© Wallraf-Richartz-Museum, Köln
Köln, zweites Drittel 14. Jahrhundert
Tempera auf Tannenholz, 74 x 93 cm.
Vermutlich aus dem Klarissenkloster Köln.
|
Um das Mittelbild mit einer Darstellung des Gekreuzigten, umgeben von den Arma Christi, gruppieren sich in fünf Reihen 24 Bilder aus dem Leben Christi, die von zwei mit den Figuren von Heiligen ergänzt werden.
I, 1 Verkündigung an Maria, Heimsuchung. II, 1 Geburt Christi. II, 2 Verkündigung an die Hirten. III, 1 Anbetung der Könige. III, 2 Darbringung im Tempel. IV, 1 Flucht nach Ägypten. IV, 2 Rückkehr aus Ägypten. I, 2 Einzug in Jerusalem. I, 3 Das letzte Abendmahl. I, 4 Gebet Jesu am Ölberg. I, 5 Gefangennahme Christi. I, 6 Christus vor Pilatus. ll, 3 Geißelung Christi. ll, 4 Kreuztragung Christi. llI, 4 Kreuzabnahme. III, 4 Grablegung Christi. IV, 3 Auferstehung Christi. IV, 4 Christus in der Vorhölle. IV, 5 Die Frauen am Grabe. IV, 6 Noli me tangere. V, 1 Der ungläubige Thomas. V, 2 Christi Himmelfahrt. V, 3 Ausgießung des Heiligen Geistes. V, 4 Christus als Weltenrichter mit Maria und Johannes dem Täufer als Fürbitter. V, 5 Die Heiligen Katharina, Barbara und Margaretha. V, 6 Die Heiligen Agnes, Klara und Franziskus. (Die römischen Ziffern geben die Platzierung des Bildes in der waagrechten, die arabischen in der senkrechten Reihung an.)
Das Mittelbild dieser Andachtstafel zeigt nicht nur den Gekreuzigten, sondern umgibt diesen noch mit den Arma Christi, um die Erinnerung an die einzelnen Stationen des Leidens wachzuhalten und zur Meditation anzuregen. Ausgangspunkt für die Darstellung der Arma Christi war Matth. 24,30: das Zeichen des Menschensohnes in der Endzeit. Die meisten dieser Zeichen sind Instrumente, die wie Attribute für ein Ereignis stehen, wie Lanze, Essigschwamm etc. Andere wiederum, wie der Kopf des spottenden Schergen, die zum Schlag erhobene Hand oder der Kopf Petri, stehen stellvertretend für Figuren aus der Passion. Die Funktion, die solchen Bildtafeln im geistig-religiösen Leben zukam, erläutert eine von Bonaventura verfaßte Novizenregel: "Vnd täglich, so du abgeschaiden bist von gesellschaft der bru?der, so soltu dich fleissen dein gemu?t von aller sorgfeltikait zu? widerru?ffen, vnd so du von unzimlichen gedencken vnuermischt bist, so soltu mit tieffer diemuetigkait vnd andacht des hertzen vnd mit dancksagen widervmb betrachten all gu?ttaten des behalters vnd allermaist, das er für dich diemu?tigclich mentsch wolt werden vnd die aller bittersten pein wolt leiden vnd des allerschnedesten tods sterben. Was du aber von dem leiden Cristi denn betrachten söllest, das beschreibt der sa?lig Bernhardus vnd spricht: ,0 mentsch, sich an mit augen deines gemu?ts, wie mit so grosser schuld der wider belonung du gott deinem herren, der für dich gelitten hat, verbunden bist. Sich an den plu?tigen schwais, die lestrung seiner baggenschleg, die hertigkait seiner gaiselung, die dürnin kron, die verspottung, die spaichlen, die annaglung an das creütz, die aufrichtung des galgen, die siechen augen, die blaiche des munds, die gallen speis, daz geessichet tranck, das genaigt hapt, die pein des tods. Vnd was sol ich mer sagen? Das leben ist für vns gestorben."
Die Wahl der Heiligen läßt die Herkunft aus dem Klarissenkloster als gesichert erscheinen. Engste Beziehungen bestehen zu den Malereien des Klarenaltars und zum Gebetbuch aus dem Klarenkloster, jetzt Hannover (vgl. "Gebetbuch"). Die einfache Reihung der Figurengruppen, die spärliche Ausstattung der Szenarien unterstreichen den volkstümlichen Charakter dieser Tafel, der den Gedanken an eine Entstehung in einer Klosterwerkstatt, etwa in der des Kölner Klarenklosters, aufkommen läßt. Bestärkt wird diese Hypothese noch durch die bereits erwähnte Verwandtschaft mit dem Gebetbuch aus dem Klarenkloster, das wohl auch im Umkreis dieser Werkstatt entstanden sein muß.
Elisabeth Vavra
Gehe zu: Gebetbuch
|