eine
"libertina" hoffen, für eine freie römische Bürgerin gehalten
zu werden. Das verhinderte ein Gewand, das zu tragen allein der "matrona",
der mit einem römischen Bürger, einem "civis Romanus", in rechtmäßiger
Ehe zusammenlebenden freien Frau, die das römische Bürgerrecht
besaß, vorbehalten war: die Stola. Die Stola wurde ursprünglich
einfach "vestis longa", "langes Kleid", genannt. Sie kennzeichnete bereits
im 2. Jahrhundert v. Chr. ihre Trägerin als in Ehrbarkeit
und ehelicher Treue lebende, freie römische Bürgerin. Sie bot
in augusteischer Zeit kraft ihrer Funktion als Standestracht Schutz vor
Zudringlichkeiten in der Öffentlichkeit. Und sie schützte im
Fall einer öffentlichen Anklage vor peinlichem Verhör, körperlicher
Züchtigung und entehrenden Formen der Todesstrafe. So nimmt es nicht
wunder, daß die Stola bei den "meretrices" (Dirnen), den "libertinae"
(Freigelassenen) und den "peregrinae" (Ausländerinnen bzw. Nichtbürgerinnen)
als begehrenswertes Kleidungsstück galt. Rechtmäßig tragen
durften sie die Stola nur im Fall der Heirat mit einem "civis Romanus".
Solche Heiraten wurden aber unter Kaiser Augustus 18. v. Chr.
per Gesetz verboten.
Darüber
hinaus bot die Stola auch in eher privater Sphäre Schutz, wo er vielleicht
nicht immer ebenso willkommen war - verwehrten doch "das ehrbar lange
Kleid, das bis zum Knöchel reicht, und der Mantel darüber" ("ad
talos stola demissa et circumdata palla") laut Horaz den unverhüllten
Anblick weiblicher Reize und schreckten damit den potentiellen Liebhaber
ab, der, häßliche Schenkel, Waden oder Füße fürchtend,
sich lieber Damen zuwandte, die im sogenannten koischen Gewand daherkamen.
Gewänder von der Insel Kos waren berühmt-berüchtigt; aus
hauchdünnen Seidenstoffen gefertigt, enthüllten sie mehr, als
daß sie verhüllten. Diese Gewänder waren die bevorzugte
Kleidung einschlägiger Damen.
Heute mag
uns, die wir nicht davor zurückschrecken, uns in Leggins und hautenge
Röhrenjeans zu zwängen, ein weit wallendes Gewand wie die Stola
angenehm und wünschenswert erscheinen. Die antiken Quellen jedoch
sagen etwas anderes. Die Stola muß ein recht unbequemes Kleidungsstück
gewesen sein. Bis auf den Boden reichend, Füße und Fersen bedeckend,
fiel sie faltenreich von den Schultern herab. Die sogenannte "Instita",
die aus Kordel-, Stoff- oder Lederbändern bestand, verband Vorder-
und Rückenteil miteinander. Instita und Stola ihrerseits waren meistens
mit einer Art Querriegel, einer Öse aus Metall, verbunden, um der
Nahtstelle zwischen Stola und Instita mehr Festigkeit zu verleihen. Natürlich
bot diese Öse aber auch die Gelegenheit, die Stola durch besonders
prächtige Exemplare zu verzieren. Die Stola selbst bestand aus einem
rechteckig geschnittenen Wollstoff, dessen Breite durch den Abstand zwischen
Schulter und Füßen der Trägerin bestimmt wurde. Die Weite
der Stola ergab sich aus der Länge der Stoffbahn, die je nach Mode
variierte. An der Breitseite wurde der Stoff nun zusammengenäht,
so daß eine Röhre entstand.
