Alt‑Virunum ‑ Die Stadt auf dem Magdalensberg  

Gernot Piccottini

Das historische Umfeld
Die Anlage vor der römischen Okkupation
Das frühe römische Emporium
Norisches Eisen und römischer Import
Der «Jüngling vom Magdalensberg»
L
okale Produktion
Bauen und Wohnen
Wandmalerei und Skulpturen
Romanisierung
Die Anlage nach der römischen Okkupation
Um‑ und Neubauten
Großbauten der frühen Kaiserzeit
Norisches Gold
Verwaltung und Militär
Ausblick
Der Archäologische Park
Öffnungszeiten
Literatur

Aus einer bewaldeten Hügelkette am Ostrand des Zollfeldes, einer der bedeu­tendsten Kulturlandschaften Kärntens, erhebt sich mit 1058 m Höhe der Magdalensberg (Abb. 1). Auf diesem Berg hatte im Jahre 1502 der zufällig gemachte Fund einer lebensgroßen Bronzestatue besonderes Aufsehen erregt und gewis­sermaßen seit damals die Aufmerk­samkeit insbesondere der umwohnenden Bevölkerung auf sich gelenkt. Weitere Funde in der Folgezeit führten schließlich ab der Mitte des vorigen Jahrhunderts zu ersten, vom Geschichtsverein für Kärnten geleiteten Ausgrabungen, die allerdings durch den Ersten Weltkrieg unterbunden wurden. Sie stellten damals bereits den großen Umfang der Siedlung sowie einzelne Details ihrer Verbauung, darun­ter die Gräberstraße, fest, führten aber andererseits zur Ansicht, in den Ruinen auf dem Magdalensberg eine «Villen­kolonie» der Hauptstadt der römischen Provinz Noricum, des Municipium Clau­dium Virunum, dieses jedoch gelegen auf dem Zollfeld, angetroffen zu haben. Spä­tere Untersuchungen des Fundmaterials und insbesondere die seit 1948 vom Österreichischen Archäologischen Insti­tut wiederbegonnenen und in weiterer Folge jährlich vom Landesmuseum für Kärnten durchgeführten systematischen Ausgrabungen haben allerdings gezeigt, daß die Anlage zeitlich keineswegs der genannten Stadt entspricht, sondern die­ser vielmehr um gute 100 Jahre voraus­geht, und als solche gewissermaßen deren Vorgängerin bedeutet.

Das historische Umfeld

Dieser somit erschlossene Zeitraum um die Mitte des 1. Jh. v. Chr. und die unmit­telbar folgenden Jahrzehnte bedeuteten für den inneren Ostalpenraum eine Epo­che der Veränderungen seiner politischen Strukturen, aber auch gleichzeitig den Beginn seiner Romanisierung. Die frühe­sten aus der antiken Literatur überlie­ferten Nachrichten über die Bevölkerung des genannten Gebietes (Galli transalpini) und über deren Beziehungen zu den Römern und umgekehrt, betreffen zwar fast ausschließlich die militärischen und politisch‑diplomatischen Maßnah­men Roms als Folge der Einwanderung einer Keltenschar im Jahre 186 v. Chr. aus diesem Gebiet nach Oberitalien und deren Versuch zur Begründung eines festen Siedlungsplatzes ebendort, im Um­feld der wenig später dahin deduzierten Colonia Aquileia. Gerade aber das in diesem Zusammenhang auffallende, na­hezu zurückhaltende Taktieren der Römer in der Wahl der Mittel zur Zurückwei­sung der Einwanderer über die Alpen, macht aufmerksam, daß diesem Vorfall offensichtlich wohl schon durch längere Zeit Kontakte vorausgegangen sein dürf­ten, welche, aufgrund mangelnder Quel­lenhinweise, aber doch eingedenk des Reichtums des Ostalpengebietes an ver­schiedenen nutzbaren Metallen, zumin­dest als solche von Handelsbeziehungen im weitesten Sinn zu umschreiben sein werden. Die Tatsache, daß oberitalische Veneter bereits vor den erwähnten Ereig­nissen derartige Beziehungen zu den Alpenkelten pflegten, vermochte zwi­schen diesen und den römischen Han­delsinteressen vielleicht ursprünglich eine Vermittlerrolle bewirkt zu haben, die in der Folge schließlich zur Eigenständig­keit des römischen Handels mit den maßgeblichen Keltenstämmen im Ostal­penraum führten; der literarisch über­lieferte Hinweis darauf, daß die Einwan­derer des Jahres 186 v. Chr. auf einem bisher unbekannten Weg über die Alpen nach Italien gelangt waren, läßt insbe­sondere darauf schließen, daß zu diesem Zeitpunkt den Römern, bzw. den römischen Händlern, die wesentlichen Über­gänge von Oberitalien in das innere Ostalpengebiet durchaus bekannt gewe­sen sind. Ein Umstand, der eigentlich nur durch die zuvor genannten Ursachen und Entwicklungen zu begründen ist.

