Hemmaberg

 

Der Hemmaberg, Gemeinde Globasnitz in Südkärnten, wurde in der Spätantike zur bedeutenden Nachfolgesiedlung der in der Tabula Peutingeriana (römische Straßenkarte mit Angabe der Meilenanzahl zwischen den kartierten Städten und den kleineren Ortschaften entlang der Straßen) genanntenSiedlung Iuenna (Straßenstation) am Fuß des Hemmaberges im Jauntal. Erste Grabungen erfolgten hier bereits 1906/7 und führten zur Aufdeckung zweier frühchristlicher Kirchen, eines Baptisteriums (Taufkapelle) und Resten der einst reichen, mehrfarbigen Mosaikausstattung. Seit 1980 wurde der Hemmaberg erneut archäologisch erforscht. Dabei wurde neben einem spätantiken Gräberfeld des 5./6. Jh. n.Chr. ein für den inneralpinen Raum einzigartiges Pilgerzentrum bestehend aus fünf Kirchen sowie zugehörigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden für die Erhaltung der Kirchen und die Betreuung der antiken Pilger aufgedeckt (vgl. Abb.).

Hemmaberg, 37 k

Neben einem vereinzelten Fund aus der Jungsteinzeit sind auch bronzezeitliche Artefakte geborgen worden. Urspünglich dürfte im 5. Jh. lediglich ein einziges, kleineres Sakralgebäude J vorhanden gewesen sein (vgl. Abb.), welches für die unterschiedlichsten liturgischen Handlungen in Verwendung gestanden ist; zudem waren Gräber 8 entlang der Kirche angelegt. Mit dem Arianismus zur Zeit der Gotenherrschaft in Binnennoricum (493-536/539 n.Chr.) trat offiziell eine zweite christliche Glaubensrichtung in das Blickfeld religiösen Lebens. Es wurden eigene Kirchenbauten für den arianischen Gottesdienst erforderlich, was sich auf dem Hemmaberg in der Errichtung zweier Doppelkirchenanlagen im frühen 6. Jh. niederschlug. Die sogenannten Gemeindekirchen dienten dem alltäglichen Gottesdienst. Sowohl die östliche als auch die westliche Gruppe verfügt in den Kirchen A und N (vgl. Abb.) über ein entsprechendes Gotteshaus mit diversen Nebenräumen. Betreten wurden die Kirchen über den Narthex 5, in welchem sich während des Gottesdienstes die noch Ungetauften aufhielten. Dem Eingang gegenüber an der Ostseite liegt im Altarraum die halbrunde Priesterbank 2, auf welcher die Kleriker saßen. Zur Verwahrung liturgischer Geräte und für die Vorbereitung des Gottesdienstes sind Sakristeien 1 eingerichtet. Die östliche Doppelkirchenanlage verfügt über eine eigene Memorialkirche B für die Reliquienverwahrung und -verehrung, an welche im Westen die Taufkapelle C angeschlossen ist. In der westlichen Gruppe wurde das Reliquiar 7 in der Gemeindekirche N eingebaut. Für den Taufritus ist hier eine eigene Taufkirche O eingerichtet. Bei den Ausgrabungen konnte aus dem Reliquiar der Kirche N noch das Skelett eines weiblichen Individuums geborgen werden, welches einen verheilten Schlüsselbein- und Wirbelbruch aufweist, wobei letztere Verletzung eine Lähmung der Beine zur Folge hatte. Der Reliquienschrein und wohl auch das Skelett dürften höchstwahrscheinlich aus dem östlichen Mittelmeerraum stammen. Den Schädel sowie einen Beckenknochen, welche fehlen, dürften spätestens die zum Ende des 6. Jh. abwandernden Christen entfernt und mitgenommen haben. Die Grabungsbefunde erlauben eine Zuweisung der Kirchen zur jeweiligen Glaubensrichtung, da für die sogenannte westliche Doppelkirchenanlage eine profane Nachnutzung nach deren Auflassen nachgewiesen werden kann, die man wohl mit dem Ende der Gotenherrschaft 536/539 wird erklären müssen, sodaß die Kirchen O und N der arianischen, A und B der katholischen Bevölkerung zuzuschreiben sind. Mit dem Abwandern der romanischen Bevölkerung um 600 im Zuge der Slaweneinfälle in Binnennorikum wird der Hemmaberg dann aufgegeben. Einige Bodenfunde des 7. Jh. n.Chr. sind bereits slawisch. Die Grabungen auf dem Hemmaberg sind als Freilichtmuseum ganzjährig zugänglich; die Funde werden im Museum von Globasnitz ausgestellt.

 

Literatur: F. Glaser, Frühes Christentum im Alpenraum, Regensburg 1997, 96 ff. S. Ladstätter-Schretter, Neue Forschungsergebnisse zum Pilgerheiligtum auf dem Hemmaberg/Kärnten. Mitteilungen zur christlichen Archäologie 4, 1998, 9-22.