Maria Anna (Nannerl) und Wolfgang Amadeus Mozart als Kinder

Maria Anna (Nannerl) und Wolfgang Amadeus Mozart als Kinder

In: Mozart. Bilder und Klänge. Katalog der Salzburger Landesausstellung im Schloß Kleßheim in Salzburg vom 23. März bis 3. November 1991. Veranstaltet vom Land Salzburg in Zusammenarbeit mit der Internationalen Stiftung Mozarteum. Redaktion Rudolph Angermüller und Geneviève Geffray. Salzburger Landesausstellung 6. – Salzburg: Salzburger Landesausstellungen 1991. 424.4°. Objekt-Nr.: 31, 32, S. 38.

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Leihgeber: Mozart Museum (Salzburg Stadt, Salzburg), 90/13, 90/5
Maria Anna (Nannerl) und Wolfgang Amadeus Mozart als Kinder

© Internationale Stiftung Mozarteum, Salzburg (Foto Frank, Plainfeld)


Ölbild von Pietro Antonio Lorenzoni (?)
Anfang 1763.
83,1 x 64,8 cm (Nannerl). 84,1 x 64,5 cm.

Am 18. September 1762 unternahm die Familie Mozart ihre erste Reise nach Wien, die bis zum 5. Januar 1763 dauerte. In der Donau-Stadt gaben die Kinder Mozart zahlreiche Konzerte, am 13. Oktober empfingen Maria Theresia und Franz I. die Salzach-Städter von 15 bis 18 Uhr in Schönbrunn "ausserordentlich gnädig". Dabei, so erzählt Leopold Mozart seinem Hausherrn Johann Lorenz Hagenauer in Salzburg, ist der Wolferl "der Kayserin auf die Schooß gesprungen, sie um den Halß bekommen, und rechtschaffen abgeküßt". Am 15. Oktober "schickte die Kayserin durch den geheimen Zahlmeister [Johann Adam Mayr], der in galla vor unsere Hauß gefahren kam, 2 Kleid: eins für den buben und eins fürs Mädl". Am 19. Oktober erfahren wir, wie die Kleider aussahen. "Wollen Sie wissen", schreibt Leopold an Hagenauer, "wie des Woferl Kleid aussiehet ? – Es ist solches vom feinsten Tuch liloa=Farb, Die Veste von Moar nämlicher Farbe, Rock und Kamisol mit Goldborten breit und doppelt bordieret. Es war für den Prinz Maximilian gemacht, der Nanerl ihr Kleid war das Hofkleid einer Prinzessinn. Es ist weiß brochierter Tafet mit allerhand garnierungen. Es ist schade, daß man nichts anders als einen gottillion [Cotillon = Unterröcklein] hat darausmachen können, allein ein Miederl ist auch darbey."
Wolfgangs höfisches Kostüm war anfangs für den etwas jüngeren Erzherzog Maximilian angefertigt. Wolfgang steht neben einem Klavier, trägt einen Galanterie- Degen. "Frisur: natürliches blondes Haar, stark gepudert, zu beiden Seiten mit Brennschere 'gekreppt', Korkzieherlocken, im Nacken mit Schleife zusammengehalten" (Otto Erich Deutsch).
Nannerls Porträt ist das Gegenstück zu Wolfgangs Bild. Franz Martin hat darauf hingewiesen, daß der Salzburger Maler Lorenzoni für das Kleid und die Figur des Bildes eine Schablone benutzt hat, die auch auf anderen Bildnissen vorkommt, nur der Kopf und das Klavier sind wahrscheinlich original.
Über Lorenzoni schreibt Martin : "Pietro Antonio Lorenzoni war als Sohn des Michael L[orenzoni], Notars in Trient, und der Lucia Rossi ungefähr 1721 geboren, lernte bei Paul Troger und kam auf Veranlassung des Neffen des Erzbischofs Leopold Anton Freiherrn von Firmian, des als Maler und Bildhauer dilettierenden Franz Lactanz, seit 1749 Grafen Firmian, in den vierziger Jahren nach Salzburg, wo als seine früheste Arbeit ein Fahnenblatt für Mülln von 1749 nachweisbar ist. Am 28. Februar 1760 erhielt er den Titel eines Antecamerakammerdieners. Von ihm sind zahlreiche Altarbilder vorhanden. Nachweisbare Porträts sind vier Bildnisse des Erzbischofs Siegmund Grafen Schrattenbach und des P. Dominikus Beck in dessen Buch 'Briefe eines Reisenden über Mathematik', Salzburg 1781. Verschollen sind die in Leopoldskron gewesenen Bilder 'eine Küche, zwei Küchenstücke, und ein Farbenreiber'. Lorenzoni starb am 18. Jänner 1786 / [recte: 1782]. Erhalten sind nur Kirchenbilder, die ihn als einen mittelmäßigen Maler zeigen."
