Theaterbauten

Renate Jernej

Das Amphitheater

Der Stadtplan von Virunum ist dank den bisher durchgeführten Grabungen und luftbildarchäologischen Untersuchungen in seinen Grundzügen bekannt. Als eine planmäßig gegründete Stadt verfügte Virunum über ein rechtwinkeliges Straßensystem mit regelmäßiger Insulaverbauung, wobei die seitlichen Ausmaße der insulae variierten. Forum und Kapitol scheinen auf den bisher vorliegenden Plänen aus dem Zentrum der Stadt um rund 80 m nach Osten verschoben zu sein, wobei jedoch zu berücksichtigen bleibt, daß die tatsächliche Ostausdehnung von Virunum noch nicht sicher feststeht. Es ist anzunehmen, daß die siedlungsgeographisch günstigen Terrassen im Osten antik genutzt wurden. Bis heute sind im Gelände die Überreste eines Gebäudekomplexes zu sehen, der als Palast des Statthalters angesprochen wurde. Das Amphitheater würde unter diesen Voraussetzungen nicht den Ostrand der Stadt markieren, sondern im östlichen Teil der Stadt situiert gewesen sein. Für die Wahl des Platzes war vermutlich die Hanglage ausschlaggebend, die nicht nur eine freie Sicht nach Westen bot, sondern auch die nötigen Baumaßnahmen hangseitig reduzierte.

Das Amphitheater von Virunum befindet sich östlich von Forum und Kapitol. Auf halber Höhe des Töltschacher Berges gelegen, überragt es das antike Stadtzentrum um rund 30 Höhenmeter. Oberflächlich sichtbare Geländeverformungen führten schon im 19. Jahrhundert zu der Vermutung, daß an dieser Stelle das Amphitheater von Virunum zu suchen sei. Eine erstaunlich gute Beschreibung nach oberflächlicher Untersuchung lieferte Franz Jantsch 1935. Die große Länge bei vergleichsweise geringer Breite der Anlage führte er zu Recht auf die Hanglage zurück. Archäologische Untersuchungen unterblieben in der Folge. Auf den Stadtplänen von Virunum wurde das oberflächlich sichtbare Oval eingezeichnet und als Amphitheater bezeichnet.

Aus der, Mitte des 1. Jhs. n. Chr. unter Kaiser Claudius eingerichteten, Provinz Noricum ist neben dem Amphitheater von Virunum noch das von Flavia Solva (Wagna bei Leibnitz/St.) bekannt. In dem zur römischen Provinz Pannonien zählenden Carnuntum (Petronell/NÖ) sind zwei größere Amphitheater erhalten: Amphitheater I oder Lageramphitheater und Amphitheater II. Um einen kreisähnlichen bis ellipsoid-langestreckten Platz (arena) ist die Arenamauer gesetzt. Zwischen der Arenamauer und der äußeren Begrenzungsmauer liegt der Zuschauerbereich (cavea). Quer- oder Radialmauern zwischen den Mauerringen dienen der Statik und tragen die Einbauten für die Zuschauertribünen, die aus Stein, oder wie im Fall der oben zitierten Beispiele, aus Holz waren. Im einfachsten Fall dienten Erdböschungen als Zuschauertribünen. An den Schmalseiten der Arena waren Tore angebracht, Käfige (carceres) in den Torbereichen dienten der Verwahrung der auftretenden Bestien. Weiterer Bestandteil eines Amphitheaters war gewöhnlich ein der Schicksalsgöttin Nemesis geweihter Raum. Entsprechende Weiheinschriften sind aus Flavia Solva und Carnuntum bekannt. An den Scheitelpunkten der Längsseiten und damit an den Plätzen mit der besten Sicht auf das Geschehen waren die Logen angebracht (pulvinar), die über einen gesonderten Zugang unter der cavea hindurch verfügen konnten.

