Die Römer betreten als Bauernvolk die Bühne
der Weltgeschichte, organisiert nach Geschlechtern, die gemeinsam über
den Boden verfügten und ihn alljährlich zur Nutzung auf ihre Angehörigen
verteilten, während das Vieh auf die
Gemeinweide getrieben wurde. Die Viehzucht stand in der römischen Frühzeit durchaus im Vordergrund, erst mit
zunehmender Besiedlungsdichte gewinnt der Anbau von Getreide an Bedeutung,
zunächst in der Form der Zweifelderwirtschafl. Neben Weizen, Gerste
und Hülsenfrüchten wurde sehr bald auch Wein angebaut, während die Olivenkultur
erst am Ende des 4. Jh. hinzutrat. Nach Umwandlung der Sondernutzung
des Ackers in Sondereigentum war der bäuerliche Kleinbesitz kennzeichnend
für die römische Agrarverfassung. Aber schon im 3. Jh. v. Chr. entwickelte
sich, trotz radikaler Agrar‑ und Schuldgesetzgebung zur Stützung
des Bauerntums, in zunehmendem Maße ein landwirtschaftlicher Großbesitz
und Großbetrieb, der sich auf Kosten der Bauernwirtschaften ausbreitete
und schließlich in den riesigen Latifundien der Kaiserzeit gipfelte.
Die Ursachen dieser Entwicklung lagen einmal in der Usurpation des ager
publicus durch die Patrizier, zum anderen in dem harten römischen Schuldrecht
und schließlich in der häufigen Heranziehung des Bauern zum Kriegsdienst,
was dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überstieg. je weiter die
römische Macht sich ausdehnte, desto ruinöser wurden die Kriegszüge
für den wehrpflichtigen Bauern, der nach jahrelanger Abwesenheit oft
genug seinen Hof heruntergekommen, verschuldet oder gar völlig verlassen
vorfand.
Andererseits führte das Ausgreifen
der römischen Macht und die damit verbundene Kriegsbeute sowie die Ausplünderung
der Provinzen zu einer Anhäufung des Reichtums in der Metropole, der
zur Investition in Landbesitz um so mehr drängte, als die siegreichen
Feldzüge durch den in ihrem Gefolge massenhaften Zustrom an Sklaven
für billige Arbeitskräfte sorgten und damit die Voraussetzung für den
landwirtschaftlichen Großbetrieb schufen. Nimmt man noch hinzu, daß
die Aufrichtung des Imperium Romanum zugleich einen Markt brachte, der
erst eine agrarische Produktion großen Stils lohnend machte, und daß
die ökonomischen Einflüsse des orientalisch‑hellenistischen Raumes
in die gleiche Richtung wiesen, dann wird man sich nicht wundern, daß
es auch den Gracchen nicht gelang, den römischen Bauernstand zu retten.
Parallel mit der Tendenz zum landwirtschaftlichen
Großbetrieb ging seit Beginn des 3. Jht. eine Verbesserung der Anbaumethoden:
die alte Zweifelderwirtschaft mit ihrem Wechsel von Anbau und Brache
wurde durch eine Dreifelderwirtschaft verschiedener Varianten ersetzt,
doch war eine Fruchtwechselwirtschaft, wie sie Ägypten schon kannte,
in Italien nur selten zu finden. Es wurde ferner in stärkerem Maße die
Gründüngung angewandt, Meliorationen wurden vorgenommen sowohl vom Staat
als auch von privaten Grundbesitzern. Zudem machte sich im Gefolge der
römischen Welteroberung eine tiefgreifende Wandlung und Ausweitung des
Kulturpflanzen‑ und Nutztierbestandes geltend. Aus Griechenland,
Vorderasien und Agypten empfing die Apenninenhalbinsel unter anderem
Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche Mandeln, Zitronen, Melonen, Feigensorten,
bessere Weinreben und Hanf sowie verschiedene Haustierrassen, von griechischen
Hühnern bis zu britannischen Hunden. Der römische Pflug wies in seiner
Konstruktion zwar keine wesentlichen Unterschiede zum altgriechischen
auf, doch ist er verhältnismäßig früh mit einer eisernen Schar ausgerüstet
gewesen, die sich spätestens im ausgehenden 3. Jh. allgemein durchgesetzt
haben dürfte, und als weitere Verbesserung wurden später beiderseits
der Sohle Streichbrettansätze (sog. Ohren) angebracht, die ein stärkeres
Aufbrechen und Krümeln des Bodens bewirken sollten. An agrartechnischen
Errungenschaften wird vor allem noch der von den Karthagern übernommene
Dreschschlitten zu nennen, während das Getreide nach wie vor mit der
Sichel geschnitten wurde; erst im spätrömischen Gallien begegnet uns
eine einfache, aber sinnreich konstruierte Mähmaschine.