Am oberen
Teil wurde jeweils nach einem Drittel die Instita befestigt. Es entstanden
in der Mitte ein Loch für den Kopf, an den Seiten Öffnungen
für die Arme. Der obere Teil der Webkante der Stola wurde durch den
unteren Teil der Queröse nach innen gezogen und befestigt. Dadurch
entstanden bei dem nun fertigen Gewand die üppige Fältelung
sowie vorne und hinten der für die Stola typische V-Ausschnitt. Die
Stola konnte entweder gerade herabhängend oder aber gegürtet
getragen werden. Gegürtet wurde die Stola in der Taille oder unterhalb
der Brust.
Lästig
und unbequem war die Stola also. Nicht nur, daß sie ständig
von der Schulter zu rutschen drohte, sie war, da sie bis auf die Füße
herabreichte, ja diese zur Hälfte bedeckte, eine regelrechte Stolperfalle.
Gleichwohl war sie auch Standestracht, sichtbar an dem Purpurstreifen,
der ihren unteren Rand säumte. Als solche war sie besonders geeignet,
die altrömischen Tugenden, die Kaiser Augustus wiederaufleben lassen
wollte, zu propagieren: allen voran eheliche Treue, Wohlanständigkeit
und Ehrbarkeit, moralische Integrität, ein Leben ohne Anfechtung
und Tadel.
Das Propagieren
der Stola fiel zusammen mit der äußerst konservativen und rigiden
Heirats- und Ehegesetzgebung unter Augustus. Die römische Oberschicht
legte in dieser Zeit eine gewisse Unlust zu heiraten an den Tag. Wurde
diese auch ab und an überwunden, so hieß das noch lange nicht,
daß der Eheschließung auch der vom Staat erwünschte Kindersegen
folgte. Augustus, der nur Tuniken und Togen trug, die seine Gattin Livia
selbst hergestellt hatte, wobei sie sich wohl der Hilfe ihrer Sklavinnen
versicherte, gedachte diesem unhaltbaren Zustand durch eine Reihe von
Gesetzen abzuhelfen: Senatoren durften keine Freigelassenen oder Schauspielerinnen
heiraten; die Römer waren zu einer den Gesetzen entsprechenden Ehe
verpflichtet; frei geborene Frauen, die dreimal, Freigelassene, die viermal
geboren hatten, wurden von der Geschlechtsvormundschaft bzw. gesetzlichen
Vormundschaft befreit, während Ehe- und Kinderlose vor allem in Erbschaftsangelegenheiten
benachteiligt waren.
Durch das
Anlegen der Stola aber zeigte eine römische Bürgerin, daß
sie den kaiserlichen Vorstellungen einer untadeligen Ehefrau entsprach.
Gerne kann sie das stoff- und faltenreiche Gewand nicht getragen haben,
denn bereits Tiberius (14-37 n. Chr.), der Nachfolger des Augustus
auf dem Kaiserthron, sah sich genötigt, die römische Matrona
bei öffentlichen Auftritten zum Anlegen der Stola zu zwingen. Andernfalls
drohte strafrechtliche Verfolgung, wobei das Nichttragen des Gewandes
mit dem Ehebruch gleichgesetzt und auch so geahndet wurde: Es drohte die
durch den Ehemann zu vollziehende Todesstrafe oder doch die moralische
und soziale Deklassierung auf die Stufe einer Meretrix oder Libertina.
Öffentlich sichtbar wurde diese Deklassierung durch das Tragen der
"toga pulla", einer Toga von dunkler Farbe, im Gegensatz zur weißen
Toga des erwachsenen römischen Bürgers.
Die Toga ist
das römische Gewand schlechthin. Nicht wie die übrigen Gewänder
griechischen Ursprungs, sondern aus der etruskischen Frühzeit übernommen
und einst Männern wie Frauen als Tages- und Nachtbekleidung dienend,
avancierte sie zum Staats- und Amtsgewand des römischen Bürgers.
Sie wurde zum Inbegriff des Römertums. Vergil nannte die Römer
"die Herren der Welt, das Volk in der Toga"; Horaz sagt von einem seinem
Vaterland untreu gewordenen Bürger, er habe "die Toga vergessen".