Der weitere historische Ereignisablauf ist hier nur insofern von Interesse, als wenig später, 170 v. Chr., der römische Senat mit dem König der Noriker ‑ des aufgrund der reichen Eisenerzvorkom­men in seinem Siedlungsraum offenbar wirtschaftlich mächtigsten und wohl deshalb einflußreichsten Stammes in den südlichen Ostalpen ‑ ein «hospitium publicum» abschloß, welches zur weite­ren Intensivierung des Handels zwischen beiden Bereichen beitragen sollte. Im inneren Ostalpenraum hatte inzwischen allem Anschein nach der König des Norikerstammes eine gewissermaßen hegemoniale Machtstellung über die an­deren Stämme des Gebietes erlangt, aller­dings unter möglichst uneingeschränkter Selbständigkeit derselben und ihrer je­weiligen eigenen Könige oder Fürsten, so daß der von den Römern für das poli­tische Stammesgefüge im Ostalpenraum schließlich geprägte Begriff des «König­reiches der Noriker» (regnum Noricum), nur als Bezeichnung für eine gleichsam gemeinsame und durch den König des Norikerstammes als Hegemon personi­fizierte Klammer über das Ganze zu verstehen sein wird. Dies kommt insbe­sondere durch die in der 1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. einsetzende norische Münz­prägung zum Ausdruck, welche, offenbar von mehreren Stammeskönigen im Sinne ihrer eigenen Münzhoheit auch gleich­zeitig wahrgenommen, ein sichtbares Zeichen für die zuvor genannte innere Struktur des regnum Noricum darstellt, andererseits jedoch ebenso auf die inzwi­schen fortgeschrittene Entwicklung des Handels im norischen Bereich und dessen Wirtschaftsbeziehungen zum Mittelmeer­raum hinweist.

Die Anlage vor der römischen Okkupation

In diesen historischen und zeitlichen Rahmen sind innerhalb des alpinen Kel­tenlandes zumindest zwei größere Nie­derlassungen römischer Händler einzu­ordnen, welche im Siedlungsgebiet zweier verschiedener Stämme des reg­num Noricum entstanden sind und deren Anlage, den damaligen Gegebenheiten der römischen Wirtschaftsinteressen ent­sprechend, allem Anschein nach durch Handelsfirmen aus dem inzwischen zum verwaltungs‑ und handelspolitischen Zentrum der Römer an der oberen Adria erstarkten Aquileia, erfolgt ist. Dies be­trifft einmal die römische Niederlassung im Bereich des vermutlichen Siedlungs­zentrums des das obere Gailtal bewoh­nenden Keltenstammes der Ambilini oder Ambilici, sofern die Lokalisierung der­selben auf den mit der nachantiken Be­zeichnung Gurina benannten Hochflä­chen nördlich von Dellach im Gailtal richtig ist; zum zweiten die umfangreiche und bisher weitläufigst erforschte Ansied­lung römischer Händler auf dem Magdalensberg, im zentralen Siedlungsraum des Stammes der Norici, am  nordöstlichen Rande des Zollfeldes in Mittelkärnten.

Auffällig ist, daß sich im Umfeld bei­der Anlagen Metallbergbaue befanden ‑ auf der Gurina solche für Galmei, im Hinterland des Magdalensberges die wichtigsten Eisenerzvorkommen der Re­gion ‑ so daß diese Umstände wohl als eine der wesentlichen Ursachen für das Interesse des römischen Handels an Niederlassungen im norischen Raum gelten können. Erfolgte diese auf der Gurina offensichtlich unmittelbar im Bereich der zumindest seit der Hallstatt­zeit kontinuierlich belegbaren Siedlung der Einheimischen, so fehlt auf dem Magdalensberg bis jetzt der Nachweis jener einheimischen Vorgängersiedlung, wenn auch die Anwesenheit des ein­heimischen Bevölkerungselementes in­nerhalb der römischen Anlage mehr als ausreichend belegt ist‑, hingewiesen sei allgemein nur auf Kleinfunde, Keramik, epigraphische Zeugnisse und sogar auf Porträtskulpturen einheimischer Frauen. So kann wohl nur ein zentraler Ort des Noriker‑Stammes im unmittelbaren Um­feld des Berges, vielleicht in Verbindung mit einem sakralen Mittelpunkt auf des­sen Gipfel, schließlich die Voraussetzung für die Niederlassung römischer Händler in nächster Umgebung dieses einheimi­schen Ortes gebildet haben. Es ist kaum vorstellbar, was ansonsten die Römer veranlaßt hätte, dort, in mehr als 1000 m Seehöhe, etwa um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. eine Siedlung anzulegen, die in fast unmittelbarer Folge stadtartigen Charakter annehmen und sich offen­sichtlich zum Mittelpunkt des Italien­handels für inneralpine Bergbauprodukte und zum Emporium für den römischen Import in den südlichen Ostalpenraum entwickeln sollte. Zweifelsohne werden dabei auch die durch das hospitium publicum geschaffenen Voraussetzungen und Bedingungen bedacht worden sein.