Das Amphitheater von Virunum war eine Holz-Steinkonstruktion, die in den Hang gesetzt wurde. Der ebene Platz der Arena wurde durch Abgraben im Osten (Hang) und Aufschütten im Westen (Tal) gewonnen. Rund um den rund 100 x 30 m messenden Kampfpaltz liefen zwei Mauerringe in einem Abstand von 4,5 bis 4,7 Metern. Zwischen diesen Mauerrringen waren ansteigende Zuschauerränge aus Holz in Ständerbauweise eingefügt. Durch die Hanglage konnten die Mauern im Osten weniger tief ausgebildet werden. Eine ähnliche Konstruktionsweise findet sich bei Amphitheater I in Carnuntum, wo durch den im Süden ansteigenden Hang ein beträchtliches Bauvolumen eingespart werden konnte. Radialmauern in einem durchschnittlichen Abstand von 2,4 bis 2,7 m gaben der Virunenser Konstruktion Halt und fungierten als Auflager für die hölzernen Tribüneneinbauten. Die Oberkante der Radialmauern geben das ursprüngliche antike Niveau im Zuschauerbereich an, auf dem die hölzernen Tribünen aufgebaut waren. Die Oberkanten der östlichen, hangseitigen Radialmauern liegen nieveaumäßig um bis zu 2,8 m höher als die Oberkanten der westlichen Radialmauern (497,64 m gegenüber 494,82 m). Daraus folgt, daß der gesamte Zuschauerbereich im Osten dem natürlichen Hang folgend höher lag als jener im Westen.

Bisher konnten keine Hinweise darauf entdeckt werden, daß einzelne Radialmauern höher als dem antiken Niveau im Inneren des Zuschauerbereichs entsprechend aufgezogen waren und damit zugleich als Träger der hölzernen Sitzreihen gedient hätten. Die Zuschauerbänke müssen daher in Ständerbauweise ausgebildet gewesen sein. Der Abstand zwischen Arenamauer und äußerer Mauer beträgt in den ergrabenen Schnitten 4,5 bis 4,7 m. Bei einer angenommenen Tiefe einer Sitzstufe von durchschnittlich 60 cm können sieben Sitzreihen in einem Winkel von 30° bis 35° ansteigend angenommen werden. Geht man von einer Sitzplatzbreite von ebenfalls 60 cm aus, so haben in der 90 m langen Cavea des Amphitheaters 2100 Menschen Platz gefunden. Damit zählte das Virunenser Amphitheater zu den kleineren Anlagen seiner Art. Amphitheater I in Carnuntum faßte rund 8000 Besucher und Besucherinnen, Amphitheater II soll 13000 Zusehern und Zuseherinnen Platz geboten haben. Das ebenfalls mit sieben Sitzreihen rekonstruierte Amphitheater von Augusta Raurica (Augst/Schweiz) faßte etwa 5500 Personen. Die Höhe der hangseitigen Mauer des Amphitheaters von Virunum kann mit 3 bis 3,5 m rekonstruiert werden. Talseitig war die äußere Mauer um die 7,5 m hoch, was etwa der Höhe eines zweistöckigen Hauses entspricht. Die durch vorgeblendete Stützpfeiler regelmäßig gegliederte und über 100 m lange Front bot, von dem 30 m tiefer liegenden Stadtzentrum aus betrachtet, einen beherrschenden Anblick.

Mit einer Türöffnung in der Westwange des Nordtores läßt sich ein Zugang zu den Tribünen fassen. Ein sockelartiger Einbau im Osten könnte ebenfalls diese Funktion gehabt haben. Anzunehmen ist, daß im Südtor ebenfalls Zugänge für die Zuseher angebracht waren. Hinweise auf weitere Zugangsmöglichkeiten fehlen vorläufig ebenso wie solche auf carceres oder auf ein Nemeseum.

Unterirdische Kanäle sorgten für die Entwässerung der Arena. Sie waren in Trockenmauertechnik gebildet und mit teilweise bis zu 2,4 m breiten Schieferplatten abgedeckt. Unter dem westlichen Zuschauerbereich wurden im nördlichen Teil und in der Mitte zwei Kanalgewölbe freigelegt, die der talseitigen Ableitung des Wassers dienten. Die Scheitelhöhen der Gewölbe betragen 1,85 und 0,9 m.

An der Innenseite war die Arenamauer mit bis zu drei Schichten weißem Verputz versehen. Der hangseitigen inneren Mauer war stellenweise nachträglich eine Mörtel-Steinsetzung vorgeblendet worden, die der sich zur Arena hin neigenden Mauer Halt geben sollte. Zusätzlich wurde in der Arena der Boden um rund 0,8 m durch Aufschüttung angehoben. Eine im südlichen Drittel des Amphitheaters freigelegte Spolienmauer mit marmornen Quaderblöcken und einer Säulentrommel zeigt ebenfalls nachträgliche Renovierungen an.

