Heinz Dieter Pohl

 

Kärntner zweisprachige Ortsnamen als verbindendes Kulturgut

 

Vortrag am 10.2.2005 zur Präsentation des Buches:

 

 

Zweisprachiges Kärnten - Dvojezična Koroška

 

Kattnig Franz / Kulnik Michael / Zerzer Janko

 

Zweisprachiges Kärnten - Dvojezična Koroška

 


Zweisprachiges Ortsnamenverzeichnis von Südkärnten (mit zweisprachiger Landkarte)
Es war und ist ein berechtigtes Anliegen der Kärntner Slowenen, die Zweisprachigkeit des Landes Kärntens öffentlich zu machen. Diese Zweisprachigkeit Südkärn­­­tens manifestiert sich vor allem in den Ortsnamen, die durch ihren sprachlichen Reichtum nicht nur für die Kärntner Slowenen, sondern für alle Kärntner/innen einen unschätzbaren historischen und kulturellen Wert darstellen.

Das vorliegende Ortsnamen­verzeichnis ist die völlig überarbeitete und auf den neuesten Stand gebrachte Ausgabe des ursprünglichen Verzeichnisses aus dem Jahre 1982.

Der Wunsch der Autoren und des Verlages ist es, möglichst viele Menschen in Kärnten und in den Nachbarregionen zu ermutigen, diese Zweisprachigkeit in der schriftlichen als auch mündlichen Kommunikation spür- und erlebbar zu machen.

260 Seiten, 12 x 18,7 cm, broschiert mit beigelegter zweisprachiger Landkarte; slowe­nisch-deutsches und deutsch-slowenisches Ortsnamen­verzeichnis



Novitäten
ISBN: 3-7086-0106-8
Aktualisiert: 05.01.2005

 

VERLAG HERMAGORAS/MOHORJEVA  http://www.hermagoras.at/index.html

 

 

Zurück zur Hauptseite: http://www.uni-klu.ac.at/groups/spw/oenf/

Siehe auch: http://members.chello.at/heinz.pohl/Namen-Konflikt.htm

 

Jede Region hat ihre landschaftlichen und kulturhistorischen Besonderheiten. Während die Naturschönheiten im Allgemeinen nicht im Zentrum politischer Diskussion stehen – sofern  nicht wirtschaftliche Interessen wie extensiver Tourismus, Energiegewinnung oder Bau von Verkehrswegen dagegen stehen – ist dies bei Kultur und Geschichte ganz anders. Zu stark betrachtet die Gesellschaft die heutigen Verhältnisse auf Grund historischer Zusammenhänge. Was für die Republik Österreich Eckdaten wie 1918 und 1938 oder die Formel unseres heurigen Gedenk- oder Gedankenjahrs 1945-1955-1995 sind, ist für unser Bundesland der 10. Oktober des Jahres 1920, als ob dieses Datum die letzte Rettung vor dem Untergang, eine Wiedergeburt oder ein Neubeginn gewesen wäre. Was war es wirklich: ein Plebiszit, eine Volksabstimmung über die Einheit in gemeinsamem Zusammenleben zweier Volksgruppen bzw. Sprach­gemeinschaften oder über die Trennung nach nationalen Gesichtspunkten. Ein großer Teil – rund 40% derer, die bei der Volkszählung 1910 Slowenisch als Umgangssprache angegeben hatten, sprach sich für eine gemeinsame Heimat, eine skupna domovina, aus. So gesehen war der 10. Oktober 1920 sicher ein bemerkenswertes Datum – an den historischen Fakten und am täglichen Zusammenleben der beiden Sprachgemeinschaften hat er wenig geändert. Die „gemeinsame Heimat“, skupna domovina wurde vor- und nachher  von der schweigenden Mehrheit gelebt, nicht aber von den politischen Führungskräften beider Volksgruppen. Im Völkerfrühling des 19. Jhdts. waren die politischen Führer darauf bedacht, „ihre“ Völker nach Sprachgrenzen zusammenzuführen, zwei- und mehrsprachige Länder wurden so zu Problemzonen und der nationale Gedanke verlor sehr bald seine Unschuld, denn für eine gemeinsame Heimat, eine skupna domovina war im nationalen Zeitalter kein Platz.