Das frühe römische Emporium

Wohl der Benennung der postulierten ein­heimischen Siedlung folgend, werden die Römer ihre Anlage ebenso mit dem Namen Virunum bezeichnet haben. Für diese Annahme bieten epigraphische und literarische Quellen ausreichende Grund­lagen. Schon die erste, in die frühe Epo­che des Emporiums zu datierende Bau­periode ist gekennzeichnet durch ein nach italischen Vorbildern errichtetes, umfang­reiches Forum mit einer Reihe von all­seitig angrenzenden Tabernen. Eine auf­fallend große, den Platz im Osten dominierende und dem Handel wie vielleicht auch der lokalen Verwaltung ‑ im Sinne eines conventus civium Romanorum negotiandi causa ‑ dienende Basilika (Abb. 2) unterstreicht überdies die bereits fortgeschrittene Entwicklung innerhalb der zuvor erwähnten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Italien und dem norischen Alpenraum. Von Anbeginn der Baumaßnahmen und während deren kontinuierlicher Fortsetzung ist ein urba­nistisches Planungskonzept im Sinne einer großzügig angelegten Siedlung mit städtischem Charakter und Zentralfunk­tion deutlich erkennbar. Dieser Umstand entsprach, über die unmittelbar lokalen Erfordernisse hinaus, zweifellos auch den Bestrebungen der Romanisierung und unterstrich dadurch die Bedeutung, die römischen Händlern in diesen Belangen damals ebenso zugekommen ist, wie sie später dem Militär und der Verwaltung eigen wurde.

Norisches Eisen und römischer Import

Neben den erwähnten Gebäuden kenn­zeichnen auch zahlreiche, teilweise in ummauerten Höfen errichtete Schmelz­anlagen zur Verhüttung norischer Eisen­erze die frühe Bauphase. Dadurch ist die Siedlung damals nicht nur als Stätte des Handels, sondern auch als Ort der Her­stellung von Produkten aus jenem stahl­artigen Eisen charakterisiert, das seit dieser Zeit, gewissermaßen mit dem Quali­tätsbegriff ferrum Noricum behaftet, Eingang in die römische Literatur gefunden hat. Es wird wohl davon auszugehen sein, daß sich die römischen Unternehmer bei den Herstellungsverfahren für den nori­schen Stahl des Wissens und der Technik der Einheimischen bedient haben werden, in deren Eigentum sich schließlich die Abbaustätten des Erzes auch befanden. Aus den Häusern um das Forum wie­derum, denen in der Folgezeit in der Umgebung des Zentrums rasch weitere folgten und die oft aufwendige Innen­ausstattungen mit Wandfresken besaßen, stammt im wesentlichen das reiche Fund­material an Ritzinschriften, tesserae num­mulariae und ealeuli, welche, gemeinsam mit den aus den Grabbauten des Friedhofes geborgenen Grabinschriften, die Anwe­senheit der vielfach dem Stand der Freigelassenen angehörenden Procura­toren vornehmlich norditalischer Han­delsfirmen in der Stadt bezeugen und so den Großhandel mit norischen Stahl‑ und anderen Metallprodukten wie auch ein­zelne Praktiken des römischen Zahlungs­verkehrs nachweisen. Was insbesondere den Ablauf des Eisenhandels betrifft, wird man annehmen können, daß im Sinne der Großhandelsgeschäfte von den einzelnen Händlern in ihren Kontoren die Bestellungen entgegengenommen und mit den Lieferanten die Preise aus­gehandelt wurden ‑ auf solche und ähnliche Vorgänge weisen die Ritz­inschriften, gefunden in einzelnen Keller­magazinen, hin. Daran wird sich in wei­terer Folge die Lieferung der Waren, in der Mehrzahl wohl aus den eigentlichen, im Umfeld der einheimischen Erzab­baustätten gelegenen Fertigungsberei­chen, nach dem Süden angeschlossen haben (Abb. 3).

Neueste Funde erweisen den Magda­lensberg offensichtlich auch als zentralen Ort für den Export von alpinen Berg­kristallen nach Italien, und wenn Plinius in der naturalis historia später von der Herkunft hervorragender Quarze aus dem Alpengebiet spricht, so ist die Annahme erlaubt, daß diese in der früheren Zeit den Weg von dort nach Italien auch über das Emporium auf dem Magdalensberg ge­nommen haben werden (Abb. 4).

Daß diesem Export ein ebenso reicher italischer Import entsprach, zeigen die großen Mengen an römischen Waren, wie Gefäße aus arretinischer und padanischer Terra sigillata (Abb. 5), aus sogenannter Model‑ und Feinwarekeramik sowie solche aus Bronze und Glas (Abb. 6), dazu schließlich vielfältige Gebrauchs­keramik samt Geräten und Gegenständen aus Bronze für Erfordernisse des Alltags. Dabei fällt auf, daß die Einheimischen, neben ihrer auf spätlaténezeitlichem For­mengut beruhenden Keramikproduktion, Nachbildungen importierter italischer Gefäße herzustellen begannen. Aus die­sen Vorgängen entwickelten sich schließ­lich einzelne Neuschöpfungen einhei­mischer Keramik der frühen römischen Kaiserzeit des norischen Zentralraumes, wie z. B. die norische Dreifußschale. Durch Stempel, Aufschriften und Ritz­inschriften auf Amphoren ist der Import von Wein ‑ insbesondere aus Campanien und Calabrien ‑ sowie von Olivenöl und Fischsaucen (garum) einerseits und deren Erzeugerfirmen andererseits nachgewie­sen. 

