Witwen,
Jungfrauen, Konkubinen |
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Was
geschieht mit einer Witwe, die Erbin ist? Die Verwandten dieser Frau beeilen
sich, ihre Tugend durch einen "custos" zu schützen. Ein
kaiserliches Edikt setzte die Liebschaften einer »vidua« (Witwe) mit Ehebruch
und Notzucht gleich; allerdings wurde dieses Edikt niemals angewendet.
Da ist sie also, diese junge Frau, Herrin über ihr Haus und ihr Erbe:
Die reiche Witwe ist eine Standardfigur jener Zeit. Man findet sie nicht
kokett, sondern »gebieterisch«, da sie selbst keinen Gebieter mehr hat.
Sie ist umlagert von Freiern, die es auf ihr Erbe abgesehen haben. Entweder
geht sie eine neue Ehe ein oder sie nimmt sich einen Geliebten. Eine solche
Liaison erhielt mitunter durch ein Eheversprechen den Schein des Ehrbaren,
war oft allgemein bekannt und wurde geradezu gerühmt. (Die Liebschaften
junger Mädchen hingegen mußten ein Geheimnis bleiben.) Diese
Frauen standen stets im Verdacht, ein heimliches Verhältnis zu haben,
vorzugsweise mit dem Sklaven, der als ihr Gutsverwalter fungierte. Die
Situation dieser Frauen war die am meisten beneidete in ganz Rom. Ihre
Liebhaber mußten sich anstrengen, sie im Bett zu verwöhnen,
wie Seneca und Martial mit Empörung vermerken.
Und
wie ist es im umgekehrten Fall, wenn nämlich der »pater familias«
zum Witwer wird? Er kann sich an seine Dienerinnen halten oder er kann
wieder heiraten. Er kann sich freilich auch eine Konkubine nehmen.
Dieses Wort hatte zwei verschiedene Bedeutungen - anfangs wurde es abwertend
gebraucht, schließlich meinte es, wie bei uns, ziemlich Respektables.
Als Konkubinen bezeichnete man zunächst die Frau oder Frauen, mit
denen ein Mann, verheiratet oder nicht, zu schlafen pflegte. Die Kaiser
hielten sich, selbst wenn sie verheiratet waren, in ihrem Palast Sklavinnen
als Konkubinen; von Kaiser Claudius wissen wir, daß er mit zwei
Konkubinen gleichzeitig ins Bett ging. Im Laufe der Zeit beurteilte man
jedoch die Beziehung zu einer Konkubine mit mehr Nachsicht, vorausgesetzt,
es handelte sich uni ein festes und ausschließliches Verhältnis,
das insoweit eheähnlich war und nur wegen der sozialen Unterlegenheit
der Frau vorm Mann nicht in eine legale Ehe umgewandelt wurde. Die Juristen
waren dieser Entwicklung gefolgt. Für sie war das Konkubinat ein
Tatbestand, indes kein ehrenrühriger; er zog die Frau nicht auf das
Niveau jener Damen hinab, über die man die Nase rümpfte. Zudem
mußte das Konkubinat in jeder Hinsicht der Ehe ähneln. Die
Konkubine - im zweiten und allein ehrbaren Sinn des Wortes - mußte
eine freie Frau sein (Sklaven durften nicht heiraten), und die Verbindung
mußte monogam sein. Es war undenkbar, sich eine, Konkubine zu halten,
wenn man verheiratet war, oder zwei Konkubinen gleichzeitig zu haben.
Das Konkubinat ist, mit einem Wort, ein verhinderte Ehe. Der charakteristische
Fall war der eines Mannes, der ein Verhältnis mit seiner Freigelassenen
unterhielt und aus der ungleichen Verbindung keine rechtmäßige
Ehe machen wollte. Als Kaise Vespasian Witwer geworden war, nahm er seine
Schreiberin, eine kaiserliche Freigelassene, zur Konkubine und räumte
ihr fast die Stell einer rechtmäßigen Gattin ein. Wir kennen
fünfzehn Fälle, in denen, ein Verstorbener eine Grabinschrift
für sich selbst, seine verstorben Gemahlin und seine spätere
Konkubine anfertigen ließ. Auf andere Inschriften ehrt der Ehemann
in ähnlicher Weise die beiden Gattinnen mit denen er nacheinander
verheiratet war.
Im Unterschied zur
legalen Ehe bleibt das Konkubinat in rechtlicher Hinsicht folgenlos. Darin
waren die Juristen unerbittlich, ungeachtet ihrer sonstigen Großzügigkeit.
Die Kinder, die aus einem ehrbaren Konkubinat hervorgehen, sind frei,
weil von einer freien Mutter geboren. Da diese Frau jedoch nicht verheiratet
ist, sind es uneheliche Kinder, die deshalb den Namen der Mutter tragen.
Sie beerben ihre Mutter, nicht jedoch ihren natürlichen Vater.
Vgl. Philippe Ariès und Gorge
Duby, Geschichte des Privaten Lebens. Band 1.Frankfurt 1989
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