Doch in Wirklichkeit hat das Jahr 1920 nichts an den sprachlichen und kulturhistorischen Gegebenheiten geändert: in Kärnten gab es seit seiner Begründung als Herzogtum im Jahre 976 immer schon zwei Sprachen, damals Althochdeutsch und Karantanisch, der alpenslawische Dialekt des Altslowenischen, wie er uns auch in den „Freisinger Denkmälern“ entgegentritt. Früher nannte man im deutschen Sprachgebrauch die slowenische Sprache „windisch“, diese Bezeichnung ist sowohl in den Beschreibungen der Herzogseinsetzung beim Fürstenstein in Karnburg bezeugt als auch im „Windischen Herzogtum“ des 16. Jhdts., im Zeitalter der Reformation, dem nicht nur die deutsche Sprache einen Martin Luther zu verdanken hat, sondern auch die slowenische Sprache einen Primož Trubar – beide waren Wegbereiter einer „reformierten“ Sprache – beide Sprachen wurden zu europäischen Kultursprachen. Der slowenische Bezug zur Herzogseinsetzung ist heute noch im Ortsnamen Blasendorf, slowenisch Blažnja ves oder vas, dem Wohnsitz des „Herzogbauern“, der bei der Zeremonie eine bedeutenden Rolle spielte, erkennbar, erklärt sich doch der Name als „Dorf des blag, Richters, Verwalters oder Edlings“ – Hinweis auf die Verschränkung beider Sprachen in Kärnten seit Anbeginn.

Historisch verhält es sich so: die Vorfahren der heutigen Slowenen, die Alpenslawen, waren seit dem 7./8. Jhdt. bereits im Süden und Südosten Österreichs ansässig und haben die Namen- und Sprachlandschaft nachhaltig geprägt. In Kärnten gab es schon in der Monarchie amtliche slowenische Ortsbezeichnungen. Ortstafeln wie heute gab es noch nicht, aber es gab zweisprachige Aufschriften auf Bahnhöfen und Haltestellen. Weiters gab es die alten Ortstafeln, die an einem Haus in der jeweiligen Ortschaft angebracht waren und über Gemeinde, Gerichtsbezirk, Seehöhe u.dgl. Auskunft gaben. In der Monarchie waren sie in den jeweiligen Landessprachen abgefasst; gelegentlich findet man sie noch heute, aber sie sind selten geworden.

Wenn man Namen wie Achomitz, slowenisch Zahomec (bzw. Zahołmec, etwa mit  „Hinter­bichl“ zu übersetzen) hört, denkt man sofort an einen der zahlreichen Ortsnamen slawischer Herkunft, die den ganzen Süden und Osten Österreichs prägen, doch bei Namen wie Žihpolje, der slowenischen Bezeichnung für Maria Rain südlich von Klagenfurt, wird man eher ratlos sein. Aber ein Blick in alte Urkunden lehrt uns, dass dieser Ort früher Sichpuchl (1200) bzw. Seichbichl (1552) hieß, was soviel wie „feuchter Bühel, Bichl“ bedeutet, wie auch die Ortschaft Seigbichl bei Moosburg, slowenisch ebenfalls Žihpolje oder auch übersetzt Močile (= „feuchter Ort“). Die slowenische Namensform ist also aus dem Deutschen entlehnt und -bichl wurde erst sekundär zu -polje „Feld“ umgedeutet; zumindest heute empfindet man es so, wahrscheinlicher ist die Annahme, dass es sich um den Einwohnernamen des Ortes slowenisch *Žihpol (aus altem Sichpuchl, s.o.) handelt, denn Žihpolje ist ein Pluralwort und das Adjektiv dazu lautet bei den Einheimischen žihpołski (nur in der Schriftsprache žihpoljski).