Der «Jüngling vom Magdalensberg»

Ein bezeichnendes Licht auf die Bedeu­tung der Anlage für die Interessen des römischen Handels wirft auch die etwa um diese Zeit erfolgte Stiftung einer lebensgroßen Bronzestatue eines Jüng­lings in betender Haltung ‑ ein eklek­tisches Werk einer italischen Werkstätte der 1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. ‑ durch zwei als Händler anzusprechende Frei­gelassene aus Oberitalien, wohl in das zu­vor erwähnte Heiligtum auf dem Gipfel des Magdalensberges. Die ehemalige Bestimmung der Statue im Zusammen­hang nüt dem Ort ihrer Aufstellung ist allerdings noch nicht eindeutig geklärt (Abb. 9). In jüngerer Zeit reichen die Interpretationen von der Kultstatue eines keltischen Mars in einem entsprechenden Heiligtum am Berggipfel, über einen ein Opfertier schlachtenden Noreia‑Priester als Detail einer dieser einheimischen Göttin geweihten Statuengruppe, bis zur Annahme, die Plastik wäre von Anfang an als Merkurstatue aufgefaßt und als solche im Bereich des Forums der Stadt aufgestellt worden. Hinsichtlich der erwogenen Standorte dürfte die letztere Interpretation allerdings am wenigsten zutreffen. Schließlich wurde erst unlängst überlegt, in der Statue das Bildnis eines mit der Gründungssage von Virunum verknüpften Heros zu sehen. Im Jahre 1502 entdeckt, bedeutet sie nach wie vor den bisher einzigen Fund einer derartigen Großplastik im gesamten Ostalpenraum und weit darüber hinaus. Ungeachtet der Tatsache, daß sie heute nur als renais­sancezeitlicher Abguß und nicht mehr als Original vorliegt.

Lokale Produktion

Auf dem künstlich terrassierten Berghang östlich des Forums gelegene Werkstätten mit Schmelzöfen für Buntmetalle, ins­besondere für die Herstellung von Gegen­ständen weniger aus Bronze als aus Messing, zeigen, daß in der Siedlung neben dem Handel auch ein gewisser Schwerpunkt im Bereich der Produktion von Fibeln, Gürtelschnallen und anderen Details der einheimischen Tracht sowie von Metallgefäßen verschiedener Art, bestimmt für den Export wie für den heimischen Markt, gelegen hat (Abb. 7). Ein technisch raffiniert angelegtes Brun­nen‑ und Kanalsystem leitete Nutzwasser in die Werkstätten, die teilweise eigene tief in den Fels gegrabene Brunnen­schächte besaßen. Einzelne Gebäude waren zu kleinen Einheiten zusammengefaßt und bestanden aus einem Arbeitsraum, einem kleinem Vorhof und einem Wohn­raum. Offensichtlich wurden derartige Werkstätten auch vielfach von römischen Unternehmern mit Hilfe einheimischer Arbeitskräfte betrieben, die ihrerseits auch gleichzeitig als Importeure bzw. Spediteure von italischen Waren hierher fungierten.

Bauen und Wohnen

Historisch betrachtet, befand sich das regnum Noricum in diesen letzten Jahr­zehnten des 1. Jhs. v. Chr. auf dem Höhe­punkt seiner innenpolitischen Macht­stellung sowie seiner außenpolitischen Geltung und blickte auf seine umfang­reichste territoriale Ausdehnung. Im reg­num Noricum manifestierte sich vor seiner Okkupation durch Rom, im Rah­men der Alpenkriege des Kaisers Augu­stus (27 v.Chr.‑14 n.Chr.) im Jahre 15 v. Chr., die Bedeutung des kontinentalen europäischen Keltentums gewissermaßen zum letzten Mal. Dieser Stellung wird eine umfangreich angelegte und zweifel­los von römischen Baumeistern in den Jahren um 20 v. Chr. zusätzlich auf dem Gipfel des Berges errichtete Festung gerecht, die vermutlich dem Noriker­könig, zumindest zeitweilig, als repräsen­tativer Sitz gedient haben wird.

Die gleichzeitig bestehenden Bauten der römischen Händler auf den Berghän­gen darunter, sowohl ihre tabernae und Kontore als auch ihre Wohnhäuser, sind ebenso nach den Gepflogenheiten römi­scher Baumeister errichtet worden, wenn auch mitunter aus klimatischen Gründen und nach Erfordernissen der örtlichen Gegebenheiten, einzelne Adaptierungen einheimischer  Bautraditionen erforder­lich wurden. Im Grunde bilden die Hausformen Derivate italischer Zweck­bauten, welche in abgewandelter Form die insula als eine Verbindung von Wohnräumen und Tabernen, hier auf bescheidene Ausmaße beschränkt, wie­dergeben und an die lokalen Erfor­dernisse anpassen. Als besonders ein­drucksvoll sind hier die in den letzten Jahren auf dem terrassierten Hang südlich des Forums freigelegten doppelge­schossigen Häuser mit bis zu 15 x 6 m Umfang und über 10 m ehemaliger First­höhe anzuführen, die einzigen Bauten dieser Dimensionen und Zeitstellung, die bisher im Ostalpengebiet und seiner weiteren Umgebung ausgegraben werden konnten (Abb. 8). Bei allen Anlagen erweist sich die Beachtung des römischen Fußmaßes in der Dimensionierung der Mauerlängen und Mauerbreiten. Es zeigt sich ebenfalls die Verwendung von Mör­telverputz an den Innen‑ und Außen­wänden der Mauern sowie von Fach­werkwänden (opus craticium) zur Raum­teilung und die Aufbringung von Mör­telestrichen, Terrazzoböden oder, in einzelnen Fällen, von Mosaikböden in den Räumen der Häuser.