Der in der Verbannung Lebende durfte sie nicht tragen, für den öffentlich
als Bürger auftretenden Römer hingegen war das Anlegen der Toga
Pflicht. Zu welch merkwürdigen Auswüchsen das führen konnte,
zeigt ein Zwischenfall vor Gericht, der sich während der Regierungszeit
Kaiser Claudius' (41-54 n. Chr.) ereignete. Ein Fremder war
angeklagt, sich zu Unrecht das Bürgerrecht angemaßt zu haben,
und Claudius verfügte nun, der Angeklagte habe während des Prozesses,
je nachdem, ob der Ankläger oder der Verteidiger spreche, die Toga
oder das dem Fremden zustehende und zur griechischen Tracht gehörende
"pallium" zu tragen. Die Toga war also für den "civis Romanus", was
die Stola für die römische Matrona war: Standestracht und unbequem.
Ein selbständiges
korrektes Anlegen des bis zu sieben Meter langen Gewandes war nicht möglich.
Selbst ein gegen jede Art der Eitelkeit gefeiter Beamter wie Lucius Quinctius
Cincinnatus, ein Vorbild römischer Einfachheit, bedurfte dabei der
Hilfe, die ihm allerdings nur seine Frau Racilia zuteil werden lassen
durfte. So geschehen, als er 458 v. Chr. vom Ackerpflug zur
Diktatur gerufen wurde und die diesbezüglichen Anträge des Senats
nur in der Toga anhören sollte. In republikanischen Zeiten noch leichter
zu handhaben, da enger anliegend, wurde die Toga unter den Kaisern mit
zunehmender Stoffülle immer länger, üppiger, aufwendiger,
komplizierter in der Anordnung der Falten und nicht nur durch ihr beträchtliches
Gewicht eine rechte Last.
Wie die Stola
erforderte sie ein gemessenes, würdevolles Einherschreiten, da sonst
ein Verrutschen des gesamten, nicht selten von eigens dazu ausgebildeten
Kleidersklaven kunstvoll arrangierten Gebildes drohte. Das Prinzip der
Drapierung blieb dabei immer gleich: Das segmentförmig geschnittene
Wolltuch wurde von der linken Zehe über die linke Schulter und den
Rücken quer unter der rechten Achsel über die Brust wieder über
die linke Schulter zur linken Ferse geführt. Dabei ruhte der linke
Arm wie in einer Binde, und so hatte der Träger der Stola links nur
die Hand frei, während der rechte Arm ganz frei war.
Die Grundfarbe
der Toga war Weiß. So trugen sie die Nichtbeamten, und die jungen
Männer nahmen sie als Symbol der Erlangung der Bürgerrechte
im Rahmen einer religiösen Feier zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr
entgegen ("toga pura" oder "toga virilis"). Sie legten dann die mit einem
Purpurstreifen besetzte Toga ("toga praetexta") der frei geborenen Kinder
ab. Die Söhne vornehmer Familien trugen zur Toga goldene Kapseln
("bullae") als Amulette um den Hals.
Ebenfalls
mit einem Purpurstreifen ("clavus") versehen war die Toga der curulischen
Beamten, die der Senatoren mit einem breiteren als die der Ritter. Daneben
gab es die schwarzgraue Toga der Trauernden, der Angeklagten, Libertinen
und Buhldirnen. Zu den triumphalischen Auszeichnungen für besondere
militärische Verdienste gehörte unter anderem die Erlaubnis,
eine purpurne, mit reichen Goldornamenten bestickte Toga zu tragen. Diese
edelste und teuerste Farbe des Altertums war früher die Farbe der
Könige gewesen, dann die der triumphierenden Feldherren und schließlich
die der Kaiser.
Bei einem
üppigen Festessen für Senat und Ritterstand verteilte Caligula
(37-41 n. Chr.) als besonderen Gunsterweis an die Männer Togen,
an die Frauen und Kinder aber Binden von dunkler und matter Purpurfarbe.
