Aurolzmünster – Das Versailles des Innviertels

Aurolzmünster – Das Versailles des Innviertels

In: Grenzenlos – Geschichte der Menschen am Inn. Katalog zur ersten Bayerisch-Oberösterreichischen Landesausstellung 2004, Asbach – Passau – Reichersberg – Schärding, 23. April bis 2. November 2004. Herausgegeben von Egon Boshof, Max Brunner und Elisabeth Vavra. – Regensburg: Pustet 2004. 506.4°. Illustr., Karten, Graph. Darstellungen. Objekt-Nr.: 7.2, S. 140.

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Aurolzmünster – Das Versailles des Innviertels

© Foto Geins, Passau

1676 erwarb Graf Ferdinand Franz Albrecht von der Wahl (1640?-1703), dessen Vater Johann Christian während des Dreißigjährigen Krieges mit dem Erhalt des Titels eines Reichsgrafen 1636 den sozialen Aufstieg der Familie begründet hatte, die Herrschaft Aurolzmünster und begann bald darauf mit dem Bau eines neuen Schlosses. Die Pläne lieferte höchstwahrscheinlich Henrico Zucalli. Er war mit dem Grafen, der auch kurfürstlicher Generalbaudirektor war, bekannt und sollte ein Palais für dessen Familie in München errichten. Zudem weist die Anlage Ähnlichkeiten zum Schloss Lustheim auf, einem späteren Bau Zucallis in Schleissheim. Die Ausführung vor Ort, mit der um 1685 begonnen wurde, oblag dem Graubündener Baumeister Antonio Riva. Nach dem Tod des Bauherrn 1703 führte sein Sohn Ferdinand Franz Xaver von der Wahl (1671-1732) den Neubau und dessen Ausstattung bis 1705 zu Ende.
Das Schloss weist die französische Bauform einer Dreiflügelanlage auf, die einen Hof umschließt und von einem Wassergraben umgeben ist. Niedrige Trakte verbinden das Haupthaus mit zwei Pavillons, von denen einer in Form einer hohen Säulenhalle als Pferdestall diente. Die ca. 400 m lange, zu ihrer Zeit in Bayern einzigartige, heute nicht mehr erhaltene Gartenanlage nimmt Bezug auf die französische Gartenkunst. Eine Besonderheit des Baus stellt der pavillonartige Dachaufbau dar, dessen Vorbilder in Böhmen, wo die Familie Ländereien besaß, zu suchen sind. Der auch heute nur über eine schmale Treppe zu erreichende Raum wurde nicht als Festsaal genutzt, sondern war mit seiner Ausmalung von 1699 allein dem Andenken des ruhmreichen Vaters Johann Christian gewidmet. Im ersten Geschoss, dem piano nobile, in dem sich auch der Festsaal und die Schlosskapelle befinden, waren die Decken mit Stuckrahmen, in die Leinwandbilder eingefügt waren, und mit Deckenfresken verziert. Die von dem Münchner Hofmaler Johann Eustachius Kendlbacher gemalten mythologischen Szenen und Allegorien beziehen sich auf die Geschichte der Familie und die Hoffnung ihres weiteren Wachsens und Gedeihens.


Kerstin Petermann