Wandmalerei und Skulpturen

Ungewöhnlich viele Wandmalerei wurde, sowohl in offiziellen Bauten als auch in privaten Häusern festgestellt, wobei umfangreiche Dekorationen nach Art des reifen und späten 2. pompeianischen Stils sowie solche des frühen 3. Stils vor­kommen. Für einen Fundort im Alpen­raum verblüffen in diesem Zusammen­hang die umfassend erhaltenen Partien eines Freskenkomplexes, gemalt im erwähnten 2. Stil und durchaus mit Beispielen in Italien vergleichbar, der einst einen großen Saal in einem nicht mehr erhaltenen Gebäude der Stadt ge­schmückt hat (Abb. 10‑ 13). Erschließbar ist eine Abfolge mehrer, durch Architek­turelemente getrennter Felder, in welchen auf rotem Grund jeweils Einzelfiguren von Heroinen in tanzender Bewegung, offensichtlich unter Anführung des Got­tes Dionysos, dargestellt waren. Dieser Zyklus wurde von zwei großen Bildern unterbrochen, die die bukolische Szene eines Wettstreites zweier Hirten im Flötenspiel bzw. eine mythologische Szene, Persephone, Theseus und Peirithoos in der Unterwelt betreffend, als Inhalt er­kennen lassen. Der hier tätig gewesene, erstklassige Meister entstammte vermut­lich dem hellenisierten Südosten des Mit­telmeerraumes und war gleich wohl geschult in der Malereitechnik seiner Zeit, aber ebenso bewandert in griechi­scher Mythologie, Dichtung und Litera­tur. Insgesamt bilden die Wandmalereien aus der Stadt auf dem Magdalensberg auch einen wichtigen Hinweis auf den dort bereits ab der Frühphase herrschen­den Reichtum innerhalb des Gefüges der römischen Händler sowie auf deren kulturelles Bewußtsein, deren hohes Bildungsniveau und künstlerischen Ge­schmack. Diese Eigenschaften waren letztlich ausschlaggebend dafür, daß sie ihre dortigen Wohnhäuser durch hoch­qualifizierte mediterrane Künstler nach italischer Manier ausschmücken ließen.

Steinmetzarbeiten, wie Gesimse, Ver­kleidungsplatten und Pilaster sowie Ge­genstände de‑, Alltags, aus lokalem Marmor gefertigt, weisen einerseits auf die Anwesenheit derartiger Handwerker aus dem Süden hin, andererseits auf die Nutzung der bodenständigen Marmor­vorkommen. Diese lieferten auch das Material für Grabstelen, Grabreliefs und Grabporträts, geschaffen von römischen Bildhauern, nicht nur für hier verstorbene Römer, sondern auch für Angehörige der einheimischen Bevölkerung (Abb. 14). Die erwähnten Skulpturen sind die frühe­sten Beispiele römischer Bildhauerkunst innerhalb der Austria Romana und erlau­ben den Nachweis eines Bildhauerateliers in der Stadt bereits in frühaugusteischer Zeit.

Romanisierung

Zu diesem reichen und vielfältigen kul­turellen Zustrom, der, den Handel beglei­tend, das Alt‑Virunum auf dem Berge erreichte und in seiner dortigen Ent­faltung auf die norische Bevölkerung des Umfeldes wohl kaum ohne Einfluß und Wirkung geblieben ist, läßt sich zusam­menfassend bemerken, daß dieser sicher auch die wesentlichen Grundpfeiler für die Romanisierung insbesondere des südlichen Ostalpenraumes gebildet hat. Dieses Phänomen hat hier bereits etwa ab der Mitte des 1 . Jhs. v. Chr. vehement eingesetzt und weitergewirkt, so daß sich die provinzialrömische Kultur und Le­bensart (Abb. 17), nach der römischen Okkupation des Königreiches und dessen späterer Umwandlung zur römischen Provinz, vorwiegend im Süden derselben geradezu nahtlos an die älteren Gegeben­heben anschließen und wesentlich früher als in ihren nördlichen Bereichen, voll entfalten konnte. Die Stadt auf dem Magdalensberg kann für sich in Anspruch nehmen, einer der wesentlichsten Vor­reiter und Vermittler für die Romanisie­rung des Ostalpengebietes gewesen zu sein.

Die Anlage nach der römischen Okkupation

Das historisch bedeutsame Ereignis der, wie man weiß, im wesentlichen fried­lichen römischen Okkupation und der dadurch hervorgerufene Wechsel der Machtverhältnisse im Ostalpenraum, brachten für das Alt‑Virunum auf dem Magdalensberg keine merkbaren nega­tiven Auswirkungen. Im Gegenteil, der Ort steigerte in der Folgezeit seine Be­deutung als hier der Sitz der Besatzungs­verwaltung, darunter auch das Militär, eingerichtet wurde. Insbesondere ab der Regierungszeit des Kaisers Tiberius (14‑37 n. Chr.) zeichneten sich u. a. neue Baumaßnahmen und eine steigende Ein­wohnerzahl deutlich ab. Als obersten Vertreter der neuen Machthaber wird man vermutlich einen hohen Offizier des mit der Okkupation betrauten illyrischen Heeresverbandes und versehen mit den Befugnissen eines praefectus civitatium anzunehmen haben, der mit seinem mili­tärischen Stab und Personal nunmehr in der Stadt Quartier bezog.

