Votivtafel des Jörg von Pottendorf

Votivtafel des Jörg von Pottendorf

In: Die Kuenringer. Das Werden des Landes Niederösterreich. Katalog der Niederösterreichischen Landesausstellung im Stift Zwettl vom 16. Mai bis 26. Oktober 1981. Redigiert von Herwig Wolfram, Karl Brunner und Gottfried Stangler. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums. N.F. 110. – Wien: Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Kulturabteilung 1981. XXXI, 748. 8°. Objekt-Nr.: 18, S. 54.

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Leihgeber: Sammlungen des regierenden Fürsten von Liechtenstein (Vaduz, Liechtenstein), 949
Votivtafel des Jörg von Pottendorf

© Sammlungen des regierenden Fürsten von Liechtenstein, Vaduz


Fichtenholz. 139,5 x 117,5 cm (mit Rahmen 155 x 131 cm). Datiert 1467.

Auf der unteren Rahmenleiste eine Inschrift: "Die Tavel hat lasen Mach(e)n de anno Im LXVII Jar der Wolgeparn herr Jorig von Pottndorf obrister schenkch und die zeytt lantmarschalich und veldhauptman in esterreich."
Vor der Madonna, die in der Art einer Sacra "Conversatione" von Heiligen (links: Dorothea, Barbara und Nikolaus; rechts: Ulrich, Katharina und Petrus) umgeben ist, kniet der Stifter Jörg von Pottendorf mit seinen drei Frauen (die bereits verstorbenen Amalei von Eberstorf und Ursula von Zelking sowie die noch lebende dritte Frau Elspeth von Liechtenstein).
Als künstlerische Aufgabe gesehen, unterscheidet sich die Votivtafel nicht von den viel häufiger vorkommenden Epitaphien. Lediglich der Umstand, daß wir es mit einem lebenden Stifter zu tun haben, weist unser Bild als Votivtafel sowie als sehr persönliches Denkmal aus.
In die Tradition der Votivtafeln und Epitaphien wird hier zum ersten Mal in Österreich der Sacra Conversatione-Typus eingeführt. Obwohl die Figuren hintereinandergestaffelt sind und eine Art von Raumtrichter bilden, kommt keine Tiefenwirkung zustande. Vorne und hinten wirken als unten und oben. Entscheidend für die Verflächigung, der von der Anlage her räumlichen Komposition, der Umstand, daß die ganze Figurengruppe gegen den Goldgrund silhouettiert ist, daß das Fliesenmuster des Bodens nicht perspektivisch verkürzt wird. Die Dynamik der Gewänder läßt an einen Einfluß durch den Meister E. S. denken. Stilistisch läßt sich die Tafel nicht in Zusammenhang mit der Wiener oder niederösterreichischen Malerei bringen. Benesch hat als Autor einen alpenländischen Künstler vorgeschlagen und unter anderem auf Zusammenhänge mit den Malereien Altärchens der Mauterndorfer Schloßkapelle hingewiesen. Der Stifter Jörg von Pottendorf stand den größten Teil seines Lebens Friedrich III. feindlich gegenüber. Nur in der Zeit zwischen 1463 und 1470 gab er seine Opposition gegen Friedrich III. auf und trat sogar als Feldhauptmann in dessen Dienste. Darauf bezieht sich die Inschrift der Tafel.
Noch im späten 19. Jahrhundert befand sich die Tafel in der Sakristei der Pfarrkirche von Ebenfurth. Da Schloß Ebenfurth einer der Sitze des Pottendorfers war, wird dies auch der ursprüngliche Bestimmungsort gewesen sein.


Artur Rosenauer


Literatur: Kat. Friedrich III. (1966) 347, Nr. 133. – Alfred STANGE, Deutsche Malerei der Gotik 11 (1961) 67. – Otto BENESCH, Der Meister des Krainburger Altars, Wiener Jb. f. Kunstgesch. 7 (1930) 159-164. – Karl LIND, Ein Votivbild der Familie Pottendorf in Ebenfurth, Mitt. d. Wiener Altertbumsvereines 20 (1881) 97-102.