Beide Namen, Achomitz und Žihpolje, legen Zeugnis von der sprachlichen Durchmischung Kärntens auf Ebene der Toponomastik ab. Beide Sprachen, Deutsch und Slowenisch, sind konstitutiv in Namengebung und Dialektologie, im deutschen Sprachgut Kärntens findet sich viel Slowenisches, im slowenischen Sprachgut viel Deutsches. Die jahrhundertelange Koexistenz beider Sprachen bzw. Kohabitation der Sprecher im Lande ist an ihnen nicht spurlos vorübergegangen und beide Sprachen gehören zum historischen Erbe Kärntens. In unserem Bewusstsein nehmen aber antike Ausgrabungen, mittelalterliche Burgen oder neuzeitliche Kunstdenkmäler als kulturelles Erbe aus der Vergangenheit den ersten Platz ein. Dabei wird in der Regel vergessen, dass das älteste Erbe unsere Sprache ist und in der Sprache selbst das Namengut. Gewässernamen wie Drau und Lavant reichen in die vorkeltische Zeit zurück und sind Zeugen der Indogermanisierung des alpinen Raumes; für unsere ältesten Vorfahren war die Drau der „Flusslauf“ schlechthin und die Lavant ein „weißglänzender“ Fluss. Die ersten Kärntner im engeren Sinn des Wortes benannten Achomitz nach seiner Lage „hinter dem Hügel“ (slowenisch Zahomec, s.o.) und Seichbichl „Maria Rain / Žihpolje“ nach einem „feuchten Bühel“ (s.o.). Die Ortsnamen gewähren Einblick in die Siedlungsgeschichte, einmal waren bei der Namengebung Deutsche, ein anderes Mal Slowenen aktiv, die Namen gingen von Mund zu Mund, d.h. von einer Sprache zu anderen, und oft wurden Objekte unabhängig voneinander verschieden benannt wie z.B. deutsch Hart „Sumpfwald“ ~ slowenisch Breg „Ufer, Böschung“ oder übersetzt, z.B. deutsch Aich = slowenisch Dob. Manchmal ist die slowenische Übersetzung früher überliefert als die heutige Form wie z.B. 993 Podinauuiz (das wäre slowenisch Podnja ves), heute Niederdorf (bei Hörzendorf). Wir haben also in den deutschen wie in den slowenischen Namen altes Erbgut vor uns, sie sind Teil unserer Geschichte. Sie zu vergessen, zurückzudrängen, würde einen schweren Verlust bedeuten, beide Namensformen, die deutsche und die slowenische, sind eng miteinander verbunden und ihre Geschichte ist unteilbar. Wenn auch der Anteil der Slowenisch sprechenden Kärntner von fast einem Drittel der Gesamtbevölkerung unseres Landes im 19. Jhdt. auf heute nur mehr wenige Prozent (3-4%, regional bis 95%, z.B. Globasnitz 50-70%, Zell 90-95%) zurückgegangen ist – die slowenischen Namen leben dennoch weiter und sie sind es wert, künftigen Generationen weitergegeben zu werden. Darüber hinaus sind die Namen in beiden Sprachen als erstrangiges und auch unteilbares Kulturgut unseres Bundeslandes zu betrachten, das Zeugnis von der gegenseitigen Durchdringung beider Sprachen ablegt. Die Kärntner wissenschaftliche Tradition ist sich dieser Tatsache voll bewusst:

Das kulturelle Profil einer Landschaft, ihre Eigenart, wird durch das bodenständige Namengut, ob nun deutsch oder slowenisch, mitbestimmt. Diese Quelle für die Siedlungsgeschichte und das eigene Selbstverständnis zu erhalten und zu schützen sollte Aufgabe nicht nur der Historiker, sondern auch der Geographen und Linguisten sein“ (A. Ogris).