Nero (54-68 n. Chr.) war so sehr auf den Purpur versessen, daß
er dafür ein Staatsmonopol errichten lassen und die edle Farbe allein
dem Kaiserhaus vorbehalten wollte. In dieser Zeit war es für eine
römische Matrona nicht mehr ratsam, sich in der Öffentlichkeit
mit der purpurgesäumten Stola zu zeigen. Soll doch Nero, als er während
eines seiner öffentlichen Auftritte als Sänger eine vornehme
Frau mit dem verbotenen Purpur unter den Zuschauern bemerkte, nicht nur
ihr Kleid, sondern auch ihr ganzes Vermögen konfisziert haben.
In der Regel
also war das Staatsgewand des Römers weiß. Makellos sauber
und mit dem gehörigen Faltenwurf versehen, versprach es seinem Träger
einen feierlichen Auftritt. Ja, sein Ansehen stand und fiel mit Qualität
und Sauberkeit der Toga, die schnell verschmutzte und, da es keine Seife
gab, stets einem umständlichen Reinigungsprozeß unterzogen
werden mußte. Zu diesem Zweck brachte man sie zum Walker, dem "Fullo",
der nicht nur die frisch vom Webstuhl kommenden Stoffe färbte und
appretierte, sondern auch die getragenen Gewänder säuberte.
Dies geschah unter anderem mit Hilfe von Kreide, Soda, Essig, Walkerde
und Ammoniak, der aus Urin gewonnen wurde.
Viele Tuchwalker
hatten vor ihren Betrieben öffentliche Latrinen eingerichtet, um
so das für ihr Gewerbe kostbare Naß zu gewinnen. Vespasian
(69-79 n. Chr.) belegte sie dafür mit einer Urinsteuer
und hielt seinem Sohn Titus, der deswegen Bedenken äußerte,
ein Geldstück entgegen mit der Frage, ob es stinke. Als Titus verneinte,
gab er zur Antwort: "Und doch kommt es vom Urin." Die Schmutzempfindlichkeit
auf der einen, die Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit auf der
anderen Seite mögen einst zu folgendem Zwischenfall auf dem Forum
Romanum geführt haben: Bei einer Volksversammlung erblickte Augustus
eine nicht geringe Menge in den dunkelfarbigen Mänteln, denen die
Römer inzwischen den Vorzug gaben, da sie unempfindlicher und bequemer
waren. Unwillig rief er aus, indem er Vergils berühmten Vers zitierte:
"Sieh da! Römergeschlecht, die Beherrscher der Welt, und das Volk
in der Toga!" Sprach's und verfügte sogleich, zukünftig keinen
auf dem Forum und in dessen Nähe zu dulden, der nicht den Mantel
ablege und in der Toga erscheine.
Doch auch
die Dekrete späterer Kaiser - Domitian (81-96 n. Chr.)
machte das Tragen der Toga für den Theaterbesuch, Commodus (180-193 n. Chr.)
für den Besuch des Amphitheaters obligatorisch - konnten nicht verhindern,
daß die feierliche Toga allmählich aus dem Leben des Römers
verschwand. So konnte luvenal, ein römischer Satiriker, witzeln,
viele Bürger legten die Toga erst auf der Totenbahre an. Die Toga
wich dem bequemeren Pallium, dem weiten Überwurf der Griechen. Es
konnte, um die Schultern drapiert, in der Taille mit einem Gürtel
zusammen gehalten oder festgesteckt getragen werden. Ersatz für die
Toga bot auch die "paenula", ein rundes, geschlossenes Oberkleid mit einer
Kapuze und einem Loch, durch das der Kopf gesteckt wurde. Die Paenula
war beliebt auf Reisen oder in der Stadt bei sehr kaltem und nassem Wetter.
Auch Caligula, der in Kleidung und Schuhwerk nicht nach Herkommen oder
Mode ging, trug gerne eine bunt bestickte, mit Edelsteinen besetzte Paenula.
