Flavia Solva  
 

Das einzige römische Munizipium auf heutigem steirischen Boden liegt ungefähr 30 km südlich von Graz nahe der Mur im Gemeindegebiet von Wagna bei Leibnitz. Von Plinius d.Ä. an letzter Stelle unter seiner Aufzählung der norischen Städte erwähnt, ist es sonst in keiner antiken Quelle belegt und war für die römische Welt nur von peripherem Interesse.

Die schon seit Jahrhunderten bekannten römischen Ruinen wurden erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts eindeutig identifiziert. Grundlage unserer Kenntnis über Flavia Solva sind die Ausgrabungen des Steiermärkische Landesmuseum Joanneum im ersten Weltkrieg und laufend seit den 70er Jahren.

Eine erste Siedlung in Holzbauweise entstand in augusteischer Zeit, wohl in Zusammenhang mit der spätkeltischen Siedlung auf dem westlich davon gelegenen Frauenberg. Unter dem Kaiser Vespasian wurde Flavia Solva in den Rang eines Munizipiums erhoben, die Bewohner erhielten damit römisches Bürgerrecht. In diese Zeit fällt eine erste Blüte der Stadt. Die Häuser wurden nun in aus Stein gebaut, waren zumTeil mit Mosaiken geschmückt und wiesen Fußbodenheizung auf. Der Stadtplan mit sich rechtwinkelig kreuzenden Straßen und rechteckigen Wohnblöcken, des son. Insulae, war ganz nach dem Vorbild römischer Städte angelegt. Im Südwesten der Stadt findet sich eines der wenigen bekannten Amphitheater Norikums; ein Forum ist noch nicht nachgewiesen.

Eine zweite Bauperiode endet im ausgehenden 2. Jahrhundert wohl in Zusammenhang mit einer generellen Krise des römischen Reiches,die ihre Ursachen in Klimaveränderungen, Seuchen, Hungersnöten und den damit einhergehenden Markomannenkriegen hatte. Ungewiß ist, ob Flavia Solva von Kriegen direkt betroffen war; jedenfalls fiel die Stadt um 170 einer umfangreichen Brandkatstrophe anheim.

Der Aufbau fand rasch wider statt, Importe sowie Baubefunde zeugen von einer neuen Blüte. Im 3. Jahrhundert wird die Stadt kleiner, die Verbauung erfolgte nicht mehr flächendeckend. Das Fundspektrum daiert sowohl die Stadt als auch die Gräberfelder bis in das ausgehende 4.Jahrhundert. Noch unklar ist das Ende der Stadt, nur spärliche Funde sind aus dem 5. Jahrhundert bekannt. Gräber und Siedlungsfunde auf dem Frauenberg lassen vermuten, daß sich die überlebende Bevölkerung im 5. Jahrhundert wieder dort angesiedelt hat.

Lebensgrundlage des Provinzstädtchens waren landwirtschaftliche Produktion und lokale Verwaltung. Metallverarbeitung, Glaserzeugung und Töpferei dienten dem regionalen Bedarf. Aufgeschlossenheit und Beharrungsvermögen zugleich läßt sich aus dem Fundgut der keltischen, rasch romanisierten Bevölkerung von Flavia Solva ablesen: Einerseits läßt ine eigene Bildhauerschule im Territorium von Flavia Solva auf eine rasche Übernahme mediterraner Ideen schließen, andererseits erhält sich spätkeltisches noch lange in Personennamen auf Inschriften und in der Frauentracht. Das spiegelt sich auch in den zahlreichen Gräbern und Grabfunden wider. Zahlreiche Reste großer, italisch beeinflußter freistehnder Grabbauten aus Solva sind heute im Schloß Seggau eingemauert. Größtenteils verschliffen sind die zahlreichen provinzialrömischen Hügelgräber, die einen weiteres eigenständiges Charaktristikum des Gebietes Flavia Solva bilden.

Ein kleines Museum sowie der restaurierte Grundriß einer Insula befinden sich auf dem Gelände des antiken Flavia Solva in der heutigen Gemeinde Wagna bei Leibnitz. Die Reste eines Tempels mit Museum auf dem Frauenberg, das Lapidarium im Schoß Seggau sowie ein noch erhaltener Großgrabhügel der Hallstattzeit in ALtenmarkt ergänzenen das archäologische Bild

Grabrelief Schloß Seggau - Frauen in norischer Tracht

Römische Hängelampe

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Weiterführende Literatur (Auswahl):

Artner, W., 1996: Neue hallstattzeitliche Grabfunde aus Leibnitz - Altenmarkt, Steiermark. In: AÖ 7/1, 48 ff.
Fuchs, G., 1980: Die römerzeitlichen Gräber von Flavia Solva. Grabungen, Raubgrabungen und Notbergungen 1506 - 1980. Ungedr. Diss. Graz.
Groh, St., 1996: Die Insula XLI von Falvia Solva Ergebnisse der Grabungen 1959 und 1989 bis 1992. Sonderschr. ÖAI 28.
Hainzmann, H. - Pochmarski, E., 1994: Die römerzeitlichen Inschriften und Reliefs von Schloss Seggau bei Leibnitz. Die römerzeitlichen Steindenkmäler der Steiermark 1.
Hudeczek, E., 1977: Flavia Solva. In: ANRW II Principat, 6., 414 ff.
Hudeczek, E., 1989: Flavia Solva. Sprechende Steine Sondernummer 89/3.