Um‑ und Neubauten

Auf diese Vorgänge weisen jedenfalls umfangreiche und entscheidende, das städtische Zentrum, aber auch seine Umgebung damals erfassende Um‑ und Neubauten hin‑, sie setzen etwa mit dem Zeitpunkt der Okkupation ein, haben ihren Schwerpunkt in hochaugusteischer sowie frühtiberischer Zeit und dauern im Grunde genommen bis in die frühclau­dische Epoche an, und betreffen Bauten sowohl offiziell‑profanen als auch sakra­len wie handwerklichen, kommerziellen und privaten Charakters. Als auffällig wäre zusätzlich noch anzumerken, daß in frühtiberischer Zeit die Festungsanlage auf dem Berggipfel geschleift wurde, wobei das dabei frei gewordene, umfangreiche Bruchsteinmaterial in der Folge vielleicht bei den erwähnten Neubauten Verwendung gefunden haben könnte.

Jedenfalls ergibt sich für den Bereich des Zentrums, das Forum, ein vollkom­men verändertes Bild. Die alte Händ­lerbasilika im Osten wird abgetragen, im Nordwestteil des Forums entstehen nach einzelnen Zwischenphasen und Umbau­ten, über älteren Tabernenkonstruktionen ein Badegebäude mit entsprechenden Räumen, Fußbodenheizung und Mosaik­böden und benachbart offensichtlich bereits Einrichtungen der Okkupations­verwaltung. Als Sitz römischer Verwal­tungsinstanzen werden diese Bauten end­gültig erst in tiberischer Zeit gewidmet, nachdem das Badegebäude zu einem Ver­sammlungshaus umgestaltet und daran, gegen Osten, ein Praetorium in basilika­ler Bauform mit hohem Tribunal an der Westseite angeschlossen wurde. Beide Bauten verband, allerdings nur struk­turell, ein mit Wandmalerei des frühen 3. Stils geschmückter Sitzungssaal. Das Versammlungshaus selbst bestand samt Eingangskorridor aus vier Räumen, wel­che als Sitzungssaal, Archiv und Vorraum interpretiert werden können. Der Sit­zungssaal war mit einer Hypokaust­heizung ausgestattet. Der folgende Raum wies Wandnischen auf, die noch aus der Vorgängerphase stammten.

Des weiteren wurde innerhalb eines weitläufig ummauerten Sakralbezirkes, an der Nordseite des Forums und östlich an das Praetorium angrenzend gelegen, ein 30,15 x 17,60 m großer Podium­tempel mit doppelter Cella erbaut, der offensichtlich dem Kaiserkult und somit dem Divus Augustus und der Dea Roma vorbehalten war. Auf eine solche Funk­tion deuten unter anderem zwei an der Südmauer des Tempelbezirkes gefundene Altarfundamente hin. Die Mitte der Nordfront des Forums dominierend, wurde das Sakralgebäude in der ersten Bauperiode als templum in antis mit tetrastyler Fassade erbaut und sollte in frühclaudischer Zeit zu einem einfachen Peripteraltempel mit hexastyler Front umgestaltet werden. Wenn dieses letztere Bauvorhaben auch unvollendet geblieben ist, so gehört dieser Tempel dennoch zu den großen Tempelbauten in den römi­schen Provinzen und bedeutet die frühe­ste Konstruktion dieser Art innerhalb der Austria Romana.

Im Nordosten und Osten des Platzes blieb noch ausreichend Raum für die dem Handel vorbehaltenen Gebäude, die teil­weise zwar ebenfalls Umbaumaßnahmen erfuhren, doch wurde das Handels‑ und Geschäftsleben in der Stadt von allen diesen Ereignissen offenbar nicht wesent­lich negativ beeinflußt. Auf dem Hang­gelände östlich des Forums ergaben sich insofern neue Aspekte, als zahlreiche Buntmetallwerkstätten nun abgetragen und durch neue, überwiegend Wohn­zwecken dienende Gebäude ersetzt wur­den. Diese Bauten setzen sich südlich  einer neu angelegten, unter anderem zu einem Doppeltor führenden Verbindungs­straße, in einem etwa zeitgleich konzi­pierten und verwirklichten Wohnbezirk hangabwärts fort (Abb. 15).

Von umfangreichen Umbauten war auch der gesamte Bereich südlich und südwestlich des Forums betroffen. Dort erhob sich auf einer das Forum etwas überragenden Terrasse ein Badegebäude, das jene älteren Thermenanlagen auf der Westseite des Platzes nach deren Neu­gestaltung zu einem Versammlungshaus ersetzt hatte. In weiterer Folge entstand hier ein  zusammenhängender, vielleicht den Charaker eines diversorium besitzen­der Gebäudekomplex, bestehend aus dem Bad mit seinen einzelnen Räumen, einer umfangreichen Küche mit Bratherden und Backöfen sowie zwei Speiseräumen und weiteren Verbauungen, die wegen ihres schlechten Erhaltungszustandes jedoch nicht sicher zu deuten sind.