Im Bereich der westlichen Logenplätze konnte eine marmorne Renovierungsinschrift (1,3 x 0,9 m) in Versturzlage geborgen werden: Pro Salute / [[-[Imp(eratoris) Caesaris Commodi Antonini / Aug(usti) Pii Sarmatici Germanici Max(imi)]-]] / Sex(tus) Sabineius Maximus IIvir i(ure) d(icundo) / muros amphitheatri opere tectorio / renovavit item aditus et portas / novas desuo fecit. Der Duumvir Sextus Sabineius Maximus ließ die Mauern mit Verputz sowie die Zugänge und Tore des Amphitheaters erneuern. Die beiden ersten Zeilen sind eradiert, können aber als Datierung zur Zeit von Kaiser Commodus gelesen werden (183-192).

Unter einer Brandschicht an der inneren Mauer des Nordtores wurde ein Münzhort von 25 Denaren aus dem ersten bis zum dritten Jahrhundert geborgen. Die älteste Prägung stammt aus den Jahren 68/69 unter Kaiser Galba, die jüngste datiert in das Jahr 214 unter Kaiser Caracalla.

Insgesamt umfaßt das Kleinfundespektrum nach der ersten Grab-ungssaison 1998 87 Münzen, zahlreiche Bronze- und Eisenfragmente sowie 25 Kisten Keramik (Terra Sigillata, Amphoren, Gebrauchs- und Baukeramik). Unter den Bronzekleinfunden sind eine Kniefibel, mehrere Fragmente mit Gewandfalten, die ursprünglich zu einer Monumentalstatue gehörten, ein Armreif sowie die Statuette einer 4 cm großen Erosfigur. Die Rückseite der Figur ist nicht ausgebildet und weist Zapfen auf. Damit war sie ursprünglich appliziert gewesen. Die Fragmente der Gewandstatue wurden ausschließlich im nördlichen Kanal geborgen. Unter den Eisenfunden sticht ein 32 cm langer Türriegel hervor. Die Münzen datieren vom ersten bis in das dritte Jahrhundert. Da keine Hinweise auf eine spätere Nutzung des Amphitheaters vorhanden sind, kann die Verwendung nur bis in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts als gesichert gelten.

Die Entstehung des Amphitheaters kann dank den Funden vorläufig in die Zeit Kaiser Traians zu Beginn des 2. Jhs. gesetzt werden. Eine Nutzung ist anhand der Münzfunde bis in die zweite Hälfte des 3. Jhs. als gesichert anzunehmen. Zwei gravierende Baumaßnahmen sind nachweisbar: die auf der Inschrift genannte Renovierung und die Aufschüttung der Arena. Archäologisch eindeutig faßbar ist ein Brand mit anschließender Planierung. Die Aufschüttung ist severisch bzw. jünger zu datieren. Der Brand kann das auslösende Motiv für die vom Duumvir Sextus Sabineius Maximus finanzierte Renovierung gewesen sein. Theoretisch denkbar ist auch, daß diese Renovierung dem Brand zum Opfer fiel. Dann ist Planierung und Aufschüttung zeitgleich zu sehen. Allerdings fehlen unter diesen Voraussetzungen noch Hinweise auf die inschriftlich genannten Arbeiten an Mauern, Toren und Zugängen, die erst die kommenden Grabungen erbringen können.

Das Bühnentheater

Südlich des Amphitheaters war das einzige bekannte Bühnentheater Noricums gelegen, in dem szenische Aufführungen wie die Irrfahrten des Odysseus oder der Kampf um Troja geboten wurden. Durch die Ausgrabungen R. Eggers in den Jahren 1926 bis 1930 ist der Grundriß bekannt. Das Halbrund der Zuschauertribünen war in den Hang gesetzt worden und weist einen Radius von 35 m auf. Der runde Platz zwischen Zuschauerraum und Bühne – die Orchestra – ist mit einem Radius von 3,5 m relativ klein gehalten. Westlich vorgelagert lag die Bühne mit den Maßen 32,5 x 5,8 m. Die Rückwand der Bühne bildete eine marmorverkleidete Fassade mit Nischenarchitektur. In den Nischen standen einst mythische oder allegorische Statuen. Drei Tore in der Wand ermöglichten den Zutritt zur Bühne und boten Möglichkeiten, das Spiel durch Auf- und Abtritte der Akteure bewegt zu gestalten. Hinter der Bühnenwand war eine 4,5 m breite Halle mit insgesamt sieben Kammern, die untereinander in keiner Verbindung standen. Eine 16,1 m lange Terrasse, die etwas tiefer lag als die Halle, bildete den westlichen Abschluß des Theaterbaus. Von der Talseite betrachtet, waren dem Bühnengebäude zwei Säulenhallen treppenartig ansteigend vorgelagert. Reste von Verputz, Stuck und Malerei in diesen Hallen zeugen von der einst sorgfältigen Ausgestaltung. Ein rechteckiger Anbau im Norden der Hallen wurde als Tempel gedeutet.