Trotz aller Konflikte gab es in Kärnten (und Österreich) nie Umbenennungen im großen Stil à la Tolomei in Südtirol – weder bei den Deutschen noch bei den Slowenen. Wohl scheint es oft nicht nur der Klang eines Namens gewesen zu sein, der eine Umbenennung wünschens­wert erscheinen ließ, vielleicht war es beim Keutschacher See (statt Plaschischensee) so, beim Turnersee (statt Sablatnigsee – so der alte Name, slowenisch Zablaško oder Zablatniško jezero) wohl nicht, hier haben sich die „Turner“ verewigt. Zwar kann sich der Tourist unter einem Vellacher Hochtal mehr vorstellen als unter der Bezeichnung Vellacher Kotschna (slowenisch Belska Kočna) – doch dies ist willkürlich, hier könnte die Namenforschung eingreifen, indem sie darauf hinweist, dass mit Kotschna / Kočna ein bestimmtes (rotbraunes) Gestein bezeichnet wird und diese letztlich aus dem Romanischen ins Slowenische gelangte Bezeichnung v.a. in den Karawanken und Steiner Alpen verbreitet ist. Solche Kunstnamen sind absolut kein Kulturgut (was m.E. auch für einen Großteil der Südtiroler amtlichen italienischen Bezeichnungen gilt).

Was das Alter der slowenischen Namen Kärntens betrifft, ist festzuhalten, dass sie sich auf Grund linguistischer Fakten als größtenteils sehr alt erweisen, obwohl die meisten von ihnen erst relativ spät überliefert sind. Wenn im Deutschen einem slowenisch Bistrica, Suha ein Feistritz, Zauchen entspricht, bedeutet dies, dass sie ins Deutsche bereits vor der Diphthongierung (also vor dem 13. Jhdt.) entlehnt worden sind. Andererseits verrät slowenisch Pliberk, dass es schon sehr früh aus deutsch Bleiburg (urkundlich 1228 Pliburch) entlehnt worden ist, während Slovenji Plajberg „Windisch Bleiberg“ jünger ist – es wurde entlehnt, als es im Deutschen schon Bleiberg hieß. Auch die mit ves bzw. vas gebildeten Namen erweisen sich als alt, da deren deutsche Entsprechungen sonst nicht erklärbar wären (z.B. Žitara ves „Sittersdorf“). Immerhin sind sechs slowenische Namen urkundlich vor dem Jahre 1000 belegt:

                Bela                            Vellach                       975 Velach

                Ostrovica                    Hochosterwitz            860 Astaruuiza

                Ribnica                       Reifnitz                       977 Ribniza

                Trebinje                      Treffen                        860 Trebina

                Zvirče                         Wirtschach                 965 Vuirzsosah

 

Ferner das bereits erwähnte:

                Niederdorf (Hörzendorf)         993 Podinauuiz „Podnja (bzw. Spodnja) ves“.

Zwischen 1000 und 1250 sind weitere 39 Namen belegbar; sie scheinen alle in lateinisch oder deutsch geschriebenen Urkunden auf. E. Kranzmayer hat eine Reihe von Anhaltspunkten für die Chronologie der Übernahme von Ortsnamen ins Deutsche geliefert.

Morphologisch fallen unter den Siedlungsnamen drei Typen besonders auf:

(1) slowenisch -iče: Dieser Typus (mit der Nebenform -ov-iče) geht auf ein gemeinslaw. *-itje zurück, das im Alpenslawischen bzw. Frühslowenischen -ik’e (-ovik’e) gelautet haben muss, wie man aus zahlreichen deutschen Namensformen erschließen kann, z.B. Förk (< *Borik’e, heute Borče), Radweg (aus *Radovik’e, das wäre heute Radoviče). Besonders häufig war dieser Typus im sogenannten „Kroatengau“ im Glantal und Krappfeld: im Zentrum lag der Ort des Ban (Faning / Baniče, von einem alten Fürstentitel abgeleitet, latinisiert banus), im Umkreis an die 40 dem Terrain angepasste Siedlungen;

(2) slowenisch ves (bzw. vas) / deutsch -dorf: meistens handelt es sich hier um Ab­leitungen von Personennamen, also dem Namen der Person, die mit der Gründung des Dorfes in irgendeiner Weise verbunden ist; sie liegen in der mittelalterlichen Großkolonisation (vor 1100) begründet und stellen einen althochdeutschen Benennungstyp mit seiner slowenischen Entsprechung dar, z.B. Köttmannsdorf, slow. Kotmara ves oder vas, etwa „Dorf des Chotěmirъ“;

(3) slowenisch -je / deutsch -(j)ach: Auch dieser Typus bezeichnet (wie -iče) ursprünglich Einwohnernamen, meist von topo­graphischen Bezeichnungen wie z.B. Borovlje „Ferlach“ = „Leute am Föhren­wald“. Solche Namen sind bis etwa 1300 gebildet worden.

