Jedoch betonen viele Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen, die zum Thema Globalisierung und Kultur arbeiten, dass
Globalisierung nicht nur von den USA bzw. vom Westen ausgeht, sondern dass der
weltweite Strom an Kulturgütern, Bildern und Informationen (potentiell)
multidirektional sei. Zudem würden mediale Texte und Informationen durch
typische kulturelle Verwendungen, Interpretationen und Hybridisierungspraktiken
lokalisiert oder "nationalisiert". Daher ist eine der
Fragenstellungen des Projekts, ob die lokale Aneignung des Internet auch zu
Renationalisierungs- und Regionalisierungstendenzen führt. Drückt sich dies in
den Nutzungsstrategien aus? Wie können kulturelle Unterschiede den
(befürchteten) Homogenisierungstendenzen entgegenwirken? Liegen hier neben
möglichen Hindernissen nicht auch Chancen für die Entwicklung einer
transnationalen Zivilgesellschaft, in der kulturelle Besonderheiten anerkannt
werden und deren Ziel in einer Koexistenz verschiedener kultureller Welten
liegen soll?
Von großer Bedeutung ist hierbei auch die
Konstitution bzw. Verdichtung transnationaler (Sub-)Kulturen, die sich auf
politische oder kulturelle Themen spezialisiert haben (politische Gruppen,
Fankulturen etc.), durch netzbasierte Kommunikation. Welche neuen Formen
sozialer Beziehungen und politischer Kommunikation bilden sich hier heraus? In
diesem Zusammenhang wird eine weitere wichtige Frage, mit der sich das Projekt
beschäftigt, sein, inwiefern das Internet zur Stärkung bzw. zur Herausbildung
einer kosmopolitischen Perspektive beiträgt. Bei NGOs, supranationalen
Organisationen und Konzernen lässt sich die Verabschiedung eines rein
nationalen Blicks bereits beobachten. Hierdurch ergeben sich andere
Wahrnehmungen, neue politische Handlungsräume und Interventionsmöglichkeiten,
die die Grenzen nationaler politischer Systeme und Öffentlichkeiten
überschreiten. Dabei stellt sich zum einen die Frage, wie das Leben in kosmopolitischen
Wirklichkeiten die nationale politische Kommunikation verändert, zum anderen
welche Folgen dies in den Debatten und Programmen auf europäischer und UN-Ebene
(einschließlich der Forschung) hat, so z.B. in den Diskussionen über
transnationale Öffentlichkeiten auf EU-Ebene.
Die Schwerpunkte des Forschungsprojekts liegen also auf der
Herausbildung einer transnationalen Zivilgesellschaft, deren Bedeutung für
politische Kommunikation und Demokratie analysiert wird, auf
grenzüberschreitenden kulturellen Prozessen und der Entstehung einer
kosmopolitischen Perspektive.
Literatur zum Projekt:
Globales Amerika? Die
kulturellen Folgen der Globalisierung (Bielefeld 2003), herausgegeben von
Ulrich Beck, Natan Sznaider und Rainer Winter.