Die Entstehungszeit des Theaters wird in das 2. Jahrhundert n. Chr. gesetzt. Ein marmorner Kopf Kaiser Hadrians (117-138) und Fragmente mit Gewandfalten wurden im Bereich des mittleren Bühnentors geborgen. Aus dem Abräumungsschutt der Bühne stammt eine Inschrift, die Kaiser Elagabal (218-222) und dessen Nachfolger Alexander Severus nennt. Aufgrund der Titulaturen kann die Inschrift in das Jahr 221 n. Chr. datiert werden. Möglicherweise kam es in diesem Jahr zu einer Renovierung des Theaters.

Spiele im Amphitheater

Die Amphitheater des römischen Reiches dienten der Abhaltung von volkstümlichen Belustigungen wie Galdiatorenspielen und Tierhetzen. Gladiatorenspiele erfreuten sich im antiken Rom großer Beliebtheit. Ursprünglich im etruskischen Totenkult beheimatet, wurden die Kultspiele im 3. Jh. v. Chr. von den Römern übernommen. Zunächst blieben sie als munera funebria Bestandteil des Totenkults, ehe 105 v. Chr. die ersten Spiele ohne funebrischen Anlaß zur Unterhaltung des Volkes abgehalten wurden. In den folgenden fünf Jahrhunderten gehörten Gladiatorenspiele und Tierhetzen zum festen Bestandteil römischen Lebens. Zunächst wurden die munera am Forum abgehalten. Abschrankungen und Tribünen wurden provisorisch aus Holz errichtet, was sich im Jahr 27 n. Chr. in der Stadt Fidenae (3 km von Rom) fatal auswirkte. Unter dem Ansturm der "unter Kaiser Tiberius von Vergnügen ferngehaltenen" Römerinnen und Römer brach das provisorisch aus Holz errichtete Amphitheater zusammen, wodurch 50000 Menschen begraben worden sein sollen. In der Folge erfreuten sich steinerne Amphitheater zunehmender Beliebtheit. Im Jahr 80 n. Chr. wurde in Rom mit dem Kolosseum der vollendetste Bau seiner Art eingeweiht.

Doch nicht allein Schaulust und Freude am Blutvergießen machten die Gladiatorenkämpfe zu einer römischen Besonderheit: Es war auch die Demonstration von virtus, die Demonstration von römischer Wesensart in ihrer höchsten Vollendung. Virtus ist der Gleichmut im Angesicht des Todes, die Kaltblütigkeit und Unerschrockenheit in der Gefahr, Disziplin in Vollendung.

Als städtischer Duumvir kommt der inschriftlich genannte Sextus Sabineius Maximus auch als Ausrichter von Spielen, als editor muneris, in Betracht. Der editor muneris bezahlte die Gladiatoren, er war es auch, der darüber entschied, ob der unterlegene Kämpfer sein Leben behielt oder nicht. Da ein guter Gladiator Ansehen und Wert hatte, wird die Entscheidung nicht allzu oft letal gewesen sein. Gladiatorenkämpfe ohne Begnadigung des unterlegenen Kämpfers (sine missione) waren außerdem unter Augustus und wieder unter Nero verboten.

Das aufwendige Wasserentsorgungssystem des Virunenser Amphi-theaters könnte zu Vermutungen führen, daß auch in Virunum Schiffsschlachten (Naumachien) nachgestellt wurden. In Anbetracht des dafür nötigen Aufwands muß man aber eher davon ausgehen, daß Naumachien ein kaiserliches und damit ein stadtrömisches Vergnügen waren. Cäsar ließ zu diesem Zweck 45/44 v. Chr. am Marsfeld eigens einen See ausheben, Augustus errichtete am Tiber ein Wasserbecken von 557 x 536 m zu demselben Zweck. Die größte Veranstaltung diser Art hielt Kaiser Claudius 52 n. Chr. am Fuciner See ab. Hier sollen ihn die Gladiatoren mit dem bekannten Aus-spruch Morituri te salutant ("Die dem Tod Geweihten grüßen dich") begrüßt haben. Seine lapidare Antwort Aut non - Oder nicht - sollen die Protagonisten in der Art mißverstanden haben, daß sie nun nicht mehr kämpfen müßten. Claudius konnte sie nur mehr mit Mühe zum Mitwirken bewegen.