Großbauten der frühen Kaiserzeit

Auf dem östlich darunter und südlich des Forums befindlichen Gelände ist in den letzten Jahren die vorläufig umfangreichste zusammengehörige Baugruppe der Stadt freigelegt worden (Abb. 16). Die über zwei größtenteils künstlich geschaffene Terrassen hinwegreichende Verbauung läßt auf der oberen Ebene in einer älteren Phase Wohnräume erken­nen, in der jüngeren jedoch ein Werk­stättenensemble nach Art einer umfang­reichen fabrica. Von den Werkstätten gelangte man über Treppenanlagen in das Obergeschoß der doppelgeschossigen Häuser, die mit einer Fläche von mehr als 90 m' sowie ehemaligen Firsthöhen von über 10 m, wohl die bisher größten Gebäude der frührömischen Zeit im Ostalpengebiet und in dessen Umfeld vorstellen. Ihre Lage unweit der Ver­waltungseinrichtungen an der Westseite des Forums läßt zumindest vermuten, daß auch diese Großbauten für bestimmte Belange der offiziellen Administration Verwendung gefunden haben. In dem am vorläufig östlichsten Punkt ausgegra­benen Haus wurde jedenfalls während dessen letzter Bauperiode eine allseitig abgeschlossene Schmelzwerkstätte mit 15 nebeneinander gelegenen, kleinen Schmelzplätzen eingerichtet, die den Eindruck einer gewissermaßen streng kontrollierten Arbeitsstätte erweckt.

Norisches Gold

Bedauerlicherweise mangeln zur Zeit noch eindeutige Ergebnisse der Unter­suchungen hinsichtlich des hier einst verarbeiteten Metalls, doch erlauben im westlich angrenzenden Gebäude zuvor gefundene, marmorne Gußformen für Goldbarren, immerhin die Vermutung, in diesen Einrichtungen die Schmelzöfen zur Herstellung dieser Barren angetroffen zu haben (Abb. 18). Die jeweils in den Boden der Barrengußformen einge­arbeitete, stempelartige Inschrift weist das Gold dem Eigentum des Kaisers Cali­gula (37‑41 n. Chr.) zu und bestätigt seine Herkunft aus den norischen Gold­vorkommen (aurariae Noricae). Daraus ist zu folgern, daß ein gewisser Teil des kaiserlichen Goldbedarfes damals aus dem römisch besetzten Noricum gedeckt wurde. Zu diesem Zweck wurde das edle Metall von den norischen Goldlager­stätten offensichtlich in die Stadt auf dem Magdalensberg gebracht, dort geschmol­zen, zu Barren gegossen und schließlich nach Rom transportiert. Auch hinsichtlich des Eisenwesens wäre zu bedenken, ob nicht bereits in dieser Zeit aufgrund der geänderten Machtverhältnisse, zumindest der kaiserliche Fiscus an die Stelle der vormaligen norischen Eigentümer der ferrariae Noricae getreten ist, selbst wenn sich Änderungen in den diesbe­züglichen Verwaltungspraktiken während der Okkupationszeit unmittelbar noch nicht nachweisen lassen. Derartige Maß­nahmen erfordern jedoch stets die Anwe­senheit von offiziellem Verwaltungsper­sonal. In diesem Fall wäre die Bedeutung von Alt‑Virunum als Sitz derartiger Einrichtungen neben jenen der eigent­lichen Okkupationsverwaltung zusätzlich hervorgehoben worden.

Verwaltung und Militär

Wie bereits zuvor erwähnt, setzte sich dieses Personal im wesentlichen aus einzelnen militärischen Stäben, die aus den Okkupationsverbänden ausgewählt wurden, zusammen. Auf solche wie wohl auch auf Sicherheitskräfte beziehen sich die umfangreichen Nachweise für die Anwesenheit von Militär in der Stadt (Abb. 19). Grabinschriften bezeugen Veteranen der legio VIII Augusta sowie die Aufstellung und Anwesenheit einer Hilfstruppeneinheit aus Einheimischen, die cohors Montanorum prima. Gegen­stände der militärischen Ausrüstung und Bewaffnung (militaria), die innerhalb der Stadt in eigenen, dazu bestimmten Werk­stätten gefertigt oder repariert wurden, müssen ebenfalls hinzugerechnet werden. Für diese Truppenkontingente hat offen­sichtlich ein 1990 auf einer Terrasse westlich und etwa 30 m über dem Ver­sammlungshaus und Praetorium frei­gelegtes und in die Zeit um 20 n. Chr. datiertes Gebäude als Stabsgebäude und Fahnenheiligtum gedient. Sein Grundriß erinnert stark an militärische Princi­piabauten und zeigt eine von einem freien Terrassenhof über eine breite Treppe erreichbare Porticus, welche drei neben­einander angeordneten Sälen vorgelagert ist. Zahlreiche in die Wandbemalung der Pfeilerhalle eingeritzte Gladiatorendar­stellungen weisen vermehrt auf einen Zusammenhang des Baues mit den hier stationierten militärischen Einheiten hin.

