Slowenisches im Kärntnerischen

 

Die Koexistenz zweier Sprachen in Kärnten, der bäuerlichen südbairischen Mundart und städtisch-österreichischen Verkehrssprache einerseits und der slowenischen Mundarten andererseits haben zu einer starken gegenseitigen Beeinflussung geführt. Mitte des 19. Jhdts. sprach fast  ein Drittel der Kärntner Bevölkerung slowenisch, Mitte des 20. Jhdts. waren es nur mehr ca. 10%; heute sprechen nach den Volkszählungsergebnissen noch rund 3% slowenisch und einige weitere Prozent beherrschen die Sprache. Im gemischtsprachigen Gebiet Kärntens sind viele Kinder zum zweisprachigen Schulunterricht angemeldet; eine rein slowenische Gemeinde ist Zell / Sele, größere Anteile von Slowenen haben u.a. Globasnitz / Globasnica, Ludmannsdorf / Bilčovs, Feistritz ob Bleiburg / Bistrica nad Pliberkom und Eisenkappel-Vellach / ðelezna Kapla-Bela und einige andere Gemeinden im Jaun-, Rosen- und Gailtal.

 

Einige Slowenische Lehnwörter

 

Hudítsch „Teufel“ (> slowenisch hudič), als Fluch

Jaukh  „Föhn“ (< slowenisch jug „Süden“)

Jausn „Jause“, (im Lesachtal) „Mittagessen“ (< slowenisch južina „Mittagessen“; das slowenisch mala južina „Zwischenmahlzeit“ ergab in der Mundart [máwžna] und wurde so zu einer slowenischen Parallele zum „Austriazismus“ Jause)

Kaišn „Keusche“ (< slowenisch hiša, germanisches Lehnwort)

Koper „Dille“ (< slowenisch koper)

Kopriz „ein Almkraut (Futterpflanze)“ (Mölltal, Lesachtal, auch Osttirol, < slowenisch koperc „Fenchel“)

Maischl „Netzlaibchen“ (rückentlehnt aus slowenisch majželj <  bair. *Maiselein „kleine Schnitte“; eine ähnliche Speise heißt im Lavanttal und Nordkärnten lēbàlan [Plural])

moidū´sch „meiner Seel’“ (< slowenisch (pri) moji duši)

Munkn „einfache bäuerliche Speise aus geschrotetem Getreide“ (< altslowenisch *mo(n)ka „Mehl“, heute slowenisch moka)

Paier „Quecke“ (ein Ackerunkraut, < slowenisch pirje)

Patsche / Påtsche „Eber“ (< slowenisch pačej < dem Deutschen, zu Bock)

Plēschn (alt) „großer Acker“ (< slowenisch pleša  „kahle Stelle“)

Polsn „Heuschlitten“ (< slowenisch polza „Tragbaum, Pflugschleipfe“)

Potíze „Potitze, Rollkucken“ (< slowenisch potica)

Puaklat (alt)  „vorderer Teil des Heufuders“ (Mölltal, < slowenisch mundartlich pod „unter“ + klet „Haufen“)

Sāsaka „Verhacktes, ausgelassener geräucherter Speck“ (< slowenisch zaseka)

Schwachta / Schwåchta „Sippschaft (abwertend)“ (< slowenisch mundartlich žłahta „Geschlecht“ < dem Deutschen)

Strankele „Fisole, grüne Bohne“ (< altslowenisch stro(n)k- „Schote, Hülse“, heute slowenisch strok)

Wābm „altes Weib“ (< slowenisch baba „alte Frau“)

zwīln „klagen, jammern“ (< slowenisch cviliti)

 

Bemerkenswert sind die semantischen Gleichungen nach romanischen Vorbildern wie Unterdâ´ch „Dachboden“ (wörtlich „Unterdach“ wie slowenisch podstrešje und furlanisch sotèt < romanisch subtum tectum) oder Auswart „Frühling“ (wörtlich „auswärts“, vgl. slowenisch vigred [wörtlich „Ausgang“] und furlanisch insude < romanisch *in-exitus).

Slowenischer Einfluss im Satzbau: Ein eindeutig slowenischer Einfluss ist die Ellipse (der Wegfall) des Pronomens es bei unpersönlichen Verben, z.B. hait rēgnet „heute regnet es“, gestern wâr åber khålt „gestern war es aber kalt“. Diese Konstruktion ist v.a. in Unterkärnten verbreitet, aber auch Klagenfurt und Villach nicht fremd. Ob die präpositionslose Richtungskodierung slowenischer Herkunft ist oder bloß ein Sprachkontaktphänomen, kann nicht entschieden werden (Beispiel: i fâr Khlâgnfurt „ich fahre nach Klagenfurt“; in echter bäuerlicher Mundart würde hier „auf“ stehen). Im gemischtsprachigen Gebiet ist nach slowenischem Vorbild „aber“ (slowenisch pa) recht häufig, wo man es in anderen Gegenden und in der Umgangssprache nicht hört, z.B. frai i mi âber dås i di sīg „ich freue mich, dass ich dich sehe“. Dazu kommt noch eine eigenartige Satzintonation, die jeden Unterkärntner „verrät“. – Unsicher ist slowenischer Ursprung für Konstruktionen wie i pin gschlâfn „ich habe geschlafen“ (mit bin statt habe wie im Slowenischen bei allen Verba; da aber schlafen ursprünglich „schlaff liegen“ bedeutet  hat, kann das Hilfszeitwort „sein“ hier auch alt sein wie bei „liegen, stehen usw.“).