Stochastik
in der Schule
Gauss 3D
Band 6(1986)
Heft 3

Hans-Joachim Benz: Einige Bemerkungen zur Common Sense Probability

Ergänzungen zu Borovcniks Anmerkungen zur Arbeitstagung des GDM-Arbeitskreises in Heft 2/1986. Ich möchte zwei Anmerkungen zur Rolle der Glücksräder als Visualisierungsmittel in dem von mir und G. Palm ausgearbeiteten 'Common Sense' – Zugang zur Stochastik treffen, die die Darstellung von Borovcnik ergänzen sollen.

Borovcnik stellt zu Recht fest, dass im 'Common Sense' – Zugang „über weite Strecken das Glücksrad als wesentliches Mittel zur Visualisierung der Theorie“ eingesetzt wird. Ich möchte hier ergänzen, dass die 'Bindung' an das Glücksrad (GR, variabel beschriftbar) insbesondere in der Anfangsphase stark ausgenützt wird: Es gibt kein anderes Medium hier, das so prägnant die Darstellung von Sachverhalten gestattet, und das sowohl auf der enaktiven, ikonischen wie symbolischen Ebene. Gerade die Übergänge von Tätigkeiten zu ihrer bildlich-schematischen Darstellung bis hin zur symbolischen Erfassung sowie die bei diesen Übergängen notwendigen Reflexionsschritte werden durch das Medium Glücksrad leichter erfassbar.

In aller Kürze dazu ein Beispiel:

Enaktiv: Der Würfel auf dem Tisch oder das reale, befass- und beschriftbare GR vor der Tafel.



Ikonisch: Im Heft oder an der Tafel:



Symbolisch: „W“ als Zufallsgröße oder zerlegt, z.B. in der Form


Je weiter im Kurs vorangeschritten wird, desto mehr allerdings tritt das GR in den Hintergrund, es wird durch den Gebrauch der Indikatorvariablen, die einfachsten Zufallsvariablen, die den 'einfachen' Spielen entsprechen, abgelöst.

Die Indikatorvariable nimmt den Wert 1 an, falls Ereignis A zutrifft, sonst erhält sie den Wert 0.

Sie sind dann das Standardwerkzeug zur Beschreibung. Mit diesem Aufbau kann in konsistenter Weise auch der Erwerb und die Ausbildung der technischen Fertigkeiten des Schülers gefördert und geschult werden. Hautpaugenmerk liegt dabei in der geeigneten Darstellung eines Problems / einer Situation, der adäquaten Zerlegung der dabei auftretenden Zufallsgrößen sowie der Anwendung der sich aus der Theorie ergebenden Regeln für den Erwartungswert.

Was die Verwendung anderer Veranschaulichungsmittel betrifft, so kann ich die Feststellung von Borovcnik nur unterstreichen, sie „sind keineswegs ausgeschlossen“, ja vielmehr möchte ich festhalten, dass eine eigene Phase im Kurs vorgesehen ist, wo das Übertragen anderer Zufallsgeneratoren wie Karten, Münzen, Roulette, Urnen etc. auf das GR bzw. die Beschreibung derselben mit Hilfe passender GR systematisch geübt wird.

Die Bindung der Begriffsbildung an die Glücksräder ist vielfältiger und keineswegs so eng, wie sie Biehler in seinem Bericht zur Arbeitstagung 'Stochastik in der Schule' darstellt, und kann m.E. gerade als didaktisch und lernpsychologisch fundiert erachtet werden. Lassen wir aber den theoretischen Disput einmal beiseite: Ich habe seit 1980 in mehreren Kursen (Sekundarstufe, Fachhochschule, Lehrerausbildung an der Universität) das Konzept erprobt und durchweg günstige Erfahrungen gesammelt.