Am 21. Oktober um 19 Uhr waren die Mozarts wieder bei Maria Theresia in Schönbrunn. "Unser Woferl", so Leopold am 30. Oktober, "war aber schon nicht recht wie sonst, und ehe wir dahin fuhren, wie auch, da er zu Bette gieng, klagte er s. v. den Hintern und die Füsse. Als er im Bette war, untersuchte ich die orte, wo er die Schmerzen zu füllen vorgab; und ich fand etliche Flecken in der Grösse eines Kreutzers, die sehr roth und etwas erhoben waren, auch bey dem Berühren ihm Schmerzen verursachten. Es waren aber nur an beiden Schinbeinen, an beiden Ellenbogen, und ein paar am Podex; auch sehr wenig. Er hatte Hitzen und wir gaben ihm Schwarz Pulver und Margrafen Pulver. Er schlief etwas unruhig. Den folgenden Freytag wiederholten wir die Pulver in der Frühe und Abends, und wir fanden, daß sich die Flecken mehr ausgebreitet hatten; sie waren obwohl grösser; doch nicht mehrer. Wir musten zu allen Herrschaften schicken, wohin wir schon auf 8 Täge hinausbestellt waren, und Tag für Tag absagen lassen. Wir fuhren fort das Markgrafen Pulver zu geben, und am Sonntag kam er in einen Schweiß, den wir uns gewunschen, dann bishero waren die Hitzen mehr Trucken." Zufällig traf Leopold Mozart den Arzt Dr. Johann Anton Bernhard, der Wolfgang eine Mixtur verschrieb. Wolfgang "bekam zu gleicher zeit einen Stockzahn, das ihm eine Geschwulst in dem Linken Backen verursachte, Die Herrschaften hatten nicht nur die Gnade täglich sich um die Umstände des Buben sich erkundigen zu lassen; sondern sie empfahlen ihn den Medico auf das eifrigste: so, daß der H: Doctor Bernhard [...] unmöglich mehr besorgt seyn könnte, als er wirklich ist. Entzwischen ist mir diese Begebenheit ganz gering gerechnet, 50. Dukaten schad. Doch danke ich Gott unendlich, daß es so abgelauffen: dann dieses Scharlach=Flecken sind hier denen Kindern als eine Mode Krankheit gefährlich: und ich hoffe, daß sich der Woferl nun naturalisirt hat; denn nur die Luftveränderung war daran die Haupt Ursache."
Mit der Knotenrose (Erythema nodosum) mußte Wolfgang bis zum 31. Oktober das Bett hüten. Am 5. November konzertierten die Kinder vor Dr. Bernhard, sie dankten damit für die erfolgreiche Behandlung.
Ein Huldigungsgedicht auf den sechsjährigen Clavieristen Mozart erschien am 25. Dezember im Druck. Verfasser war der Graf Thomas Vinciguerra Collalto, bei dem Wolfgang am 9. Oktober konzertiert hatte.
"Bewundrungswerthes Kind !
deß Fertigkeit man preißt,
Und Dich den kleinesten,
den grösten Spieler heißt;
Die Tonkunst hat für Dich nicht
weiter viel Beschwerden,
Du kannst in kurzer Zeit
der gröste Meister werden.
Nur wünsch ich, daß Dein Leib
der Seele Kraft aussteh,
Und nicht, wie Lübecks-Kind*,
zu früh zu Grabe geh."
* Anspielung auf ein Kind in Lübeck, welches mit sechs Jahren viele Sprachen konnte, das aber nach etlichen Jahren starb.


Rudolph Angermüller


Literatur: Franz MARTIN, Das "Nannerl Mozart im Galakleid", in: Mozart-Jahrbuch 1950, Salzburg (1951), S. 49-61.