Castel Beseno und Castel Pietra

Castel Beseno und Castel Pietra

In: Circa 1500. Leonhard und Paola – Ein ungleiches Paar. De ludo globi – Vom Spiel der Welt. An der Grenze des Reiches. Landesausstellung 2000 – mostra storica in Lienz, Schloß Bruck, in Brixen, Hofburg Brixen und in Besenello, Castel Beseno, Besenello. Veranstaltet vom Land Tirol, der Stadt Lienz u.a. Redaktion Marco Abate u.a. – Mailand: Skira, 2000. – 539. 4°. Illustr., Bibl., Karten Objekt-Nr.: 3-3-10, S. 514.

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Leihgeber: Museo Civico Rovereto (Italien), MCR 11.103
Castel Beseno und Castel Pietra

© Museo Civico di Rovereto


Mitte des 16. Jahrhunderts
Maler aus dem Trentino
Auf Leinwand abgetragenes Fresko, 125,5 x 122,5 cm

Das folgende sowie andere Paneele stammen aus dem Fries des Ehrensaales von Castel di Castellano, das nach dem durch die Lodrone veranlassten Wiederaufbau in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gemalt wurde. Nachdem es Anfang des Jahrhunderts zerlegt wurde, um es vor dem Verfall zu schützen, ging es an das Museo Civico von Rovereto.
Gemeinsam mit der Vedute im Porträt von Oswald I. Trapp von 1554, dem Basrelief mit der Schlacht von Calliano im Kenotaph von Maximilian in Innsbruck (1564), der Lünette mit der Herausforderung der Ritter in Castel Noarna, vor 1579, welche die Kastelle Noarna, Pietra und Beseno zeigt, stellt dies ein Zeitdokument von herausragender ikonographischer Bedeutung für Castel Beseno und Castel Pietra dar. Es liefert in der Tat die bis heute älteste Gesamtansicht des durch die beiden Kastelle gebildeten Bollwerks innerhalb des geographisch im Westen durch die Etsch begrenzten Gebiets, das oberhalb des Rio Cavallo liegt, der von Folgaria aus zwischen Vigolana und Finonchio hinabfließt. Obwohl ein halbes Jahrhundert zwischen der Rückkehr des Lagertalgebietes an das Kaiserreich und dem Entstehen des Freskos liegt, führt uns das Bild längst vergessene Zusammenhänge wieder vor Augen. Castel Pietra thront mit seinem mächtigen Mauerwerk über der Windung der Etsch, die von einer großen, an "Ischia" erinnernden Insel in zwei Seitenarme gespalten wird. Nach dem "passo et luocho forte" überquert die Straße auf der Bogenbrücke den Rio Cavallo und führt nach Castel Beseno. Das ist die Ansicht nach der radikalen, durch die Trapp veranlassten Neugestaltung, die im 2. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts begann und unter Umständen bereits Anfang der dreißiger Jahre abgeschlossen war. Die Darstellung weicht von der nord-westlichen Perspektive ab: Ein geschickter Bildaufbau betont denn auch die Rundungen der nördlichen und südlichen Bastionen, die in Wirklichkeit auf Folgaria ausgerichtet waren, um eventuelle Angriffe seitens Venedig abzuwehren. In der Mitte erheben sich die Wohntrakte, an die sich ein turmähnlicher Bau anschließt, der sich als die Festung der Castelbarco erweist.
Zeichen einer friedlichen ökonomischen Betriebsamkeit erkennen wir in der großen fabrikgleichen Werkstätte am Fluss Rio, die sich durch das Wasserrad (Mühle, Sägewerk?) abhebt sowie in dem Treiben unterhalb von Castel Pietra und dem Lastkahn, der von Pferden gezogen die Etsch aufwärts fährt und uns auf die Bedeutung des Schiffsverkehrs zwischen Branzoll und Verona hinweist.


Bruno Passamani


Literatur: Aldo GORFER, Il castello di Beseno nel Trentino (Trient 1979), S. 62. – Michelangelo LUPO, I Trapp. Storia di una famiglia nel vecchio Tirolo (Trento 1997), S. 15. – Botteri 1992, S. 193-196.