Geschichte der Archäologie  
 

Der Begriff "Archäologie" wurde erstmals vom griechischen Historiker Thukydides im 5. Jahrhundert v. Chr. verwendet und auf die "Erforschung der Anfänge" bezogen. Mit dem erwachenden Interesse für die Überreste der antiken Vergangenheit im Zeitalter der Renaissance begann die erste Erforschung der römischen und griechischen Altertümer. Im 15. Jahrhundert legten Herzog Cosimo I de Medici und Papst Sixtus IV in Florenz und Rom Sammlungen an. Im 16. Jahrhundert begannen Architekten die Ruinen der römischen Vergangenheit zu untersuchen., wie z.B. Andrea Palladio die Ruinen von Palestrina und Rom. Seit dem 18. Jahrhundert wurden Pompeji (seit 1748) und Halikarnaß (seit 1709) ausgegraben. Nach seinen Studien in Griechenland ging Johann Joachim Winckelmann (1711-1768) nach Rom und schreib dort zwischen 1764 und 1767 seine berühmte Beschreibung der Monumenti antichi inediti. Er faßte mit seinem Ausspruch von "edler Einfalt, stille Größe" den Anspruch der kunstgeschichtlich motivierten Archäologie in Worte, die bis heute in wissenschaftlichen Teilbereichen ihre Gültigkeit bewahrt haben. Im 17. und 18.Jahrhundert erlebte das Interesse an antiken Bodendenkmälern eine neue Blüte. Neben ersten Erforschungen im Gelände war das Anlegen von Antikensammlungen beim Adel sehr beliebt. Vor allem in Nordeuropa, wohin die Römer nicht vorgedrungen waren und über die Frühzeit nahezu nichts bekannt war, versuchte man im 19. Jh. Ordnung in das archäologische Chaos zu bringen. Der Däne Christian Jurgensen Thomsen (1788-1865) ordnete die Masse der Altertümer nach ihren Rohstoffen in Stein, Bronze und Eisen. Bald erkannte man, daß diese drei Gruppen von Artefakten stellvertretend für drei chronologische Perioden standen. Thomsens Assistent J. J. A. Worsaae übernahm nicht nur dieses drei Periodensystem, sondern kann mit seiner sorgfältigen Grabungsmethode, die auf die Lage der Funde zueinander Rücksicht nahm, als frühere Vorreiter der modernen Archäologie gelten. In maria-theresianischer Zeit formulierte der österreichische Staat erste Ansprüche auf die Bodendenkmäler, indem er ein Drittel aller zu Tage gebrachter Funde für sich beanspruchte.Unter Johann Eckhel, Franz de Paula Neumann und Anton Steinbüchel wurde das Wiener Münz- und Antikenkabinett bis 1824 zum Träger der archäologischen Forschung in Österreich. 1806 gelangte der Jüngling vom Magdalensberg und 1821 das Theseusmosaik aus der römischen Villa von Loig bei Salzburg nach Wien.

Abb. 1: Jüngling vom Magdalensberg
(aus G. Piccottini, Die Römer in Kärnten, Klagenfurt 1989, 217, Taf. 15)

 

Johann Georg Seidl verfaßte 1846 eine "Chronik der archäologischen Funde aus der Monarchie" und war somit ein frühe Vertreter des ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt einsetzenden historischen Interesses, das sich auch in der Gründung von historischen Vereinen niederschlug. 1844 wurde der Geschichtsverein für Kärnten ins Leben gerufen, der bereits 1845 und wieder ab 1855 Grabungen am Zollfeld (Virunum) unterstützte. Bereits 1811 war mit dem Joanneum in Graz das erste Landesmuseum gegründet worden. 1853 wurde mit der Zentralkommission für die Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale die Vorgängerinstitution des heutigen Bundesdenkmalamtes gegründet. Ab 1898 war das Österreichische Archäologische Institut u.a. in Ephesos (Türkei) tätig. 1853/54 führte das Niedrigwasser im Zürcher See zur Entdeckung der Pfahlbauten. In den folgenden 20 Jahren untersuchte Ferdinand Keller (1800-1881) diese und andere prähistorische Fundstellen in der Schweiz. 1846 war der eisenzeitliche Friedhof von Hallstatt in Oberösterreich entdeckt worden, der bis 1864 von Eduard von Sacken ausgegraben wurde. In Schweden entwickelte Oscar Montelius (1843-1921) das System der differenzierten Typologie innerhalb der einzelnen Fundgattungen. Die Anwendung dieses Systems der Typologie zusammen mit dem Studium vergesellschafteter Funde, etwa von Bronzehorten, ermöglichte Paul Reinecke (1872-1958) eine detaillierte Abfolge für die Bronze- und Eisenzeit in Mitteleuropa aufzustellen. Im Mittelmeerraum begann die archäologische Erforschung mit dem Ägyptenfeldzug Napoleons 1798.

 

Abb. 2: Die Chephren-Pyramide um 1800
(aus: R. Anderson/I. Fawzy, Egypt Revealed. Scenes from Napoleon`s Descriptiom de l`Egypte, Cairo 1987, 75, pl. 63).

 

In Begleitung des Heeres befand sich eine Gruppe von Wissenschaftlern, die in drei Jahren die ägyptischen Denkmäler aufnahm. 1824 gelang Jean-Francois Champollion die Entzifferung der Hieroglyphen. Als Begründer der Archäologie im ägäischen Raum gilt zu Recht Heinrich Schliemann (1822-1887). Als gelernter Kaufmann widmete er sich und sein erworbenes Vermögen seiner Überzeugung, daß das homerische Troja tatsächlich existiert hatte. Von 1871 an grub er am Hügel von Hissarlik, 1874-1876 in Mykene, 1880 in Orchomenos und 1884/85 in Tiryns. Neben Schliemann erlange Sir Arthur Evans mit seinen Grabungen in Knossos auf Kreta die größte Berühmtheit. Er legte eine freskenverzierte Palastanlage der mykenischen Zeit frei. Aber auch die übrigen Stätten des klassischen Rom und Griechenland rückten ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses, wie z.B. die Großprojekte Pergamon in Kleinasien oder des etruskischen Tarquinia zeigen. Aber auch in Amerika wurde im 19. Jh. die Klassifizierung und Beschreibung des archäologischen Materials vorangetrieben. Einer der frühen Archäologen war Thomas Jefferson (1743-1826), der dritte Präsident der vereinigten Staaten. Im 20. Jahrhundert wurde die Grabungstechnik weiter verfeinert. Damit war nicht mehr ausschließlich das typologische Studium der Einzelfunde ausschlaggebend, sondern die systematische Untersuchung einzelner Stätten wurde entwickelt, die die Grundlage für die heute übliche genaue Grabungsdokumentation bildet.