Damit bleibt zum Spielgehalt des Virunenser Amphitheaters fest-zuhalten: Mit Sicherheit wurden Gladiatorenkämpfe veranstaltet. Sie gehörten zum üblichen Repertoire römischer Freizeitgestaltung. Welcher Gattung die auftretenden Gladiatoren angehörten, ob Retiarier, Murmillo, Samnit, Thraker, Hoplomachus etc. - all diese unterschieden sich in ihrer Ausrüstung und in ihrer Beliebtheit beim Publikum - bleibt ohne einschlägige Funde offen. Als Rahmen-programm waren sportliche, athletische Wettkämpfe gebräuchlich. Die lange Arena von Virunum war für Laufbewerbe sicher gut geeignet. Als Zirkus und damit für Wagenrennen konnte sie aufgrund ihrer geringen Breite nicht dienen. Umzüge diverser Vereine, etwa des für Virunum bezeugten Jugendvereins iuventus Manliensium, sind denkbar. Beliebt waren im römischen Reich seit dem 2 Jh. v. Ch. Auftritte von Tieren, wobei unterschiedliche Tiere und Paarungen in die Arena getrieben wurden. An Tieren kommen in Betracht: Löwen, Bären, Leoparden, Elefanten, Nashörner, Strauße, Stiere, Luchse, Eber, Steinböcke, Elche, Antilopen, Rehe, Krokodile, Seehunde. Als Paarungen bieten sich an: Mensch gegen Tier, Tier gegen Tier, das Tier als Hinrichtung für Hochverbrecher, Kriegsgefangene oder Christen. Mosaikdarstellungen aus einer Villa in Zliten (Libyien) zeigen an Pfählen festgebundene Menschen als Opfer von Leoparden. Zwei Terra Sigillata Fragmente, gefunden im Amphitheater von Virunum, zeigen Jagdszenen (venationes).

Die Darstellungen in einem Amphitheater waren mit Sicherheit blutig, wenn auch nicht immer tödlich. Ursprünglich religiös motiviert wandelten sich die munera zu einem profanen Vergnügen für die breite Masse. Unter großer öffentlicher Anteilnahme fand das Spektakel mehrmals im Jahr statt. Die Gladiatoren waren rechtlos und bewundert, bisweilen auch Frauenschwarm. So berichtet Juvenal, daß Eppia für einen Gladiator Mann und Kinder im Stich gelassen hat. Die Events wurden durch Aufschriften an Hauswänden beworben. In Pompeji hat sich auf einer Mauer folgende Aufschrift erhalten: Des Aedilen Aulus Suetticus Certus Gladiatorentruppe wird in Pompeji kämpfen. Es wird Sonnensegel und eine Tierhetze geben. Glück für alle Kämpfer aus der neronischen Kaserne. Geschrieben hat Secundus: die Mauer geweißt Victor, assistiert hat Vesbinus, Firma .... Für die Annehmlichkeiten des Publikums wurde gesorgt: Sonnensegel, bisweilen in unter-schiedlichen Farben, wurden aufgezogen und tauchten die Zu-schauerränge in mildes Licht. Eine perfekte Organisation war Grundvoraussetzung für eine geglückte Veranstaltung. In Virunum wird es prinzipiell nicht anders gewesen sein.

Der wachsende christliche Einfluß im römischen Staat brachte schließlich das Ende der Gladiatorenspiele. 399 ließ Kaiser Honorius in Rom die Gladiatorenschulen schließen, jedoch sind einzelne Gladiatorenkämpfe noch im 5. Jh. n. Chr. bezeugt. Kritik an den munera hatte es stets gegeben, etwa von Cicero, Seneca oder Epiktet. Doch sie lebten, solange virtus ein gesellschaftliches Ideal war.

 

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Abb. 1: Flugaufnahme des Amphitheaters, Mai 1998 (Foto: Schrottshammer).
Abb. 2: Virunum – Amphitheater: Schnittplan 1998. Seitenlänge der Planquadrate = 10 m. Plangrundlage: Vermessungsbüro Sammer.
Abb. 3: Talseitige Mauer mit Kanalöffnung (Foto: F. Doliner).
Abb.4: Blick auf den Grabungsbereich Nordtor. In der rechten Bildhälfte ist die Schwelle der Türöffnung in den Zuschauerbereich zu erkennen (Foto: F. Doliner).
Abb. 5: Eingesunkener Kanal in der Arena (Foto: F. Doliner).
Abb. 6: Innenansicht der Arenamauer mit Verputzresten (Foto: F. Doliner).
Abb. 7: Renovierungsinschrift – Marmor.
Abb. 8: Grundriß des Bühnentheaters von Virunum (nach R. Egger).