In einem größeren Zusammenhang entspricht die slawische Sprachform, die den Ortsnamen im Osten und Süden Österreichs (Ost-T, K, St, S-Lungau, südl. NÖ/OÖ) zugrundeliegt, dem „Alpenslawischen“ (Ramovš, Kronsteiner usw.) bzw. der Sprache der altslowenischen „Freisinger Denkmäler“, wie dies bereits der slowenische Dialektologe und Sprachhistoriker Ramovš festgestellt hat. Die Varianten in der deutschen Wiedergabe der slawischen Namen wollte er dialektologisch deuten, mir ist es aber gelungen, diese Unterschiede chronologisch zu erklären, woraus folgt, dass es im hohen und späten Mittelalter eine über Kärnten hinausgehende weit verbreitete Gemischtsprachigkeit gab, was sich auch in alten Lehnwörtern widerspiegelt, man denke u.a. an die alten bäuerlichen Speisen Munken (von altslowenisch *monka „Mehl“, modern moka) und Talggen (von frühslawisch *talkuna etwa „geschroteter Hafer“), an die Strankerln „grüne Bohnen, Fisolen“ (von frühslowenisch *strank-, altslowenisch *stronk- „(Bohnen-) Schote“) oder an den Füchsling „Eierschwam­merl, Pfifferling“ (wie slowenisch lisička zu lisica „Fuchs“, sonst sagt man in den bairisch-österreichischen Mundarten neben Eierschwammerl eher Rehling oder Reherl). Diese Sprache weist einige Besonderheiten auf, die sich in den slowenischen Kerngebieten nicht finden, u.a. den Ortsnamentyp auf -iče und das häufige Wortbildungselement -nik (eingedeutscht meist -nig) sowie einige Wörter.

Die Pflege dieses Namenguts sollte keine volkstumspolitische, sondern ein kulturpolitische sein, die das Ortsnamengut slowenischer bzw. alpenslawischer Herkunft in Österreich ganz allgemein ins öffentliche Bewusstsein bringt. Zu diesem Zweck könnte ich mir neben den zahlreichen Naturlehrpfaden, Kultur­wanderwegen und Eisen- oder Barockstraßen auch ein vergleichbares allgemeinbildendes namenkundliches Objekt vorstellen. Denn es gibt in Österreich eine ganze Reihe von Naturlehrpfaden, Kulturwanderwegen  und touristisch benannten Autostraßen, z.B. Karnische Dolomiten-Straße (entlang der Gail, Kärnten / Tirol), Salzburger Dolomiten-Straße (von Abtenau nach Bischofshofen, Salzburg) – mit einer großzügigen Auslegung des Begriffes Dolomiten (vgl. auch Lienzer Dolomiten) –, Steirische Schlösser-Straße (2Î Steiermark), Großglockner Hochalpen-Straße (Kärnten / Salzburg) mit den Flügeln Gletscherstraße (Kärnten) und Edelweißstraße (Salzburg) sowie die Niederösterreichische Barock-Straße. In Bayern fand ich sogar eine Bayerische Ostmarkstraße – unwillkürlich fiel mir die Ostarrichi-Gedenkstätte in Neuhofen an der Ybbs (Niederösterreich) ein – warum keine Ostarrichi-Straße durchs liebliche Mostviertel? Wo der Name unseres Staates zum ersten Mal dokumentiert wurde. An diesem Ort beging man 1996 das „Millennium“, das eigentlich ein Namenstag war, aus welchem Anlass auch einige onomastische und viele historische Arbeiten entstanden sind. Zu den genannten Straßen gesellen sich in der Steiermark zwei Weinstraßen, die Sausaler Weinstraße und die Schilcher-Weinstraße sowie anderswo einige lokale Straßen wie die Villacher (Kärnten) und Gasteiner Alpenstraße (Salzburg).