Ausblick

Während dieser Epoche hat die Stadt zweifelsohne ihre größte Blütezeit er­reicht und gleichzeitig eine Ausdehnung, die weit über das derzeit freigelegte Gelände hinausgegangen ist und ins­gesamt wahrscheinlich mehr als 2 kM2 betragen haben wird. Nach wie vor dominierte neben den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Okkupations­verwaltung, die auch wesentliche Im­pulse zur Romanisierung beitrugen, der Handel das Leben der Stadt und der Bewohner. Auf diesen Umstand weisen z. B. die großen Importmengen verschie­dener römischer Keramiksorten oder von Glasgefäßen hin, die in aus verschie­denen Gründen während der 1. Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. abgebrannten Geschäften oder als Aufschüttungsmaterial unter neuen Bauvorhaben gefunden wurden. Eines dieser Geschäfte (SH/5) vermittelt ‑ einer Momentaufnahme gleich ‑ den Überblick über das seinerzeit dort erhält­liche Warensortiment: Import ‑ Tisch­service aus Terra sigillata, Feinware­becher und ‑schalen, reliefverzierte Ge­fäße, Glas, Bronzegefäße und ‑geräte, wie Krüge, Tassen, Tintenfässer oder Waagen, Terrakotten; Einheimisches ‑Eisenwerkzeuge, ‑geräte und ‑waffen, Eisen‑ und Bronzefibeln, Bronzeschmuck für einheimische Frauen, Keramik.

Die Grabinschriften aus dieser jünge­ren Epoche weisen auch weiterhin, wie es bereits während der Anfänge der Stadt der Fall gewesen ist, die überwiegende Herkunft der Händler aus dem ober­italischen Raum, insbesondere aus Aqui­leia, nach.

Knapp vor der Mitte des 1 . Jhs. n. Chr. wurde diese Entwicklung von einem Wechsel der politisch‑territorialen Gege­benheiten im inneren Ostalpenraum ein­geholt und offenbar einem relativ raschen Ende zugeführt. Zur erwähnten Zeit war durch Kaiser Claudius (41‑54 n. Chr.) die endgültige Provinzialisierung der besetz­ten norischen Gebiete und deren Ein­gliederung als römische Provinz Noricum in das Imperium Romanum erfolgt. Die Maßnahmen blieben nicht ohne Einfluß auf die bisherige Siedlungsstruktur im norischen Raum. Vor allem im bereits stark romanisierten Süden traten bald autonome römische Städte an die Stelle der seinerzeit wohl vorwiegend aus Sicherheitsgründen auf den Höhen ange­legten, älteren Siedlungszentren der ein­heimischen Bevölkerung. So erfolgte noch in claudischer Zeit, wohl auch im Sinne einer bewußten Kontinuität in Bezug auf die Bedeutung der Vorgänge­rin auf dem Berge, die Gründung der neuen Provinzhauptstadt, des Munici­pium Claudium Virunum, auf dem Zoll­feld, am Fuße des Magdalensberges. Die Sinnlosigkeit des römischen Emporiums auf dem Berge sowie die mit der Okku­pation eingerichteten administrativen Stellen wurde offenkundig und es darf daher nicht wundern, wenn spätestens zur Jahrhundertmitte Alt‑Virunum von seinen Bewohnern zu Gunsten der Neugründung verlassen war und die Stadt zu verfallen begann. Allem Anschein nach hatte nur das Heiligtum auf dem Berggipfel bis in die Spätantike Bestand, als vermutlich die dort seinerzeit aufgestellte Bronze­statue von den letzten Anhängern des paganen Kultes in der Erde verborgen wurde.

Der Archäologische Park

Heute stellt: sich de Stadt auf dem Magdalensberg nach 50 Jahren systema­tischer Ausgrabungstätigkeit mit einem über 3 Hektar großen Freilichtmuseum als eine der größten römerzeitlichen Ausgrabungsstätten des Ostalpenraumes dar. Innerhalb dieses Archäologischen Parkes werden als besonderes Angebot, die umfangreichen Fundbestände in 22 Einzelmuseen in den antiken und zum Teil restaurierten Bauten ausgestellt (Abb. 20).

Öffnungszeiten

Der «Archäologische Park Magdalensberg» ist ab 1. Mai bis Mitte Oktober, täglich von 9 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. Gruppenführungen. Allfäl­lige Anmeldungen: Archäologischer Park Mag­dalensberg, A‑9064 Pischeldorf, Tel. 0043/4224­2255 oder Landesmuseum für Kärnten, Museumgasse 2, A‑9020 Klagenfurt, Tel. 0043/463‑536/30552; Fax 0043/463‑536/30540.

Literatur

G. PICCOTTINI, Bauen und Wohnen in der Stadt auf dem Magdalensberg. Dsch. ÖAkadWiss., phil.‑hist. Kl. 208 (1989), mit weiteren Literaturangaben.

DERS. / H. VETTERS, Führer durch die Ausgrabun­gen auf dem Magdalensberg. 4. Aufl. (1990).

G. DOBESCH, Zu Virunum als Namen der Stadt auf dem Magdalensberg und zu einer Sage der konti­nentalen Kelten. Carinthia 1 187 (1997) 107 ff.

Bildnachweis

Abb. 1, 2: Photos S. Tichy; 3‑8,10‑16,18,19: Pho­tos U. P. Schwarz;  9, 17, 20  G. Piccottini.

Adresse des Autors

Ao. UNIV.‑PROF. DR. GERNOT PICCOTTINI
Landesmuseum für Kärnten
Museumgasse 2
A‑9020 Klagenfurt