Für konservative Römer freilich war der Anblick von Landsleuten
in griechischer Gewandung eine Qual. Ein Kleidungsstück jedoch überließen
auch die unkonventionellsten Römer allein den Barbaren: die Hose.
Unberührt
von politischer Einflußnahme blieb das Gewand, das Frauen wie Männer
gleichermaßen, entweder als einziges Kleidungsstück oder unter
Toga bzw. Stola unmittelbar auf dem Leib, trugen, die Tunika. Sie war
das Hauskleid der Römerin, das Grundgewand des römischen Mannes,
das Arbeitsgewand der Sklaven und, gegürtet zusammen mit der "lacerna"
(einem mantelartigen Überwurf), auch das Grundgewand der Soldaten
Roms.
Die gesamte
ärmere Volksklasse sowie die Sklaven, für die die Tunika oft
das einzige Gewand überhaupt darstellte, wurden nach ihr benannt:
"tunicatus populus" - das Volk in der Tunika. Man unterschied zwei Arten:
Bei den Römern besonders beliebt war die sogenannte "genähte"
oder Hemdtunika. Ihre Breite maß die doppelte Schulterbreite, die
der Frauen reichte bis zu den Füßen, die der Männer bis
zum Knie. Daneben gab es die Tunika, die dem griechischen "Chiton" entsprach.
Sie bestand aus zwei senkrecht aneinandergenähten Rechtecken, deren
Länge über zwei Meter (je nach späterer Gürtung) und
deren Umfang ein bis vier Meter betragen konnte. Befestigt wurde diese
Tunika nur auf den Schultern mit Hilfe von Fibeln, wodurch Öffnungen
für den Kopf und die Arme entstanden.
Ursprünglich
trug man eine Tunika, später auch zwei: die untere "tunica interior"
oder "subucula" und die obere, die "tunica exterior". Der sehr kälteempfindliche
Augustus hüllte sich im Winter sogar in vier Tuniken. Die untere
Tunika konnte lange Ärmel haben ("tunica manicata"), galt jedoch
als Tracht der Ausländer und römischen Weichlinge. Fransen,
wie Caesar (100-44 v. Chr.) sie an seiner mit dem breiten Purpurstreifen
der Senatoren versehenen und ebenfalls langärmeligen Tunika zu tragen
pflegte, galten ebenso als "weibisch".
Caesar erregte
auch durch die lose Gürtung seiner Tunika die Gemüter, so daß
das Wort Sullas die Runde machte, die Aristokraten möchten sich vor
dem "schlechtgegürteten Burschen" in acht nehmen. Caligula schließlich
trug nicht nur die als weibisch verschrienen langen Ärmel, sondern
auch die lange Talartunika der Tänzerinnen - wohl um seine spindeldürren
Beine zu verbergen. Zuweilen trug er sogar seidene Gewänder. Diese
zu tragen war Männern untersagt, da sie zu dünn seien, um ihre
Ehre unangetastet zu belassen.
Das Erscheinungsbild
der Tunika war vielfältig durch die Möglichkeiten ihres Faltenfalls,
ihrer Gürtung, ihrer Ärmellösungen, die Wahl ihres Stoffes
(Leinen, Wolle, Baumwolle, Seide) und nicht zuletzt durch die Entfaltung
einer kaum vorstellbaren Farbenpracht. Die Römerin konnte nicht nur
unter den verschiedensten Farben, sondern auch innerhalb der Farben unter
den feinsten Nuancen wählen. So konnte sie sich für eine Tunika
in Lauchgrün, Froschgrün, Olivengrün oder doch lieber Apfelgrün
entscheiden.
Einen farblichen
Kontrast dazu bildeten der Gürtel und die "palla", ein mantelartiger
rechteckiger Überwurf aus Wolle, der meist frei drapiert getragen
wurde und bei Bedarf auch, von hinten nach oben gezogen, den Kopf bedecken
konnte. In der Regel waren die Gewänder einfarbig, doch kannte man
abweichend gefärbte Säume oder ParalleIstreifen zu den Säumen
sowie eingewebte Ornamente, Figuren und Diagonalmuster. Stickereien wurden
höchstens am Mantel angebracht, da sie den Faltenwurf behinderten.