Zurück zu den Naturlehrpfaden und Kulturwanderwegen. Ich könnte mir also vorstellen, dass man auf solchen Wegen zusätzlich zu den biologischen und historischen auch namenkundliche Informationen bietet. Das Interesse an solchen Dingen ist nämlich bei der Bevölkerung weit größer als man denkt, wie dies Anfragen immer wieder beweisen. [Ich bekomme viele Anfragen zu Namen, auch Familiennamen, habe es aber nie erlebt, dass sich jemand ob der slawischen / slowenischen Herkunft seines Namens entrüstet hätte. Manche entrüsten sich unwissend vielmehr wegen ihrer Meinung nach nicht notwendiger zweisprachiger Ortstafeln und nicht deswegen, dass der entsprechende Name ein slowenisches Etymon oder eine slowenische Bezeichnung hat!] Um ein Beispiel zu bringen: der Plöschenberg bei Klagenfurt, wo sich ein schöner und anschaulich gestalteter Naturlehrpfad befindet. Dieser Pfad ist von Norden her auf einem Wanderweg von Viktring-Opferholz zu Fuß oder von Köttmannsdorf im Süden mit einem Fahrzeug erreichbar; namenkundlich findet sich hier alles, was Kärnten auch sonst zu bieten hat, der Name Plöschenberg selbst beruht auf slowenisch pleš oder pleša ‘kahle (baumlose) Stelle’, was auch auf Rodung hinweisen kann. In den Süden blickt man ins Rosental und in die Karawanken – beides vorslawische bzw. vordeutsche Namen, der Name Wurdach (slowenisch Vrdi) konnte bisher nicht geklärt werden. Das Gebiet selbst gehört zum Höhenzug der Sattnitz, in welchem Namen das alte slawische Wort für „Gebirgsweg, Pfad“, *sont-, enthalten ist (verwandt mit romanisch sentiero). Im Norden liegt das Keutschacher Seental. Der Name der Gemeinde Köttmannsdorf  ist ein deutsch-slowenischer Mischname, Keutschach selbst ist wie Mostitz, Dobein und Dobeinitz slowenischen Ursprungs, Höflein, Seebach und Opferholz sind wiederum deutsch; alle Objekte haben zwei Namen, je einen in der deutschen und slowenischen Sprache, so heißt das ganze Gebiet auf slowenisch Plešivec – ein mehrmals vorkommender Bergname, den man auch ‘Kahlenberg’ übersetzen könnte. So zeigt sich zwanglos das Ineinanderfließen zweier Sprach­gemeinschaften. Die entsprechenden Informationen könnten zusätzlich auf einigen der Info-Tafeln gegeben werden, v.a. auf den Übersichten und Aussichtspunkten. Die naturkundlichen Erläuterungen sollten dem Charakter des Lehrpfades entsprechend freilich im Mittelpunkt bleiben. Auch bei Weitwanderwegen wäre dies möglich, etwa an grenzüberschreitenden Wegen in den Karawanken, worin die gemeinsame Namengebung dokumentiert würde. Hier gäbe es ein gutes Beispiel, der Name Nemški vrh bei der Bielschitza / Belščica hat auch die übersetzende Bezeichnung Deutscher Berg im Gebiet der Vertatscha / Vertača evoziert – in Wirklichkeit handelt es sich um einen „Mönchsberg“, umgedeutet aus slowenisch-mundartlich menški vrh, weil die Klöster Viktring und Stična / Sittich dort Besitzungen hatten – also keine mutwillige Germanisierung, wie man glauben könnte, die sich aber nie recht durchgesetzt hat. Ähnlich ist es auch beim Dobratsch / Dobrač, denn der von der Touristik bevorzugte zweite Name Villacher Alpe hat auch einen slowenischen Namen – Beljaščica (von Beljak / Villach), nach den alten Weiderechten der Villacher Bauern. Um nicht missverstanden zu werden, Namen wie Frauenkogel für Baba und Geißberg für Kozjak bleiben Kunstnamen, wie auch Mokrine für Nassfeld oder Golica für Koralpe. Eine größere Sorgfalt im Umgang mit dem Namengut könnte dann mithelfen,  Orts-­, Berg-, Flur- und Gewässernamen als prägenden Teil einer Kulturlandschaft zu begreifen und als solche wahrzu­nehmen. Amtlich festgelegt sind nur die Siedlungsnamen und bis zu einem gewissen Grad auch die Gewässernamen.