Die römischen Agrarschriftsteller, insbesondere
Marcus Porcius Cato (234‑149 v. Chr.), Marcus Terentius Varro
(116‑27 v. Chr.) und Lucius Junius Moderatus Columnella (l. Jh.
n. Chr.), geben uns ein anschauliches Bild der römischen, mit Sklaven
betriebenen Gutswirtschaft, wie sie sich seit dem 2. Jh. immer mehr
durchsetzte. Die Anhäufung des Grundbesitzes in wenigen Händen war besonders
stark in den Provinzen, so daß beispielsweise die Hälfte der Provinz
Afrika nur 6 Großgrundbesitzern gehörte. Seit dem 2. Punischen Krieg
(218‑201 v. Chr.) erfolgte in zunehmendem Maße eine geld‑
und erwerbswirtschaftliche Durchdringung der Landwirtschaft, die sinnfällig
in der Forderung Catos zum Ausdruck kam, die einzige Aufgabe des Landwirts
bestünde darin, mit dem geringsten Aufwand höchste Überschüsse herauszuwirtschaften.
Dazu gehörte unter anderem, daß die Sklaven sich in möglichst rentabler
Weise totarbeiten sollten. Cato schildert uns einen Betrieb, der außer
Getreideäckern und Weideland auf dem ager publicus über eine Olivenpflanzung
von 240 Morgen und eine Weinplantage von 100 Morgen verfügte. Wein und
Olivenöl waren die hauptsächlichsten Markterzeugnisse, dazu kamen die
Produkte der Viehzucht, während der Getreideanbau im wesentlichen der
eigenen Bedarfsdeckung diente. Rom wurde mit überseeischem Getreide
versorgt. Der Grundbesitzer lebte meist in Rom und ließ seinen Betrieb
von einem Verwalter (villicus) bewirtschaften, der meist Sklave oder
Freigelassener war. Um die Zahl der Sklaven auf das notwendige Mindestmaß
zu beschränken, beschäftigte man, vor allem in der Ernte, auch freie
Lohnarbeiter oder vergab besonders arbeitsintensive Verrichtungen, wie
etwa die Olivenlese und Ölbereitung, an einen Unternehmer, der die Arbeit
auf eigenes Risiko mit angeworbenen Tagelöhnern ausführte. Die Getreideäcker
wurden einem Pächter (politor) gegen Abgabe eines Teils des Ertrages
zur Bewirtschaftung überlassen. Die Parzellenverpachtung kam zwar schon
gelegentlich vor, war aber noch von geringerer Bedeutung, während zur
Zeit des Varro, der im Jahre 37 v. Chr. seine Schrift Rerum rusticarum
libri III' abfaßte, die Kleinpächter (Kolonen, coloni) bereits eine
größere Rolle spielten. In dem Maße nämlich, wie sich das Imperium Romanum
konsolidierte, hörte auch der Zustrom an Sklaven auf und somit das Angebot
billiger Arbeitskräfte. Auch betriebswirtschaftliche Oberlegungen führten
schließlich dazu, daß die römischen Latifundien zu Beginn der Kaiserzeit
nur noch teilweise von Sklaven bewirtschaftet wurden, während ein wesentlicher,
wenn nicht der größte Teil Kolonen zugeteilt wurde, die dafür einen
Pachtschilling zu entrichten und Frondienste zu leisten hatten. Zwar
bildete noch immer ein mit Sklaven betriebenes Landgut (villa) den Kern
des Besitztums, doch war dieser umgeben von Kolonenwirtschaften, die
entweder zerstreut in Einzelhöfen lagen oder in einer dorfähnlichen
Siedlung (vicus) zusammengefaßt waren.
Vgl. Kulturgeschichte der Welt.
Braunschweig 1963 S. 74 ff.