Aus diesem Grund trugen die Griechen keine Unterwäsche. Auch bei
den Römern muß man den Gedanken an reizvolle Dessous fallenlassen.
Sie trugen nur gelegentlich eine Art Lendenschurz, die Römerinnen
dazu eine Brustbinde ("strophium" oder "mamillare"). So bekleidet, in
Unterwäsche, Tunika und bisweilen sogar in die Palla gehüllt
- zum Leidwesen so manchen Ehemannes, der sich wie Martial bei Tage wohl
eine züchtige Lucretia, zur Nacht jedoch eher eine Kokotte wünschte
-, ging die Römerin gewöhnlich auch zu Bett. Spezielle Nachtbekleidung
kannte man nicht, zum Baden ging man im Lauf des Tages in die Thermen.
Auch für den Mann, der in der Tunika zu Bett ging, waren Aufstehen
und Angekleidetsein am Morgen fast eins.
Vespasian
soll sich ohne fremde Hilfe binnen einer halben Minute angekleidet haben
und in dem Moment, in dem er seine Schuhe anhatte, bereit zur ersten Audienz
gewesen sein. Zu Hause wird er wie alle anderen Römer und Römerinnen
Sandalen ("soleae") getragen haben. Sie bestanden, wie auch heute noch,
lediglich aus einer Sohle und einem oder mehreren Riemen zur Befestigung.
Ging bzw. legte man sich zu Tisch, so streifte man die Sandalen ab und
übergab sie einem Sklaven zur Aufbewahrung. Die Sandale zur Toga
zu tragen verstieß gegen Anstand und Sitte, und so trug der Römer
außerhalb des Hauses und zur Toga den "calceus". Dies war ein geschlossener
Schuh mit weichem Oberleder, der über den Knöchel hinaufreichte
und an der Innenseite einen verdeckten Schlitz zum Hineinschlüpfen
hatte. Auch beim Schuhwerk wurden Standesunterschiede sichtbar. So trugen
der Senator und der Patrizier den "caIceus senatorius" bzw. "patricius",
der sich von dem des gemeinen Bürgers durch die rote, später
schwarze Farbe sowie durch um den Knöchel bis zur unteren Wade geführte
und von dort herabhängende Riemen unterschied.
Ein Patrizier
trug zusätzlich über dem Knöchel einen Halbmond aus Elfenbein.
Der Schuh des Soldaten war eine schwere, benagelte Riemensandale, die
"caliga". Der im Lager seines Vaters Germanicus aufgewachsene spätere
Kaiser Caligula, der eigentlich Gaius Julius Caesar Germanicus hieß,
hatte seinen Namen "Stiefelchen" von den Soldaten nach seinem Schuhzeug
erhalten. Daneben gab es noch die aus einem einzigen Stück Leder
gearbeitete und seitlich ausgestanzte "carbatina". Männer, Frauen
und Kinder trugen wohl die gleichen Schuhtypen. Unterschiede bestanden
nur in der Art der Benagelung - zum Schutz der Laufsohle vor Abnutzung
- und in der Farbe. Frauen trugen auch bunte, zuweilen sogar mit Goldriemen
verzierte Schuhe. Dem Triumphator vorbehalten blieb jedoch der aus der
alten Königstracht stammende purpurfarbene und hochsohlige Schuh,
der "caIceus mulleus".
Das Besondere
der römischen Kleidung der Antike, die sich als hauptsächlich
drapierte Gewandung grundsätzlich von unserer heutigen geschneiderten
unterscheidet, tritt uns in moderner Zeit allenfalls noch in der Amtstracht
der römisch-katholischen Kirche entgegen, wo sie wie damals Stand
und Rang kennzeichnet.
DAMALS,
Nr. 11, 1994, S. 26.
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