Das Slowenische war also – wie das Deutsche – immer schon in Teilen Kärntens heimisch, es ist daher gerechtfertigt, das zweisprachige Namengut öffentlich sichtbar zu machen, wie eben in zweisprachigen topographischen Aufschriften und wie dies u.a. im berühmten Artikel 7 des Staatsvertrages von 1955 festgelegt ist – nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vom 13.12.2001 nicht im ausreichenden Ausmaß. Ich komme zum Schluss: Die Vorgeschichte dieses VfGH-Urteils ist bekannt und es stehen derzeit nicht einmal die rund 90 nach dem Volksgruppengesetz 1976 vorgesehenen Ortstafeln zur Gänze, sondern derzeit nur rund 2/3 davon. Egal, wie man persönlich dem Problem gegenübersteht, das Urteil des VfGH hat gezeigt, dass Handlungsbedarf besteht und eine rechtskonforme Lösung herbeigeführt werden muss, zumal das zweisprachige Namengut Kärntens wertvolles kulturelles Erbe aus Jahr­hunderte langem gemeinsamen Zusammenleben repräsentiert, das beide Sprachgemeinschaften verbin­det, also altes Kulturgut (das man wohl nicht nur auf die Straßenverkehrsordnung reduzieren sollte!). Hier geht es nicht um territoriale Ansprüche, wie dies immer wieder herbeigeredet wird – ein sehr beliebtes Argument – denn mit den heutigen sprachlichen und nationalen Verhältnissen haben Namensformen und Herkunft der Ortsnamen überhaupt nichts zu tun. Dass ein Ort je eine Namensform in zwei verschiedenen Sprachen hat, besagt nur, dass das entsprechende Objekt auch in der anderen Sprachgemeinschaft so bekannt ist, dass man es auch in der eigenen Sprache besonders benennt. Dies ist eine Tatsache, die in Grenz- und Mischgebieten selbstverständlich ist und die die gemeinsame Heimat, die skupna domovina eben, sprachlich abbildet.

 

 

Ein weiteres Sachbuch zum Thema:

 

Kärnten ... deutsch und slowenische Namen/Koroška ... slovenska in nemška imena

 

Pohl Heinz Dieter


Kärnten ... deutsche und slowenische Namen

Koroška ... slovenska in nemška imena


Studia Carinthiaca, Band XIX


Die Namen Kärntens legen Zeugnis von der sprachlichen Durchmischung Kärntens ab. Beide Sprachen, Deutsch und Slowenisch, sind konstitutiv in Namengebung und Dialektologie, im deutschen Sprachgut Kärntens findet sich viel Slowenisches, im slowenischen Sprachgut viel Deutsches.


Das Buch streicht die Tatsache hervor, dass sowohl slowenische als auch deutsche Namen in Kärnten als erstrangiges Sprachgut zu betrachten sind und als gemeinsames Kärntner Kulturerbe noch zu wenig Beachtung gefunden haben.


150 Seiten, 14,5 x 20,5 cm, Broschur


Sachbuch
ISBN: 3-85013-802-X
Aktualisiert: 20.08.2003

VERLAG HERMAGORAS/MOHORJEVA  http://www.hermagoras.at/index.html

 

 

 

 

Zur privaten Homepage von H.D. Pohl: http://members.chello.at/heinz.pohl/Startseite.htm

 

Zurück zur Hauptseite: http://www.uni-klu.ac.at/groups/spw/oenf/